"Bin sehr schuldig"
Minderjährige Buben missbraucht: 2,5 Jahr Haft für 19-Jährigen
Er hatte seit seinem 14. Lebensjahr bis zu seiner Festnahme Ende September 2024 mehrere Buben im Alter zwischen elf und 14 Jahren - teilweise wiederholt - missbraucht. Der Angeklagte war umfassend geständig: "Ich bin sehr schuldig." Er habe "nicht nachgedacht über die Situation".
Zweieinhalb Jahre Haft
Ein Schöffensenat verhängte über den bisher Unbescholtenen zweieinhalb Jahre Haft. Diese bekam der 19-Jährige unter Setzung einer dreijährigen Probezeit auf Bewährung nachgesehen, wobei die bedingte Strafnachsicht mit mehreren Weisungen verknüpft wurde.
Der Bursch muss einen Wohnplatz bei einer auf jugendliche bzw. adoleszente Delinquenten spezialisierten Einrichtung beziehen und sich in die dort gegebene Tagesstruktur einfügen. Die Einrichtung betreut vor allem Sexualstraftäter. Psychotherapie und eine fachspezifisch auf pädosexuelle Klienten ausgerichtete psychiatrische Behandlung wurden angeordnet. Außerdem bekommt der 19-Jährige einen Bewährungshelfer beigestellt.
Da der psychiatrische Sachverständige Peter Hofmann dem Angeklagten eine schwerwiegende und nachhaltige Persönlichkeitsstörung - laut Gutachten eine mit Eintritt in die Pubertät entwickelte starke pädosexuelle Neigung - bescheinigte, wurde der an sich zurechnungsfähige 19-Jährige gemäß §21 Absatz 2 StGB in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen. Diese Maßnahme bekam der Zivildiener unter Setzung einer fünfjährigen Probezeit bedingt nachgesehen.
Die vorsitzende Richterin schärfte dem Burschen ein, er müsse sämtliche Auflagen streng einhalten: "Sie werden engmaschig kontrolliert." Sollte es Verstöße gegen die Weisungen geben, "werden Sie weggesperrt", warnte die Richterin den 19-Jährigen.
Statement von Gisèle Pelicot nach der Urteilsverkündung
Kontakte zu Unmündigen über so genannte Trainspotting-Szene
Der Angeklagte hatte in seiner Einvernahme erklärt, er habe mit 14 herausgefunden, "dass ich eine Neigung zu Minderjährigen habe". Sein Interesse an "Zwölfjährigen, 13-Jährigen" sei geblieben, während er "leider immer älter" geworden sei. Kontakt zu den jüngeren Buben stellte der Angeklagte über die sogenannte Trainspotting-Szene her, die auch auf sozialen Medien zu finden ist.
Über Online-Plattformen tauschte er sich mit am Eisenbahnwesen interessierten Buben über Züge aus und verabredete sich zu Treffen bzw. gemeinsamen Zugfahrten. In weiterer Folge kam es zu den inkriminierten Übergriffen bzw. einvernehmlichen Sexualkontakten, die ebenfalls den Tatbestand des schweren sexuellen Missbrauchs erfüllten, weil der Ältere stets wusste, dass seine Opfer bzw. Sexualpartner noch keine 14 waren.
Er brachte die meisten der Betroffenen auch dazu, ihm Videos und Bilder zu übermitteln, die die Buben unbekleidet bzw. bei der Vornahme geschlechtlicher Handlungen zeigten. Über 160 Dateien mit entsprechenden Inhalten wurden bei einer im Zug einer Hausdurchsuchung vorgenommenen Sicherstellung auf Datenträgern gefunden.
19-Jähriger gab nach Festnahme weitere betroffene Buben bekannt
Das Ganze flog auf, weil sich ein Betroffener seiner Mutter anvertraute. Nach seiner Festnahme legte der Zivildiener eine Art Lebensbeichte ab. Er gab von sich aus die Namen von weiteren unmündigen Buben bekannt, mit denen er Sex gehabt hatte.
"Bei einigen lag eine sichtbare kindliche Unreife vor", führte die Staatsanwältin ins Treffen. Der Angeklagte habe deren "Naivität und Neugierde gezielt ausgenutzt" und sei insofern "manipulativ vorgegangen", als er auf Zurückweisungen beleidigt reagiert oder sogar Suizidabsichten angedeutet hätte.
"Ich will mir Hilfe suchen, dass diese Gedanken weggehen", versicherte der 19-Jährige dem Gericht. Er wolle "nicht mehr ins Gefängnis". Der Zivildiener hatte sich seit 1. Oktober in U-Haft befunden. "Ich will mein Leben wieder auf die Reihe kriegen", sicherte er die Einhaltung sämtlicher ihm erteilter Weisungen zu.
Er wurde unmittelbar nach der Verhandlung aus der Justizanstalt (JA) Josefstadt entlassen und von einem Mitarbeiter der Einrichtung, in der er einen Wohnplatz hat, an seine neue Adresse gebracht.
Hilfe in Krisensituationen
Sind Sie in einer Krisensituation? Hier finden Sie Hilfe:
- Telefonseelsorge: 142 (Notruf), täglich 0–24 Uhr, online unter www.telefonseelsorge.at
- Sozialpsychiatrischer Notdienst/PSD: 01/31330, täglich 0–24 Uhr, online unter www.psd-wien.at
- Rat auf Draht: 147. Beratung für Kinder und Jugendliche. Anonym, täglich 0–24 Uhr, online unter www.rataufdraht.at
- Kindernotruf: 0800 567 567, Beratung bei persönlichen Krisen. Anonym, täglich 0-24 Uhr www.bittelebe.at
- Suizidprävention auf www.gesundheit.gv.at/leben/suizidpraevention
Hilfe für Eltern
Hilfe für Eltern in herausfordernden Situationen gibt es hier:
- Telefonseelsorge: 142 (bundesweit, anonym und kostenfrei), telefonseelsorge.at
- Familienberatungsstelle der Stadt Wien: 01/4005 6330, wien.gv.at/familie
- Caritas Kinder- und Familienberatung: 01/404 99 100 (regional verschiedene Nummern), caritas-wien.at/hilfe/beratung
- Frühe Hilfen Österreich: 01/38 9 83 (regional verschiedene Nummern), frühehilfen.at
- Kriseninteventionszentrum: 01/406 95 95, kriseninterventionszentrum.at
- Verein Rückhalt: 0650/22 77 009, rueckhalt.at
Zusammenfassung
- Ein 19-jähriger Zivildiener ist am Dienstag am Wiener Landesgericht rechtskräftig wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen und weiterer Sexualdelikte verurteilt worden.
- Er hatte seit seinem 14. Lebensjahr bis zu seiner Festnahme Ende September 2024 mehrere Buben im Alter zwischen elf und 14 Jahren - teilweise wiederholt - missbraucht.
- Der Angeklagte war umfassend geständig: "Ich bin sehr schuldig." Er habe "nicht nachgedacht über die Situation".
- Ein Schöffensenat verhängte über den bisher Unbescholtenen zweieinhalb Jahre Haft.
- Diese bekam der 19-Jährige unter Setzung einer dreijährigen Probezeit auf Bewährung nachgesehen, wobei die bedingte Strafnachsicht mit mehreren Weisungen verknüpft wurde.