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Aserbaidschan als nächster umstrittener COP-Gastgeber

Mit Aserbaidschan als Gastgeber der diesjährigen UNO-Klimakonferenz COP29 ist nach Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) zum dritten Mal ein autoritärer Staat an der Reihe, der zudem auf den Export von Gas und Erdöl setzt. Schon im Vorfeld hagelte es daher Kritik von Menschenrechts- und Umweltschutzorganisationen. Und wie der COP28-Präsident hat auch der diesjährige Vorsitzende, Umweltminister Mukhtar Babayev, ein Naheverhältnis zum fossilen Wirtschaftszweig.

Für die Wahl der jährlichen COP-Gastgeber sind übrigens nicht die Vereinten Nationen selbst zuständig, sie obliegt den fünf globalen UNO-Regionen. Eine Einigung auf Aserbaidschan als Ausrichter der COP29 kam dabei eher spät zustande, erst am 9. Dezember des Vorjahres wurde auf der COP28 eine derartige Einigung erzielt. Eine dementsprechend kurze Vorbereitungszeit des Gastgebers könnte sich auf die UNO-Klimakonferenz negativ auswirken.

COP-Präsident Babayev war zumindest früher für den staatlichen Ölkonzern Socar an der Spitze tätig, während der COP-Präsident im Vorjahr, Sultan Al Jaber, als gleichzeitiger Chef des nationalen Öl-Konzerns von Abu Dhabi namens Adnoc angetreten war. Aserbaidschan gilt auch als zunehmend beliebter Gaslieferant der EU, nachdem die Importe aus Russland seit dem Angriffskrieg in der Ukraine rückläufig, wenn auch nicht auf null sind.

Kriegerische Aktionen hat auch Aserbaidschan hinter sich, erst 2023 wurde in einer großen Militäroffensive die mehrheitlich von Armeniern bewohnte selbst ernannte Republik Berg-Karabach erobert. Die seit Jahrzehnten umstrittene Region gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan, die armenischen Bewohner sind inzwischen mehrheitlich geflohen. Kritische Stimmen gab es aus der EU mit Ausnahme von Frankreich jedoch nur wenige. Am 1. Jänner 2024 endete dann der langjährige Konflikt mit der Auflösung der Republik Berg-Karabach.

Im Sommer dieses Jahres nahm der Präsident der Republik Aserbaidschan, Ilham Aliyev, dafür an einem Rundtischgespräch zum Thema "Energie und Konnektivität" im Rahmen des 4. Gipfels der Europäischen Politischen Gemeinschaft in Oxford teil, wie Aliyev selbst auf seiner Onlinepräsenz (https://president.az/) berichtete. Hier unterstrich er, dass die Exporte in die EU noch ausgebaut werden sollen. "Wir planen, unsere Gaslieferungen nach Europa bis Ende 2027 zu verdoppeln", versprach er.

Wenn die Gaslieferungen an den europäischen Kontinent im Jahr 2021 acht Milliarden Kubikmeter umfasst haben, würden es 2024 fast 13 Milliarden sein. "Der Gesamtexport belief sich 2021 auf 18 Mrd. Kubikmeter, in diesem Jahr werden es 25 Mrd. Kubikmeter sein, wobei mehr als die Hälfte nach Europa geht", so der Präsident. Da die europäischen Verbindungsleitungsprojekte in Angriff genommen werden, werde es mehr Möglichkeiten für aserbaidschanisches Gas in europäische Länder geben. Die einstige Sowjetrepublik mit ihren knapp über zehn Millionen Einwohnern ist mehr oder weniger abhängig von den Fossilen. Laut Zahlen der Internationalen Energieagentur (IEA) betragen die Erlöse aus fossilen Brennstoffen 90 Prozent der Exporteinnahmen und rund 60 Prozent der Staatseinnahmen.

Das führt in Summe dazu, dass die Emissionen aus exportierten fossilen Brennstoffen auch doppelt so hoch sind wie die inländischen, hieß es in einer Analyse des Climate Action Trackers (CAT). Der Klimapolitik des Landes insgesamt wurde als "kritisch ungenügend" bezeichnet. In dieser schlechtesten von fünf Kategorien finden sich übrigens auch die VAE. Laut CAT würden die aserbaidschanischen Treibhausgas-Emissionen auch weiter steigen, bis 2030 wurde ein Plus von rund 20 Prozent prognostiziert.

Der Präsident sieht Öl und Gas jedenfalls als besonderes Geschenk: "Die Länder, die reich an Öl und Gas sind, können nicht dafür beschuldigt werden, dass sie reich an Öl und Gas sind. Dafür sollten wir nicht diskriminiert werden. Öl- und Gasvorkommen sind ein Gottesgeschenk, eine Gottesgabe", so Alijew im 2024 in Berlin bei einer Pressekonferenz mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Während das Land bei den fossilen Energien ordentlich zulegt, sieht es demokratiepolitisch eher trist aus. So landete Aserbaidschan auf der aktuellen Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen, bei der 180 Staaten bewertet wurden, noch hinter Russland auf dem Platz 164 mit 27,99 Punkten, schnitt aber zumindest besser als Ägypten ab. Beim Transformationsindex (BTI), der 2023 erstmals seit 2004 mehr autokratische als demokratische Staaten verzeichnete, ist die Republik in der Region Zentral- und Osteuropa (Mittelwert 5.37 im Jahr 2023 von 28 Staaten) mit einem Wert von 2,80 einer von acht Staaten, die den autoritären Regimes zugerechnet werden - in diese Gruppe fallen auch die Gastgeber der COP27 Ägypten mit 2.93 und der COP28 die Vereinigten Arabischen Emirate mit 3.01.

Und erst Anfang Oktober kritisierte etwa die NGOs Human Rights Watch (HRW) und Freedom Now die Zustände am Südkaukasus. "Die aserbaidschanische Regierung missachtet Bürgerrechte und sorgt dafür, dass es kaum noch unabhängige Gruppen und kritische Medien gibt", wurde Giorgi Gogia, der stellvertretende Direktor für Europa und Zentralasien bei Human Rights Watch zitiert. Dies sei sicher kein Bild, das die Regierung kurz vor der COP29 von sich selbst vermitteln sollte.

Kritik gab es auch im September, als die Regierungspartei Aliyevs die vorgezogene Parlamentswahl gewann. Internationale Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kritisierten, die Wahl habe "den Wählern keine echten politischen Alternativen geboten und in einem Rechtsrahmen stattgefunden, der die Grundfreiheiten und die Medien übermäßig einschränkt". Die EU sprach schon Monate vor der Wahl von einer "beunruhigenden Zunahme" von Verhaftungen unabhängiger Journalisten und Aktivisten aufgrund politisch motivierter Anschuldigungen.

(Von Andreas Westphal/APA)

ribbon Zusammenfassung
  • Aserbaidschan richtet die COP29 aus, was wegen seiner autoritären Regierung und der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen kritisiert wird.
  • Die Menschenrechtslage ist kritisch, mit Einschränkungen der Pressefreiheit und Bürgerrechten, was vor der COP29 besonders negativ auffällt.
  • Präsident Mukhtar Babayev, ehemals im fossilen Sektor tätig, führt die Konferenz, ähnlich wie sein Vorgänger aus den VAE.
  • Aserbaidschan plant, seine Gasexporte nach Europa bis 2027 zu verdoppeln, mit 25 Milliarden Kubikmetern im Jahr 2024.
  • Die Klimapolitik des Landes wird als 'kritisch ungenügend' bewertet, mit steigenden Emissionen bis 2030.