APA/NINA KORNBERGER

Dürre: Wie sehr droht Österreichs Seen das Austrocknen?

Österreichs Seen litten vergangenen Sommer unter den Extremtemperaturen. Laut Experten wird solch ein Wetterverhalten in den nächsten Jahren verstärkt auftreten. PULS 24 hat nachgefragt, was diese Hitze für Österreichs Gewässer bedeutet.

Der Sommer 2022 war für so manche europäische Länder ein Sommer der Rekorde. In Großbritannien wurden das erste Mal seit Messgeschichte Temperaturen über 40 Grad gemessen. Länder wie Spanien, Portugal, Frankreich, Italien, Griechenland und sogar Großbritannien hatten mit verheerenden Feuern aufgrund der Extremtemperaturen zu kämpfen.

Und auch in diesem Jahr deutet sich bereits jetzt ein weiterer Extremsommer an. Die ersten Vorboten der Sommerdürre gibt es vor allem in Südeuropa, aber auch hierzulande bereits zu spüren.

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Diese Extremhitze in vielen Teilen Europa sind die Folge des weltweiten Klimakrise. Die Erderwärmung war in Österreich besonders an den heimischen Seen erkennbar. Laut den Wasserportalen des Hydrographischen Dienstes in ganz Österreich kam es zu einem Absenken von Wasserpegels bei mehreren Seen. Vor allem beim burgenländischen Neusiedler See und der Zicksee wurden stark sinkende Wasserpegel verzeichnet.

Ostösterreichische Seen stärker betroffen

Die Gewässer im Osten des Landes werden auch in Zukunft stärker von Dürreperioden betroffen sein, sagen Martin Luger und Barbara Kammerlander vom Institut für Gewässerökologie und Fischereiwirtschaft des Bundesamts für Wasserwirtschaft. Regionen, wo es aufgrund der alpinen Lage mehr Niederschlag gibt und die Schneeschmelze die fehlenden Niederschläge noch kompensiert und zum Wasserhaushalt der Seen beiträgt, werden die Auswirkung von Hitzeperioden weniger spüren, so die Experten. 

In den nächsten zehn bis 30 Jahren werden vor allem die Seen gefährdet sein, die "wenig Wasser aus den Alpen erhalten" sowie "kleinere Gewässer und sehr seichte", sagt Thomas Hein, Leiter des Instituts für Hydrobiologie und Gewässermanagement (IHG) an der Universität für Bodenkultur in Wien (BOKU).

Wasserverdunstung fördert Austrocknung

Seen wie der Neusiedler See sind vom ausbleibenden Niederschlag stärker betroffen als der tiefe Bodensee. Die Verdunstung des Wassers kann nämlich nicht mit Zuläufen aus dem Bergen kompensiert werden, so die befragten Experten.

"Über die Seeoberfläche verdunstet sehr viel Wasser, die Verdunstung nimmt mit größerer Oberfläche, steigender Lufttemperatur und Wind zu."

- Martin Luger und Barbara Kammerlander

Erst ein Ansteigen des Grundwasserspiegels kann das Problem eines niedrigen Seespiegels entschärfen und normalisieren.

Schnee und Gletscher von zentraler Rolle

Auch die Menge an Schnee im Winter spielt eine zentrale Rolle. Schmilzt der Schnee langsamer, kann dieser besser in den Boden eindringen und den Grundwasserspiegel anreichern. Starkregenfälle würden lediglich oberflächlich abfließen und damit nicht versickern.

Derzeit ist die Gletschersituation noch weniger drastisch und ein Abfluss von großen Wasserspeichern ist vorhanden. In 30 Jahren werden die Gletscher allerdings verschwunden sein, erklärt Hein. Dies kann zu einer verschärften Situation, wie "deutlich geringeren" Wasserständen führen.

Es wird immer heißer

An Extremtemperaturen, wie sie in den letzten Jahren zu spüren waren, müssen wir uns allerdings gewöhnen. Sie werden "häufiger und mit größerer Intensität" auftreten, sagen Luger und Kammerlander einhellig.

