Abgeschobene Joia: Haben Angst, wollen zurück nach Hause
"Wir haben viel Angst", erzählt Joia bei einem Videoanruf aus Indien. "Wir müssen versteckt bleiben." Die Familie, die am Donnerstag nach Delhi abgeschoben wurde, sind Christen. Einer der Gründe, warum sie in Österreich Asyl wollten. "Wir wissen es nicht, wie lang das dauert, wie lang wir uns verstecken können", erklärt Joia. Nicht einmal vor die Haustür könnten sie, ihre Mutter und ihr 15-jähriger Bruder.
"Ich vermisse natürlich meinen Freundeskreis" und ihre Kollegen aus dem Praktikum, setzt sie fort. Joia hat im oberösterreichischen Rohrbach die Krankenpflegeschule besucht. "Das war mein Leben. Ich wollte im Altenheim in Haslach arbeiten", dort hätte sie auch schon Berufserfahrung gesammelt. "Es hat mir so viel Freude gemacht, ich wollte einfach diese Liebe, wir wollten die Liebe, die wir in Haslach bekommen haben, zurückgeben."
Joias Mutter arbeitete als Köchin im Ort. Ihr Arbeitgeber, der 67-jährige Wirt, weiß nicht, wie er seinen Betrieb ohne Köchin weiterführen soll. "Ich schaff' das ned, den ganzen Tag 12 Stunden hier zu sein", ist er verzweifelt, anderes Personal zu finden, sei unmöglich. Ihre Mutter, erzählt Joia, habe in Indien keine Perspektive.
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Auch in Haslach wollte man die Familie Lopez nicht gehen lassen. Einige Gemeindemitglieder demonstrierten bis zuletzt vor dem Abschiebezentrum in Wien. Genützt hat es schlussendlich nichts.
"Die Leute in Haslach sind unsere Familie", sagt Joia. "Wir wollen zurück nach Hause gehen." Sie wolle sich bei den Haslachern von Herzen bedanken, dafür, dass sie nicht aufhören für sie zu kämpfen.
Anwalt Embacher zur Abschiebung der Familie Lopez: Im System gibt's viele Fehler
Warum Mangelberufe beim Bleiberecht nichts nützen
Das ist aber in den kommenden Wochen höchst unwahrscheinlich, wie Fremden- und Asylrechtsanwalt Wilfried Embacher im PULS 24 Interview kritisiert. Es gebe "viele Fehler" in Österreichs Asylsystem. Dass Personen in Mangelberufen, die dringend gebraucht werden, abgeschoben werden, sei einer davon. Wenn jemand einen Antrag auf Asyl stellt, wird geprüft, ob dieses zuerkannt wird, erklärt er den Ablauf. Erst im zweiten Schritt prüfe man die mögliche Gewährung von Bleiberecht. Erst bei diesem zweiten Schritte spiele es eine Rolle, welche Ausbildung oder welchen Beruf man ausübe. "Aber wenn man die Entscheidungen kennt, weiß man, dass das erst nach drei bis fünf Jahren eine Rolle spielen kann."
Man könne zwar einen Antrag auf eine Rot-Weiß-Rot-Karte stellen, so Embacher, das sei in Ausnahmefällen auch aus dem Inland möglich, "aber auch da wissen wir aus der Praxis, dass das extrem restriktiv angewendet wird".
Einreiseverbot "absurd"
Gegen die Familie Lopez sei mit der Abschiebung ein Einreiseverbot verhängt worden. Das sei gleich aus mehreren Gründen laut Embacher "absurd". Erstens werden der Familie fehlende Unterhaltsmittel vorgeworfen, was nicht stimme, weil die Mutter als Köchin Geld verdiene. Noch absurder sei, "dass diese Bestimmung mittlerweile nicht mehr besteht, sie wurde vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Dieses Einreiseverbot ist eigentlich aufzuheben".
Nach einer Abschiebung sei es allerdings laut dem Anwalt für 18 Monate unmöglich, eine Rot-Weiß-Rot-Karte zu bekommen. Der Rot-Weiß-Rot-Karte stellt Embacher ein vernichtendes Urteil aus: Sie "funktioniert nicht, das ist allen klar".
Zusammenfassung
- An Medien und Demonstranten vorbei wurde die Familie Lopez am Donnerstagabend nach Indien abgeschoben. Von dort meldet sich die Tochter der Familie, Joia, bei PULS 24.
- Sie hatte sich schon auf die Pflegearbeit im Altersheim von Haslach gefreut, nun könne sie aus Angst nicht einmal vor die Haustür.
- Fremden- und Asylrechtsanwalt Wilfried Embacher kritisiert, dass es im österreichischen System "viele Fehler" gebe, das verhängte Einreiseverbot sei "absurd".