Volle Spitäler: So ist der Stand in den einzelnen Bundesländern
In Salzburg wurde aufgrund der Überlastung in den Landeskliniken ein Triage-Team festgelegt, das entscheidet, welche Patienten noch intensivmedizinisch behandelt werden können. Aufgrund der derzeitigen Lage sei zu befürchten, dass die gesetzliche Verpflichtung, "Patienten nur nach den Grundsätzen und anerkannten Methoden der medizinischen Wissenschaft ärztlich zu behandeln, trotz aller gesetzten Maßnahmen nicht mehr durchgängig und vollinhaltlich erfüllt werden kann", schreibt SALK-Geschäftsführer Paul Sungler in der der Zeitung vorliegenden "Überlastungsanzeige".
Auch in anderen Bundesländer ist die Auslastung in den Intensivstationen coronabedingt angespannt. So auch in Oberösterreich. "Zum jetzigen Zeitpunkt können wir Covid- und andere Patienten auf Normal- und Akutstationen versorgen", sagte Franz Harnoncourt, Geschäftsführer des Kepler-Universitätsklinikums (KUK) im APA-Gespräch. "Aber wir beobachten die Entwicklung in ganz Österreich mit großer Besorgnis." Harnoncourt sprach für das KUK und die Häuser der OÖ. Gesundheitsholding.
Triage gebe es nicht. Wenn die Entwicklung ungebremst so weitergehe, wäre es "inkorrekt, das für die Zukunft auszuschließen", meinte Harnoncourt. Es werde freilich mitbedacht, dass man in den letzten eineinhalb Jahren gelernt habe, dass Covid-Patienten mit bestimmten Parametern gute Heilungschancen hätten, jene mit anderen keine.
Christian Dopler, leitender Intensivmediziner in Vöcklabruck, spricht mit PULS 24 über die Auslastung der Intensivstation in Oberösterreich.
Keine planbaren OPs mehr im Salzkammergut
Die vierte Welle treffe auf in Dauerbelastung stehendes Personal, "das ist Personal, das seit mehr als eineinhalb Jahren, mit einer kurzen Unterbrechung im Sommer, unter Höchstbelastung steht, das leert die Batterien", betonte Harnoncourt. Er könne sich nicht erinnern, dass eine Erkrankung die Behandlung auf den Intensivstationen so dominiert hätte. Großen therapeutischen Durchbruch gebe es bisher keinen, bewährt hätten sich Behandlungen mit Antikörpern.
Die Situation sei angespannt. In den Salzkammergutkliniken würden gar keine planbaren, nicht lebensnotwendigen Eingriffe mehr stattfinden, im KUK noch in einigen Abteilungen. Normalstationen seien geschlossen, um genug Ressourcen für Covid- und Covid-Intensivpatienten zu haben. Von den 50 bis 55 für andere Patienten - etwa mit Schlaganfällen, Herzinfarkten oder Unfällen - reservierten Intensivbetten im KUK seien 35 belegt.
Pfleger Dino Atic vom Klinikum Wels Grieskirchen spricht mit PULS 24 über seine Erfahrungen auf der Intensivstation.
Eskalationsstufenplan: Stufe drei in Vorarlberg
Die Vorarlberger Krankenhäuser sehen sich in der Corona-Pandemie erneut "am Limit". Das hat der Direktor der Vorarlberger Krankenhausbetriebsgesellschaft, Gerald Fleisch, am Dienstag betont. Aktuell sehe man sich gezwungen, einzelne Operationen zu verschieben, doch könne sich das täglich ändern. Die Vorzeichen seien schlechter als vor einem Jahr.
Derzeit befinde man sich in der dritten von sechs Eskalationsstufen, aber auch schon bei der dritten handle es sich um eine kritische. Werde die vierte Stufe erreicht, drohten unter anderem massive Einschränkungen der Operationskapazitäten. In der momentanen Situation werde der Umfang des OP-Programms an die verfügbaren Kapazitäten angepasst, stellte Fleisch fest. Reduziert würden planbare, nicht dringliche Operationen. Wie viele oder welche Eingriffe von einer Verschiebung bedroht sind, stand laut Fleisch am Dienstag nicht fest. Klar war hingegen: "Von einer Triage-Situation sind wir weit entfernt."
