Erdbeben in Neapel: Angst vor Supervulkan-Ausbruch
Der Erdstoß der Stärke 4,0 ereignete sich am Montagabend in den sogenannten Phlegräischen Feldern. Dabei handelt es sich um ein Areal mit hoher vulkanischer Aktivität.
Immer wieder warnen Forscher vor diesem Phänomen. Der angesehene Vulkanologe Giuseppe Di Natale, einer der größten Experten in Sachen "Bradisismo", dem Heben und Senken der Erde in diesem vulkanischen Gebiet, ist besorgt.
Epizentrum zwischen Neapel und Pozzuoli
Das Epizentrum des Erdbebens lag nach Angaben des Nationalen Instituts für Geophysik und Vulkanologie (INGV) in einer Tiefe von etwa drei Kilometern zwischen den Städten Neapel und Pozzuoli. In den Phlegräischen Felder kam es in den vergangenen Tagen zu einer Reihe von Beben. Am Mittwoch wurde dort ein Erdstoß der Stärke 4,2 gemessen - das stärkste Erdbeben seit 40 Jahren in der Gegend.
Der letzte größere Vulkanausbruch in den Phlegräischen Feldern war im Jahr 1538. Eine große Eruption vor 30.000 Jahren soll zum Aussterben der Neandertaler beigetragen haben. In der Region leben heute eine halbe Million Menschen.
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Eruptionsgefahr nicht einschätzbar
Seit Jahren warnen Forscher:innen vor dem "Bradisismo"-Phänomen, also dem Heben und Senken der Erde in diesem vulkanischen Gebiet. Seit 2012 gilt für das Gebiet Campi Flegrei die Alarmstufe "Gelb", was "Achtung" bedeutet.
Vulkanologe Giuseppe Di Natale meint: "Die zunehmende Hebung des Bodens zeigt einen immer höheren internen Druck unter der Erde an, der auch zu immer stärkeren und häufigeren Erdbeben führt." Sollte dieser Druck weiter anstiegen, könne er nicht mehr "von den Gesteinen an der Oberfläche getragen werden" und es könne zu einer Eruption kommen.
Man kenne derzeit die Widerstandsgrenze in den "ersten drei Kilometern Tiefe" nicht - daher wisse man nicht, "wie hoch die Gefahr einer Eruption sein könnte", so Di Natale.
"Die Angst unter der Bevölkerung ist enorm. Sie fürchtet sich vor den Erdbeben, doch viele Einwohner denken, dass eine Eruption des Vulkans unmöglich ist und schalten diesen Gedanken einfach aus", meinte Di Natale, der seit 40 Jahren rund um das Phänomen der Vulkane und des "Bradisismo" forscht. Das Wort kommt aus dem Griechischen und bedeutet "langsame Erdbewegung".
Gebäude entsprechen nicht modernen Standards
Der Vulkanologe beklagt, dass die meisten Gebäude der Gegend um Neapel nicht den modernsten antiseismischen Standards entsprechen. "Baufällige Gebäude könnten im Fall eines stärkeren Erdbebens schwere Schäden erleiden oder sogar einstürzen", meinte Di Natale.
Supervulkan bricht nicht aus - er "explodiert"
Bisher haben die Forscher das Auf und Ab der "Campi Flegrei" auf unterirdische Magmabewegungen zurückgeführt. Steigt Magma aus den tieferen Schichten des Erdinneren unter Pozzuoli, 15 Kilometer von Neapel entfernt, auf, beginnt sich das ganze Gebiet zu heben. Sobald das Magma wieder sinkt, geht die Ausbeulung an der Erdoberfläche zurück - und auch die Phlegräischen Felder sinken wieder.
Neapel liegt auf zwei Supervulkanen, dem Vesuv und der Caldera Campi Flegrei. Ein Supervulkan zeichne sich durch eine besonders große Magmakammer aus und würde daher "nicht ausbrechen, wie es andere Vulkane tun, sondern explodieren", heißt es einer Information der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Vulkanausbruch nicht auszuschließen
1983 war die Aufregung in Pozzuoli groß, als sich die Erde dort wieder einmal um mehr als einen Meter hob. Der neue Zustand hielt mehrere Monate an. Er war von Erdbeben begleitet, die zu erheblichen Schäden im Mauerwerk der alten Wohnhäuser im Hafenviertel führten. Mehr als 30.000 Menschen mussten damals für mehrere Wochen ihre Wohnungen verlassen, bis sich die Erde wieder beruhigt hatte.
"Heute ist der Bodenspiegel so hoch wie nie zuvor in den letzten Jahrhunderten. Das bedeutet, dass der Innendruck so stark ist wie seit dem letzten Vulkan-Ausbruch des Jahres 1538 nicht mehr", warnt Di Natale.
Könnte die neuerliche Hebung bis an einen Punkt führen, an dem die Gesteinsschichten den blähenden Kräften nicht mehr standhalten? Die Experten schließen das nicht aus.
So arbeitet der italienische Zivilschutz an einem großangelegten Evakuierungsplan für die dicht besiedelte Region. Dieser sieht im extremsten Fall die Evakuierung in 72 Stunden von 1,3 Millionen Menschen im gesamten Raum um Neapel vor, der größten Metropole Süditaliens. Die Evakuierung würde vom Heer und dem Zivilschutz koordiniert werden. In drei Tage sollte eine ganze Region per Bahn, Bus und Autos die Gegend verlassen.
Zusammenfassung
- Erneut hat ein Erdbeben die Region um die süditalienische Stadt Neapel erschüttert.
- Das Erdbeben ereignete sich am Montagabend im Gebiet der sogenannten "Phlegräischen Felder", einem Areal mit hoher vulkanischer Aktivität.
- Experten sind besorgt.