APA/dpa/Heiko Rebsch

Anschlag auf Adventmarkt: Verdächtiger ist Islam-Kritiker

In der deutschen Stadt Magdeburg sind am Freitagabend bei einem mutmaßlichen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt mindestens zwei Menschen getötet und dutzende weitere verletzt worden. Der mutmaßliche Täter wurde festgenommen, er ist ein seit 2006 in Deutschland lebender Arzt aus Saudi-Arabien und dürfte AfD-Sympathisant sein.

Beinahe auf den Tag genau acht Jahre nach dem Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin raste am Freitagabend ein Auto in den Magdeburger Weihnachtsmarkt. 

Der Lenker raste laut Polizei mit einem Leihwagen "mindestens 400 Meter über den Weihnachtsmarkt" in die Menge gerast. Zwei Menschen wurden getötet, darunter ein Kleinkind. Über 60 weitere Personen wurden verletzt, teilweise schwer. Die Todeszahl könnte weiter steigen.

Die Motive des Tatverdächtigen waren zunächst noch unklar. "Wir kennen noch keine Hintergründe zur Tat, wir ziehen alles in Betracht", sagte eine Sprecherin der Polizei auf Nachfrage der Deutschen Presseagentur (dpa). Auf X bat die Polizei um Hinweise von Zeug:innen.

Polizei geht von Einzeltäter aus

Mittlerweile gibt es aber erste Erkenntnisse zu dem Verdächtigen. Die Ermittlungsbehörden gehen laut Polizei weiterhin von einem Einzeltäter aus.

Hinweise, wonach ein zweites, möglicherweise tatrelevantes Auto in der Innenstadt gesichtet wurde, hätten sich nicht bestätigt, teilte die Polizei auf X mit. "Aktuell haben wir keine Hinweise auf Mittäter", sagte eine Sprecherin.

Es würden unter anderem Durchsuchungen durchgeführt, in Bernburg laufe eine Durchsuchung. Der Tatverdächtige wurde offiziellen Angaben aus der Nacht nach verhört.

Islamkritischer Arzt aus Saudi-Arabien

Bei dem Verdächtigen handelt es sich um einen 50-Jährigen aus Saudi-Arabien, er war noch am Tatort gestellt und festgenommen worden. Der Mann sei Arzt, lebe und arbeite in Bernburg, berichtete Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). 

Der 50-Jährige ist als islamkritischer Arzt bekannt. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur bezeichnet er sich selbst als Ex-Muslim.

In sozialen Medien und Interviews erhob er zuletzt teils wirr formulierte Vorwürfe gegen deutsche Behörden. Er hielt ihnen unter anderem vor, nicht genügend gegen Islamismus zu unternehmen. Laut einer "Spiegel"-Recherche sympathisierte der Tatverdächtige auch offen mit der AfD.

Nachdem er vor Jahren mit seiner Unterstützung für saudische Frauen, die aus ihrem Heimatland fliehen, an die Öffentlichkeit gegangen war, schrieb er später auf seiner Website in englischer und arabischer Sprache: "Mein Rat: Bittet nicht um Asyl in Deutschland."

MagdeburgPULS 24

Kultureinrichtungen geschlossen

Stadtsprecher Michael Reif sagte, es sei "ein Anschlag" gewesen. Die Stadt Magdeburg lässt in den kommenden Tagen alle Kultureinrichtungen geschlossen, Theater, Puppentheater und auch andere Spielstätten.

"Das ist eine Katastrophe für die Stadt Magdeburg und für das Land und auch generell für Deutschland", sagte Haseloff. Am Samstag wollen der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und Innenministerin Nancy Faeser (beide SPD) nach Magdeburg fahren. 

Der Kanzler werde "vorbeischauen und hier mit uns die Lage bewerten und auch sicherlich mit uns gemeinsam nicht nur trauern, sondern auch entsprechend Maßnahmen besprechen, die notwendig sind", kündigte auch Haseloff an.

Geplante Gedenkfeier

Am Abend ist eine Gedenkfeier für die Opfer im Magdeburger Dom geplant. Man wolle Betroffenen, Angehörigen und allen anderen Bürgern eine Möglichkeit zum Trauern geben, erklärte Oberbürgermeisterin Simone Borris am Abend unter Tränen vor Journalisten.

"Wir werden eine lange Zeit zum Trauern brauchen", sagte sie sichtlich fassungslos. "Wir werden das alles umfassend aufarbeiten."

Internationales Entsetzen und Mitgefühl

Auch im Ausland wurde Anteil genommen, so drückte NATO-Generalsekretär Mark Rutte etwa dem deutschen Kanzler sein Mitgefühl aus. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verurteilte die Attacke. 

Mehrere ausländische Regierungen verurteilten die tödliche Attacke - darunter auch Saudi-Arabien. "Das Königreich bringt seine Solidarität mit dem deutschen Volk und den Familien der Opfer zum Ausdruck", schrieb das Außenministerium in einer Mitteilung auf X, ohne den Verdächtigen, der aus Saudi-Arabien stammt, zu erwähnen.

Die USA versicherten ihre Solidarität und zeigten sich bereit, Unterstützung zu leisten für einen seiner engsten Partner und stärksten Verbündeten, wie Außenministeriums-Sprecher Matthew Miller sagte.

Lagebeurteilung in Österreich

In Österreich zeigten sich Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) erschüttert.

Angesichts dieses dramatischen Ereignisses erfolgt "selbstverständlich eine aktuelle Lagebeurteilung auch in Österreich", teilte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) mit. Zudem seien die Sicherheitsmaßnahmen für Weihnachtsmärkte bereits vor mehreren Wochen erhöht worden, seither seien sowohl Spezialkräfte als auch Zivilermittler im Einsatz. 

ribbon Zusammenfassung
  • In der deutschen Stadt Magdeburg sind am Freitagabend bei einem mutmaßlichen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt mindestens zwei Menschen getötet und dutzende weitere verletzt worden.
  • Ein Erwachsener und ein Kleinkind seien ums Leben gekommen, sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). 
  • Der mutmaßliche Täter wurde festgenommen, er ist ein seit 2006 in Deutschland lebender Arzt aus Saudi-Arabien und bezeichnet sich selbst als "Ex-Muslim".
  • In sozialen Medien und Interviews erhob er zuletzt teils wirr formulierte Vorwürfe gegen deutsche Behörden.
  • Er hielt ihnen unter anderem vor, nicht genügend gegen Islamismus zu unternehmen.