Gasleitung vor Delogierung in Wien manipuliert
Nur durch Glück ist es am Dienstagvormittag in Wien-Ottakring nicht zu einer Gasexplosion gekommen. Ein 61-jähriger Wohnungsmieter soll vor seiner Delogierung die Gasleitung manipuliert haben. Ein Schlosser öffnete die Tür, im Inneren bemerkten die Anwesenden Gasgeruch und flüchteten ins Freie. Die Polizei ermittelt nun wegen mehrfachen Mordversuchs gegen den 61-jährigen Mieter. Er ist flüchtig.
Seit April 2019 war der Pole die Miete schuldig geblieben, weshalb er nunmehr delogiert werden sollte. Termin dafür war Dienstag, 8.00 Uhr. Der Schlosser öffnete im Beisein eines Gerichtsvollziehers, eines Vertreters der Hausbesitzerin und eines Zeugen die Tür der Wohnung im zweiten Stock der Degengasse. Er fräste dafür das Schloss auf, berichtete Feuerwehrsprecher Christian Feiler.
Im Inneren der Wohnung bemerkten die Anwesenden Gasgeruch, weshalb sie ins Freie flüchteten und den Notruf verständigten. Es folgte ein Großeinsatz von Polizei, Berufsfeuerwehr, den Wiener Netzen und der Wiener Berufsrettung. "Die Gaskonzentration in der Luft war bereits nahe an der Explosionsschwelle", sagte Polizeisprecher Paul Eidenberger.
Kräfte der Berufsfeuerwehr Wien und Mitarbeiter der Wiener Netze schlossen die Gasleitung, um die Gefahr der Gasexplosion abzuwenden. Zeitgleich wurde das Wohnhaus mit speziellen Druckbelüftungsgeräten belüftet, Feuerwehrtrupps kontrollierten die Wohnungen des Hauses. Eine Frau musste ins Freie gebracht werden, ansonsten waren keine Hausbewohner anwesend.
Die Einsatzkräfte führten dutzende Kontrollmessungen durch. Die Gaskonzentration in der Wohnung war noch "unterhalb der Explosionsgrenze, das heißt, es war zu wenig Gas im Raum, dass es zündfähig ist", sagte Feiler. Das schließt allerdings nicht aus, dass es bereits Stellen mit einem zündfähigen Gemisch gegeben hat. Wie lange es noch gedauert hätte, bis dieses im gesamten Wohnungsbereich vorhanden gewesen wäre, lässt sich nicht sagen.
Ermittler des Landeskriminalamtes stellten eine Beschädigung der Gaszuleitung der Gastherme fest, sie wurde durch Werkzeugeinwirkung herbeigeführt, berichtete Eidenberger. "Deshalb und weil der Mieter nachweislich von der Delogierung gewusst hat, besteht der Verdacht, dass der Mann die Beschädigung vorsätzlich herbeigeführt hat, um eine Explosion bei der Wohnungsöffnung auszulösen", erläuterte der Polizeisprecher. Das Landeskriminalamt beschlagnahmte die Wohnung. Nach dem Polen wird gefahndet. Verletzt wurde bei dem Einsatz niemand.
Der Fall erinnert an einen ähnlich gelagerten vom Jänner 2017 in Wien-Hernals. Damals hatte ein 56-Jähriger vor seiner Delogierung den Gaszähler demontiert, das Gasleitungsventil aufgedreht und so Gas ausströmen lassen. Als der Schlosser die Tür aufbohrte, kam es zur Explosion, bei welcher der 64-jährige Hausverwalter getötet wurde. Der Gerichtsvollzieher und der Schlosser wurden schwer verletzt, ebenso der Mieter. Zudem stürzten mehrere Trennwände ein - ein wenige Tage altes Baby in einer Nachbarwohnung kam zum Glück glimpflich davon. Der 56-Jährige wurde rund ein Jahr später wegen Mordes, 23-fachen Mordversuchs und gefährlicher Drohung schuldig gesprochen und zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Explosion war ein "Akt der Selbstjustiz", konstatierte die damalige Richterin.
Zusammenfassung
- Ein Schlosser öffnete die Tür, im Inneren bemerkten die Anwesenden Gasgeruch und flüchteten ins Freie.
- Kräfte der Berufsfeuerwehr Wien und Mitarbeiter der Wiener Netze schlossen die Gasleitung, um die Gefahr der Gasexplosion abzuwenden.
- Eine Frau musste ins Freie gebracht werden, ansonsten waren keine Hausbewohner anwesend.
- Als der Schlosser die Tür aufbohrte, kam es zur Explosion, bei welcher der 64-jährige Hausverwalter getötet wurde.