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Weitere Entspannung bei Hochwasser in Ostösterreich

Die EU stellt Österreich 500 Millionen Euro für den Wiederaufbau nach dem verheerenden Hochwasser in Ostösterreich zur Verfügung. Indessen ist am Donnerstag vielerorts aufgeräumt worden. Im schwer getroffenen Niederösterreich mit fünf Toten gab es weitere Entspannung: Der verhängte Status als Katastrophengebiet sei mit dem Abend teilweise aufgehoben, teilte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) mit. Einschränkungen gab es vor allem noch auf der Weststrecke der Bahn.

Problematisch seien in Niederösterreich noch Hangrutschungen und Vermurungen, sagte LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) in einer Pressekonferenz nach einer Sitzung des Landesführungsstabs. Das betreffe mindestens 40 Gemeinden. Es gebe "keine Entwarnung". 275 Objekte waren mit Stand Donnerstagnachmittag weiterhin evakuiert, zehn Ortschaften und Dörfer nicht erreichbar. In 16 Gemeinden gebe es Probleme mit der Trinkwasserversorgung, in elf mit der Abwasserentsorgung. Etwa 3.500 Feuerwehrleute waren am Donnerstag noch im Einsatz, berichtete Landesfeuerwehrkommandant Dietmar Fahrafellner.

Für den Wiederaufbau werde es einen "langen Atem" und nicht nur einen nationalen, sondern einen "europäischen Schulterschluss" brauchen, sagte Mikl-Leitner. Eine große Herausforderung werde zudem das finanzielle Volumen. Es sei viel Infrastruktur kaputt oder beschädigt, verwies die Landeshauptfrau auf Kanalisation, Trinkwasser- und Entsorgungsanlagen. "Ein Hochwasser-Ereignis, das in dieser Dimension flächenhaft das ganze Land überflutet, hat es bisher noch nie gegeben", hatte Pernkopf schon am Vormittag betont.

Wie am Donnerstagabend bekannt wurde, soll Österreich rund 500 Millionen Euro aus dem EU-Kohäsionsfonds bekommen. Die Hilfsleistung kam als Ergebnis des Hochwasser-Gipfels mit Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen und den Regierungschefs weiterer betroffener europäischer Staaten in Breslau zustande.

Beim Aufräumen in Niederösterreich packten indes auch Freiwillige aus der Plattform "Team Österreich" von Rotem Kreuz und dem Radiosender Ö3 mit an. Im Bezirk Melk traten die ersten 60 Mitglieder Donnerstagfrüh ihren Dienst an, um Häuser auszuräumen. In den kommenden Tagen werden weitere Einsätze in betroffenen Gebieten folgen, hieß es in einer Aussendung. Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm, die auch für das Ehrenamt zuständig ist, rief Österreichs Jugend gemeinsam mit der Bundesjugendvertretung zum Anpacken im Rahmen der Aktion "Team Österreich" am kommenden Wochenende auf.

In Wien hatte das Hochwasser so gravierende Auswirkungen auf den öffentlichen Verkehr gehabt wie kein Unwetter zuvor. Rund um das vergangene Wochenende standen insgesamt 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wiener Linien im Hochwassereinsatz, hieß es in einer Aussendung. 400 Sandsäcke wurden aufgeschichtet und 12,8 Tonnen Dammbalken errichtet. Dennoch mussten am Ende an zwölf Stellen rund 960.000 Liter Wasser abgepumpt und fünf Kilometer U-Bahn-Gleis gereinigt und von Schlamm befreit werden. In der U2-Baustelle Pilgramgasse liefen die Aufräumarbeiten noch. Dort war das Wasser laut Wiener Linien am Sonntagabend bis zu zehn Meter hoch gestanden.

Aufräumarbeiten und Reparaturen waren auch bei den ÖBB weiterhin im Gange. Gute Nachrichten gab es laut einer Aussendung für den Nachtzugverkehr: Alle übrigen Nightjets, mit Ausnahme der Verbindung Wien-Brüssel, können ab Freitag wieder fahren. Die Nachtzüge von Wien Richtung Süden waren bereits seit Mittwoch wieder unterwegs. Auf vielen Bahnstrecken in Niederösterreich wird jedoch noch gearbeitet, rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind im Einsatz. Mehrere Nahverkehrsstrecken waren seit Donnerstag wieder befahrbar, darunter sukzessive jene zwischen St. Pölten und Amstetten. Es könne jedoch noch zu Ausfällen und Verspätungen kommen, informierten die ÖBB.

Auf der viergleisigen Weststrecke standen unter anderem der Bahnhof Tullnerfeld und mehrere Tunnelabschnitte wie der Lainzer Tunnel noch teilweise einen Meter unter Wasser. Erst wenn das Wasser abgepumpt und die Anlagen vom Schlamm befreit sind, wird laut ÖBB eine Schadensbegutachtung sowie eine Prognose möglich sein. Auf der Ausweichroute der "alten Weststrecke" kann derzeit nur ein Gleis befahren werden. Beim zweiten Gleis sind noch durchnässte Hänge in Bewegung und müssen genau beobachtet werden. Die Zugbindung für ÖBB-Tickets zwischen Wien und Salzburg ist bis auf weiteres aufgehoben, wechselseitig gelten auch Tickets der privaten Westbahn.

WWF und Forschende drängten am Donnerstag in einer Pressekonferenz auf eine großangelegte Naturschutz-Offensive mit einem "grünen Sicherheitsnetz". Das Netz solle einen "guten Plan zur Wiederherstellung der Natur", einen Bodenschutz-Vertrag sowie Entsiegelungs- und Begrünungsprogramme umfassen. "In Zukunft wird es mehr Unwetter, Starkregen aber auch Hitzewellen geben. Wenn wir uns gegen diese dramatischen Veränderungen wappnen wollen, müssen wir uns anpassen und deutlich mehr für den Klimaschutz tun", warnte Herbert Formayer von der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien.

Oliver Vitouch, Präsident der Universitätenkonferenz, kritisierte gegenüber der APA die Politik für ein Wegschieben von Verantwortung und der Einsicht in wissenschaftlich klare Zusammenhänge, das mittlerweile eine "bittere Verhöhnung der Bürgerinnen und Bürger" sei. Das Ausmaß an Leugnung des Klimawandels und seiner Auswirkungen auf immer größere Bereiche des Lebens sowie die "Kriminalisierung" von Menschen, die darauf aufmerksam machen, seitens politischer Kräfte etwa aus der FPÖ oder ÖVP, lasse ihn an eine "Realsatire" denken.

ribbon Zusammenfassung
  • Die EU stellt Österreich 500 Millionen Euro für den Wiederaufbau nach dem verheerenden Hochwasser zur Verfügung.
  • In Niederösterreich gab es fünf Todesopfer und der Katastrophenstatus wurde teilweise aufgehoben. 275 Objekte sind weiterhin evakuiert.
  • Etwa 3.500 Feuerwehrleute sind noch im Einsatz, um die Schäden zu beheben. Probleme gibt es in 16 Gemeinden mit der Trinkwasserversorgung und in elf mit der Abwasserentsorgung.
  • In Wien waren 700 Mitarbeiter der Wiener Linien im Hochwassereinsatz. 960.000 Liter Wasser mussten abgepumpt und fünf Kilometer U-Bahn-Gleis gereinigt werden.
  • WWF und Forschende fordern eine großangelegte Naturschutz-Offensive zur Anpassung an den Klimawandel.