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Atmosphäre schützt bei naher Supernova vor Massenaussterben

Geologischen Spuren auf der Erde zufolge ereignet sich etwa einmal pro Million Jahre im Umkreis von 300 Lichtjahren eine Supernova. Solche gewaltigen Sternenexplosionen führen zu einem starken Anstieg von Gamma- und kosmischer Strahlung. Das könnte zu Massenaussterben auf der Erde geführt haben. Ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung hält das aber für unwahrscheinlich. Ihre Simulation zeigt, dass die Erdatmosphäre die Biosphäre vor Folgen einer Supernova schützt.

Massereiche Sterne enden in einer gewaltigen Explosion. Bei solchen Supernovae werden schwere chemische Elemente gebildet und ins All geschleudert. Der Nachweis des Eisenisotops Fe-60 in Ozeansedimenten und das Vorhandensein einer lokalen gas- und staubarmen Blase in der Milchstraße deuten darauf hin, dass in den vergangenen zehn Millionen Jahren mehrere Supernovae in einer Entfernung von etwa 300 Lichtjahren von der Erde stattgefunden haben.

Weil solche Sternexplosionen mit einem intensiven Ausbruch von Gammastrahlen und einem massiven Anstieg der kosmischen Strahlung verbunden sein können, gibt es die These, dass Supernovae das Potenzial haben, Massenaussterben zu verursachen. "Es gibt zwei Effekte, wie eine Supernova die Atmosphäre - und damit das Klima und das Leben auf der Erde - beeinflussen kann", erklärte Dominik Stolzenburg vom Forschungsbereich für Physikalische Chemie der Atmosphäre der Technischen Universität (TU) Wien gegenüber der APA.

Einerseits könne die erhöhte Strahlung zum Abbau des schützenden stratosphärischen Ozons führen, was zu einer hohen Belastung mit UV-Licht führen würde. Andererseits könnte es durch die Strahlung zu einer verstärkten Bildung von Aerosolen in der Atmosphäre kommen. Dies würde zu mehr Nukleationskernen führen, an denen Wasserdampf kondensieren kann, und in der Folge zu einer dichteren Bewölkung und einer Abkühlung des Klimas.

Stolzenburg hat gemeinsam mit Theodoros Christoudias vom Cyprus Institute und Kolleginnen und Kollegen des CLOUD-Experiments am Europäischen Labor für Teilchenphysik CERN bei Genf erstmals mit einem komplexen Erdsystemmodell die Auswirkungen einer nahen Supernova auf die Atmosphäre und das Klima simuliert. Sie gingen in ihrer im Fachjournal "Nature Communications Earth and Environment" veröffentlichten Arbeit davon aus, dass die kosmische Strahlung durch die Sternenexplosion um das 100-fache ansteigt.

"Wir sind keine Biologen und unsere Studie berücksichtigt nicht die direkten Gesundheitsrisiken für Menschen und Tiere, die sich aufgrund der erhöhten ionisierenden Strahlung ergeben", betonte der Atmosphärenchemiker. Insgesamt zeige die Simulation aber, dass es unwahrscheinlich sei, dass eine nahe Supernova ein Massenaussterben auf der Erde verursache.

Derzeit liegt die mittlere jährliche Äquivalenzdosis aus allen natürlichen Quellen ionisierender Strahlung bei 2,4 Millisievert (mSv), wovon 0,35 mSv auf das Konto der kosmischen Strahlung gehen. Steigt diese aufgrund einer Supernova in Bodennähe um den Faktor 100 an, also die Strahlenbelastung auf 35 mSv pro Jahr, würde dies einer Lebenszeitdosis von etwa 2 Sv in den Tropen und mittleren Breitengraden entsprechen, schreiben die Forscher in ihrer Arbeit.

Daten über eine langfristige Exposition in dieser Höhe würden fehlen, die kurzzeitige Dosis, bei der 50 Prozent einer Population sterben, beträgt 1-10 Sv für Säugetiere und Vögel, 10-100 Sv für Reptilien und Fische und 1.000-10.000 Sv für Bakterien und Insekten. "Das heißt, dass eine Supernova in der Nähe zwar Folgen für das Leben auf der Erde hat und einzelne Individuen der hohen Strahlenbelastung zum Opfer fallen, aber vermutlich wäre nicht alles Leben auf der Erde ausgelöscht", sagte Stolzenburg.

Insbesondere zeigt die nun veröffentlichte Studie aber, dass die Auswirkungen auf die Atmosphärenchemie geringer ausfallen als teilweise vermutet. Den neuen Berechnungen zufolge ist der Abbau des stratosphärischen Ozons durch die intensivere kosmische Strahlung moderat und in einer ähnlichen Größenordnung wie der aktuelle, durch anthropogene Emissionen verursachte Ozonverlust in den Polarregionen. Auch die Zunahme von Aerosolen durch die Bildung von mehr geladenen Teilchen in der Atmosphäre dürfte nicht so stark ausfallen. Es entstehen zwar mehr Wolken, die zu einer Abkühlung führen. "Diese ist mit 2,4 Watt pro Quadratmeter allerdings in einer Größenordnung wie der aktuelle Klimawandel - nur mit umgekehrtem Vorzeichen", sagte Stolzenburg. Das reiche nicht, um ein Massensterben auszulösen.

Insgesamt kommen die Forscherinnen und Forscher zum Schluss, dass "die Atmosphäre und das geomagnetische Feld des Planeten die Biosphäre wirksam vor den Auswirkungen einer Sternenexplosion abschirmen", so Stolzenburg. Daher habe sich das Leben auf der Erde trotz Supernovae in der Nähe seit Hunderten Millionen Jahren entwickeln können.

(S E R V I C E - Internet: https://doi.org/10.1038/s43247-024-01490-9)

ribbon Zusammenfassung
  • Geologische Spuren zeigen, dass etwa einmal pro Million Jahre im Umkreis von 300 Lichtjahren eine Supernova stattfindet.
  • Ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung hält ein Massenaussterben durch Supernovae für unwahrscheinlich, da die Erdatmosphäre die Biosphäre schützt.
  • Eine Supernova könnte die Strahlenbelastung auf 35 mSv pro Jahr erhöhen, was jedoch nicht ausreicht, um alles Leben auf der Erde auszurotten.
  • Die Simulationen zeigen, dass der Abbau des stratosphärischen Ozons und die Bildung von Aerosolen moderat sind und nicht ausreichen, um ein Massensterben auszulösen.
  • Die Studie wurde im Fachjournal 'Nature Communications Earth and Environment' veröffentlicht und betont, dass das geomagnetische Feld und die Atmosphäre der Erde die Biosphäre wirksam schützen.