Arabische Wüste war immer wieder grün
Noch vor elf Millionen Jahren, davon geht man heute aus, war es im arabischen Raum deutlich feuchter als heute. Dann entwickelte sich ein trockeneres Klima, "ausgelöst durch die zunehmende Abkühlung und die erste Ausbildung der nordhemisphärischen Eisschilde um sechs Millionen Jahren vor heute. Dadurch wurden die Wüstengebiete der Erde größer", sagte der Geologe Alexander Budsky zur APA. Der am Landesmuseum für Kärnten in Klagenfurt tätige Forscher war an der Studie des Max-Planck-Institutes (MPI) für Chemie in Mainz (Deutschland), sein früherer Forschungsstandort, beteiligt.
Seit seiner Entstehung durchlebte das Wüstengebiet im arabischen Raum aber auch feuchtere Phasen. Die aktuelle Studie zeigt, dass regenreiche Zeiten auf der Arabischen Halbinsel über einen viel längeren Zeitraum und zudem wesentlich weiter nördlich auftraten als bisher angenommen, teilte das Forschungsinstitut mit. Das leitete man von in Höhlen nordöstlich von Riad gewachsenen Tropfsteinen (Stalagmiten und Stalaktiten) ab. "Heute dominieren dort Dünen, das Wachstum von Tropfsteinen hätte man also nicht erwartet", so Budsky. Die Höhlen habe man mittels von Saudi-Arabien bereitgestellten geologischen Karten lokalisiert.
Für ihre Untersuchung entwickelten die Forschenden die - bisher vor allem bei alten Gesteinen angewendete - Uran-Blei-Datierung weiter. Sie lässt einen sehr weiten Blick in die Vergangenheit zu: "Sensationell ist, dass diese Methode für die Stalagmiten funktioniert hat. Denn die in der Tropfstein-Forschung gewöhnlich genutzte Uran-Thorium-Datierung lässt uns nur 600.000 Jahre zurückblicken", sagte Budsky.
Tropfsteine sind ein Datenschatz für Paläoklimatologen: "Durch die Bestimmung ihrer Wachstumsphasen lässt sich auf klimatisch feuchtere Bedingungen schließen. Sie wachsen nur, wenn es Niederschlag gibt und eine dünne Vegetation vorhanden ist" - so könne der Kalk (Kalziumkarbonat) aus dem Gestein gelöst und mit dem kalkreichen Tropfwasser der Tropfstein gebildet werden, erläuterte Budsky. Die unter den heutigen Verhältnissen in der Arabischen Wüste bestens erhaltenen Mineralablagerungen aus den sieben Höhlen, deren erstes Wachstum acht Millionen Jahre zurückreicht und die zuletzt vor 200.000 Jahren Mineralschichten zulegten, repräsentieren laut Autoren dabei eines der längsten paläoklimatischen Archive, das derzeit für den arabischen Raum erhältlich ist.
Verändertes Niederschlagsregime
Man habe fünf Feuchtigkeitsphasen für den Zeitraum acht bis zwei Millionen Jahren erhoben, wie Budsky berichtete. Ab 1,5 Millionen Jahren vor heute traten dann häufiger kurze feuchte Phasen auf, die zunehmend trockener wurden. Seit 780.000 Jahren waren diese gebunden an die auftretenden Warmphasen zwischen den Eiszeiten. Ältere Feuchtigkeitsphasen, wie im Pliozän (um vier Millionen Jahre vor heute), hätten wohl länger, also bis zu 100.000 Jahre gedauert, jüngere eher wenige tausende Jahre.
Die Ursache der wasserreichen Zeiten waren tropische Niederschläge, die über die Jahrmillionen schwankten und insgesamt immer schwächer wurden - lautet eine weitere zentrale Erkenntnis. Das zeigten Isotopenanalysen von Wasser, das in Tropfsteinen eingeschlossen ist. Das Niederschlagsregime veränderte sich dabei laut Budsky im Zuge des Pleistozäns (zwischen 2,6 Millionen und 11.700 Jahre vor heute): Vorher war der Niederschlag auf der Arabischen Halbinsel noch an den sommerlichen Monsun mit Herkunft aus dem Süden (z.B. Indischer Ozean) gekoppelt. Dann beeinflusste die Region zunehmend Niederschlag, "dessen Ursprung im östlichen Mittelmeer liegt und vorwiegend mit atmosphärischen Störungen der Westwindzone zusammenhängt - es wurde zunehmend trockener".
Überwindung der Barriere
"Da die Arabische Wüste in den letzten acht Millionen Jahren immer trockener wurde, waren diese erdgeschichtlich kurzen Zeitfenster mit feuchteren Bedingungen für die Wanderung von Säugetieren zwischen Afrika und Eurasien wohl umso wichtiger. Das galt wahrscheinlich auch für unsere menschlichen Vorfahren", wurde der MPI-Forscher Hubert Vonhof in der Mitteilung zitiert.
Dass es bereits in der jüngeren Zeit, also vor etwa 130.000 bis 80.000 Jahren vor heute, wiederholt Feuchtphasen in der südarabischen Wüste gab und damit das Gebiet ergrünte, konnten auch schon frühere Studien zeigen (https://dx.doi.org/10.1130/G32281.1). Diese Zeitfenster nutzte dann Homo sapiens, teilte die Uni Bern damals mit, um die Arabische Halbinsel auf seinem Weg nach Norden zu durchqueren. Ab 80.000 bis vor rund 11.000 Jahren blieben aber signifikante Niederschläge aus, hieß es damals - es entstand eine biogeografische Barriere.
(S E R V I C E - Studie in "Nature": https://doi.org/10.1038/s41586-025-08859-6)
Zusammenfassung
- Die Arabische Wüste war in den letzten elf Millionen Jahren nicht immer trocken, sondern erlebte mehrere feuchte Phasen.
- Eine neue Studie analysierte Tropfsteine aus Höhlen nordöstlich von Riad, die auf regenreiche Zeiten hinweisen, die weiter nördlich und länger andauerten als bisher angenommen.
- Die Uran-Blei-Datierung ermöglichte es, Klimaveränderungen über acht Millionen Jahre zurückzuverfolgen, wobei fünf Hauptfeuchtigkeitsphasen identifiziert wurden.
- Ab 1,5 Millionen Jahren vor heute wurden die feuchten Phasen kürzer und seltener, beeinflusst durch Niederschläge aus dem östlichen Mittelmeer.
- Diese klimatischen Bedingungen waren entscheidend für die Migration von Tieren und frühen Menschen zwischen Afrika und Eurasien.