AFP

150 Festnahmen bei nächtlichen Krawallen in Frankreich

Nach der Erschießung eines 17-Jährigen durch einen Polizisten ist es in Frankreich in der zweiten Nacht in Folge zu Unruhen und Protesten gekommen. 150 Personen wurden festgenommen.

Mit Trauer und Entsetzen hat Frankreich auf den tödlichen Schuss eines Polizisten auf den 17-jährigen Nahel M. bei einer Verkehrskontrolle reagiert. Am Abend kam es in mehreren französischen Städten erneut zu Protesten.

Unter anderem in Lille, Nantes, Toulouse und Lyon versammelten sich Menschen, um zu protestieren, berichtete die Zeitung "Le Figaro". "Eine Nacht unerträglicher Gewalt gegen Symbole der Republik: Rathäuser, Schulen und Polizeistationen wurden angezündet oder angegriffen", teilte Innenminister Gérald Darmanin am Donnerstag mit. In Paris und zahlreichen weiteren französischen Städten hatten Randalierer Fahrzeuge und Mülltonnen in Brand gesetzt.

Polizisten und Gebäude wurden mit Feuerwerkskörpern angegriffen. Insgesamt hat es 150 Festnahmen gegeben. 

77 Festnahmen alleine in Paris

Alleine in Nanterre, wo der jugendliche Autofahrer am Dienstagmorgen gestorben war, wurden 2.000 Beamte mobilisiert, um erneute heftige Ausschreitungen wie am Vorabend zu verhindern. Im Großraum Paris gab es am Mittwochabend 77 Festnahmen, berichtete die Zeitung unter Verweis auf die Polizei. Eine Volksschule ging in Flammen auf. Auch die Haftanstalt in Fresnes bei Paris wurde mit Feuerwerkskörpern angegriffen. Die Pariser Feuerwehr rief die Bevölkerung auf, den Notruf angesichts der Lage nur in dringenden Fällen zu nutzen.

Im südfranzösischen Nizza wurden zwei Polizeiwachen und Streifenwagen mit explodierenden Feuerwerkskörpern angegriffen. Randalierer errichteten Barrikaden und legten Feuer. In Mons-en-Baroeul bei Lille in Nordfrankreich verwüsteten Vermummte ein Bürgermeisteramt, im nahen Roubaix wurde eine Polizeiwache angegriffen.

17-Jähriger erschossen

Der 17-jährige Nahel M. war am Dienstag auf dem Fahrersitz eines Autos bei einer Verkehrskontrolle in der Pariser Vorstadt Nanterre erschossen worden. In einem Video war zu sehen, wie zwei Polizisten das Fahrzeug für eine Kontrolle stoppten. Ein Polizist zielte dabei mit seiner Waffe auf den Fahrer und schoss aus nächster Nähe, als das Auto plötzlich beschleunigte.

Nach wenigen Metern krachte der Wagen dann in einen Pfosten. Nahel M. starb kurze Zeit später trotz Wiederbelebungsversuchen der Rettungskräfte durch eine Schusswunde in der Brust. Im Video war bei der Kontrolle zuvor der Satz zu hören: "Du kriegst eine Kugel in den Kopf."

Macron hofft auf Gerechtigkeit

"Ein Jugendlicher wurde getötet, das ist unerklärlich, unverzeihlich", sagte Frankreichs Präsident Macron am Mittwoch in Marseille. "Nichts rechtfertigt den Tod eines jungen Menschen." Er hoffe auf "Gerechtigkeit".

Die Rechtspopulistin und mehrfache Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen kritisierte die Reaktion Macrons als "sehr übertrieben" und "unverantwortlich". Ob die Tat "unverzeihlich" oder "unerklärlich" sei, müsse die Justiz entscheiden.

Integrationsministerin Raab musste Paris-Besuch absagen

Der Paris-Besuch von Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) ist durch die Ausschreitungen in den Außenbezirken der französischen Hauptstadt stark beeinträchtigt worden. Sämtliche offizielle Termine mussten am Donnerstag aus Sicherheitsgründen abgesagt werden. Raab meinte dazu in einem Pressegespräch: "Wenn wir mitten in Europa Viertel haben, wo es nicht mehr möglich ist sie zu besuchen, ist das eine sehr erschütternde Sachlage."

Es sei zu 100 Prozent nachvollziehbar, wenn der tragische Tod eines Jugendlichen Emotionen auslöse, meinte die Ministerin Bezug nehmend auf den Auslöser der Proteste. Gleichzeitig sei aber erschütternd zu sehen, was an sozialer Sprengkraft in den Banlieues vorhanden sei.

Raab hätte Vororte besuchen sollen

Eigentlich hätte Raab mit der französischen Staatssekretärin Sonia Backes einen dieser mit hoher Kriminalität belasteten Vororte von Paris besuchen sollen. Doch ließ dies die Sicherheitslage nicht zu.

Für Raab zeigt sich hier exemplarisch, dass Gefahren aus abgeschotteten Milieus entstehen. So werde auch explizit gegen staatliche Symbole zur Gewalt aufgerufen.

Solchen Entwicklungen will sie folgerichtig in Österreich vorbeugen. Dafür brauche es auch Bürgermeister und Gemeindevertreter, um einzugreifen, wo sich Parallelgesellschaften ergeben könnten. Sie sei daher auch an die Bundesländer und Städte herangetreten.

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  • Nach der Erschießung eines 17-Jährigen durch einen Polizisten ist es in Frankreich in der zweiten Nacht in Folge zu Unruhen und Protesten gekommen.