Laut EU-Kommission seien im Vorjahr rund 700.000 Hektar Wald in der EU verbrannt. Das ist zweimal die Fläche von Mallorca. Seit der gemeinsamen Datenerfassung im Jahr 2006, ist das der höchste Wert zu dieser Jahreszeit.

Hitze senkt den Sauerstoffgehalt in Seen

Laut Luger und Kammerlander hat die Klimaerwärmung auch weitrechende Folgen für chemische und biologische Prozesse in den Seen. Erwartungsgemäß wird die Oberflächentemperatur steigen und damit verbunden kann mit Änderungen in den Schichtungs- und Durchmischungsereignissen gerechnet werden.

Das hat eine Auswirkung auf den Sauerstoffgehalt in den tiefen Wasserschichten der Seen. Bei der Schichtung gelangt nämlich aufgrund der fehlenden Durchmischung kein neuer Sauerstoff in die Tiefe.

Verlust Fischlebensraum

Sauerstoffreduzierte Bereiche im Tiefenwasser führt zu einem Verlust des Fischlebensraums. Kaltwasserarten wie Salmoniden - also Forellen, Saiblinge, Äschen – werden laut Hein durch die erhöhte Wassertemperatur gestresst. In den großen Seen des Salzkammergutes können sie die unbewohnbaren Tiefen verlassen und in höhere Schichten wandern.

In seichteren Seen wird diese Entwicklung jedoch zum Verlust dieser Fischarten führen. Da es sich beiden Fischarten um wichtige Speisefische handelt, kann es damit auch zu einem Verlust der Fischereiwirtschaft kommen.

Karpfenartige Fische, z.B. Aitel, Rotaugen, Rotfedern, aber auch Räuber wie Hecht, Wels, Barsch und Zander profitieren von der Wassererwärmung. In vielen Seen scheinen die Bestände dieser Arten in den letzten Jahren größer zu werden, so die Experten vom Bundesamts für Wasserwirtschaft.

Wasserqualität könnte sich verschlechtern

Auch in der Pflanzenwelt ist von Veränderung der Wassertemperatur betroffen. Die Algenproduktion kann sich durch wärmeliebende Arten ändern und neue Probleme entstehen lassen. Massenauftreten von toxinbildenden Populationen wie die fädigen Blaualgen könnten ernsthafte und weitreichenden Konsequenzen für den Menschen haben.

Besonders für Trinkwasserquellen wäre dies problematisch. Die Wasserqualität könnte sich bei kleineren oder seichteren Gewässern verschlechtern, so der BOKU-Professor.

Maßnahmen

Um eine Austrocknung von Seen oder einen Wasserpegelrückgang zu vermeiden, braucht es laut den befragten Experten ausreichend Niederschlag und Schnee, die in Boden eindringen. Hein fordert ein "Stopp der enormen Versiegelung von Flächen in Österreich".

Aber auch Maßnahmen, wie die "Beschattung an Kleingewässern durch entsprechende Uferpflanzen, Erhöhung der natürlichen Retentionsfähigkeit in der Landschaft" und "mehr Blick auf den Gesamtlandschaftswasserhaushalt" sollten eingeleitet werden.

Luger und Kammerlander fügen  hinzu, dass man während Trockenperioden besonders darauf achten sollte, sorgsam mit Wasser umzugehen. Man sollte es nicht unnötig verschwenden und die Anordnung der Gemeinde "unbedingt" beachten. Gemeint sind damit Anweisung bezüglich der Gartenbewässerung oder Poolbefüllung.

ribbon Zusammenfassung
  • Österreichs Seen litten letzten Sommer unter den Extremtemperaturen. Laut Experten wird solch ein Wetterverhalten in den nächsten Jahren verstärkt auftreten.
  • Auch heuer kündigt sich bereits ein weiterer Extremsommer an.
  • PULS 24 hat nachgefragt, was diese Hitze für Österreichs Gewässer bedeutet.