5 Gründe, warum Bodenversiegelung so gefährlich ist - und Lösungen
5,8 Hektar Boden wurden 2021 in Österreich jeden einzelnen Tag versiegelt - also verbaut, zubetoniert oder zugepflastert. Das sei im Vergleich überdurchschnittlich viel, warnt Arthur Kanonier, der Forschungsbereichsleiter für Bodenpolitik und Bodenmanagement von der TU Wien im PULS 24 Interview.
Die Bundesregierung gab die Vorgabe aus, das auf 2,5 Hektar zu reduzieren, bedauerlicherweise sei aber nicht viel passiert, von diesem Ziel sei man weit entfernt, sagt Kanonier. Bodenversiegelung wird nämlich über Raumplanung und Raumordnungsgesetze geregelt und die sind Ländersache - jedes Bundesland hat seine eigenen Regeln.
Seit Anfang der Woche haben die Klimaschützer von "Fridays for Future" ein Klima-Protestcamp in St. Pölten aufgeschlagen, am Mittwoch bekamen sie auf den ersten Blick ungewöhnliche Unterstützung. Bäuerinnen und Bauern fuhren mit ihren Traktoren laut tuckernd auf, um sich dem Protest anzuschließen. Das gemeinsame Anliegen der so unterschiedlichen Gruppen: Wweniger Bodenversiegelung.
Bauern protestieren mit Fridays for Future: Österreich Europameister bei Bodenversiegelung
Ernährungssicherheit
Der Boden hat eine Vielzahl von Funktionen. Wo kein freier Boden, da kann auch nichts angebaut werden. Bis vor einigen Jahren sei die "Ernährungssicherheit" in Österreich kein großes Thema gewesen, erklärt Kanonier. Aber Ukraine-Krieg und Lieferketten-Verzögerung haben den Menschen gezeigt, dass man sich beim Essen im Härtefall nicht auf Importe verlassen darf. Umso mehr in Österreich zubetoniert wird, umso schwieriger wird es allerdings, die eigene Bevölkerung mit Essen zu versorgen.
Naturgefahren
Durch den Klimawandel wird das Wetter extremer, Starkregene-Ereignisse folgen auf Dürren. Auch Hochwässer nehmen so zu - und ist der Boden zubetoniert und verbaut, kann das Wasser nirgends versickern.
Biodiversität
Die Artenvielfalt nimmt rapide ab, Tier- und Pflanzenarten sterben ab und damit verschlechtern sich die Ökosysteme. Betoniert man Lebensräume von Pflanzen zu, können sich auch Vögel und Insekten nirgends mehr ernähren oder fortpflanzen.
Klimawandel und Kaltluftschneisen
Die Sommer werden heißer, die Sonne brennt oft wochenlang ohne Unterbrechung vom Himmel. Betonierte Flächen sind Hitzeinseln, die sich extrem aufheizen und lange heiß bleiben. Freier Boden hingegen bleibt deutlich kühler während des Tages und kühlt am Abend schneller ab.
Arthur Kanonier, der Forschungsbereichsleiter für Bodenpolitik und Bodenmanagement von der TU Wien erklärt für PULS 24 die Probleme - und Lösungen - rund um das Thema Bodenversiegelung.
Langfristiger Schutz
Unbedingt nötig wäre es, Flächen, die man unbedingt braucht, langfristig zu schützen, sagt Boden-Experte Kanonier, "nicht, dass in kurzfristigen Anlassentscheidungen dann die Gemeinden für Betriebe, Hotel- und Wohnprojekte kurzfristig umwidmen".
Innenverdichtung
Verbietet man den Leuten, Gemeinden weiter zu zersiedeln und immer neues Gebiet zuzubetonieren, muss man ihnen andere Wohnfläche zur Verfügung stellen. Das Zauberwort hieße hier "Innenverdichtung". Es sei schwierig, das den Leuten schmackhaft zu machen. Wenn zum Beispiel neben einem Einfamilienhaus im Ort plötzlich ein dreistöckiges Gebäude hochgezogen werden soll, führe das zu sozialen Spannungen.
Die Wissenschaft und Fachwelt, sagt der Experte, war schon immer der Meinung, dass die Bodenversiegelung gebremst werden muss. In der Bevölkerung sei man davon bisher aber nicht begeistert gewesen. "Der Traum vom Einfamilienhaus oder vom Zweitwohnsitz ist nach wie vor sehr dominant."
Klima-Aktivist: Bodenversiegelung gefährdet unsere Lebensmittelsicherheit
Zusammenfassung
- Bauern, Wissenschaftler, Bundesregierung und Klimaschützer sind sich ausnahmsweise einmal einig: In Österreich wird viel zu viel Boden versiegelt, die Auswirkungen sind tragisch.
- Aber warum eigentlich, wer ist Schuld und was kann man dagegen tun?