Am Dienstag waren in den Vorarlberger Krankenhäusern noch 27 von 68 Intensivbetten frei verfügbar, die Zahl der Normalbetten für Corona-Patienten sollte schrittweise von 112 auf 205 erhöht werden. Noch kein Thema sei die Aktivierung des Notversorgungszentrums auf dem Messegelände in Dornbirn, so Fleisch. Darüber nachzudenken sei aber jedenfalls in der vierten Eskalationsstufe. In den Spitälern wurden aktuell 95 Corona-Erkrankte behandelt, 15 davon auf den Intensivstationen. Elf der 15 Intensivpatienten waren nicht geimpft, vier mussten beatmet werden. 113 Krankenhaus-Mitarbeiter fielen aus, weil sie mit dem Coronavirus infiziert waren, elf weitere befanden sich in Quarantäne.
Steiermark: "Harte Triage" bisher vermeidbar
In der Steiermark haben am Dienstag laut der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft KAGes 65 Patienten eine Behandlung auf einer Intensivstation benötigt. "Hier haben wir einen moderaten Anstieg seit zwei Wochen", wie KAGes-Sprecher Reinhard Marczik der APA sagte. Zugleich gebe es einen "extremen Anstieg" auf nunmehr 328 Covid-Patienten auf den Normalstationen: "Da hat es im selben Zeitraum einen Anstieg um das Doppelte gegeben", wie der Sprecher sagte.
Die Verschiebung von planbaren Operationen wurde bereits am 3. November bekannt gegeben: "Die Lage in den steirischen LKH ist naturgemäß ab dem Tag als kritisch einzustufen, wo wir erneut gezwungen waren, Elektivbehandlungen zu verschieben, also seit etwa drei Wochen", schilderte der Sprecher die Situation. Die Covid-Koordinatoren hätten immer wieder alle Hände voll zu tun, um im Notfall ein Intensivbett in Ihrer Region sicher zu stellen: "Kurzfristiges Jonglieren mit Kapazitäten" stünde seit Wochen wieder am Tagesprogramm.
Im Schnitt seien 90 Prozent aller Intensivbetten in den KAGes-Häusern belegt - mit oder ohne Pandemie. "Es gibt nie 'freie Intensivbetten" - es geht immer auf Kosten von einem anderen Patienten", wie Marcik betonte. So komme es fallweise auch zu tageweisen Schließungen anderer Stationen oder zumindest einzelner Zimmer - und damit Betten -, um Personal dorthin verschieben zu können, "wo es in der Pandemie am dringendsten gebraucht" werde. Das gelinge durch eine verstärkte Koordination und Abstimmung zwischen den LKH und gegebenenfalls den Regionen.
Die sogenannte "harte Triage" - also jemandem mit schlechteren Überlebenschancen die bestmögliche Behandlung nicht gewähren zu können - sei durch enorm hohen Einsatz in der Koordination bisher vermeidbar gewesen. "Wir müssen uns aber bewusst sein, dass Triagierung beginnt, wo es zu einer Zurückweisung einer ärztlichen Überweisung kommt", schloss der Sprecher.
PULS 24 hat bereits Anfang November mit der Leiterin der Intensivmedizin am LKH Graz über die Situation gesprochen.
Triage in Tirol noch "unwahrscheinlich"
In Tirol stellt sich die Corona-Situation in den Krankenhäusern derzeit noch besser dar als etwa in Salzburg oder Oberösterreich. Aufgrund der Belegung der Krankenhäuser seien notwendige Triagemaßnahmen "nach derzeitigem Kenntnisstand derzeit noch unwahrscheinlich", teilte das Land auf APA-Anfrage mit. Über 70 Prozent der Patienten mit Covid-19 auf Tirols Intensivstationen sind aktuell nicht geimpft, erklärte Gesundheitslandesrätin Annette Leja (ÖVP).
Derzeit sind in den Tiroler Landesfonds-Krankenanstalten von 187 Intensivbetten 39 mit Covid-19-Patienten belegt - dies entspricht 21 Prozent - und 83 mit Nicht-Corona-Patienten. Die Zahl der Corona-Intensivpatienten war in den vergangenen Tagen zwar gestiegen, ein extremer Anstieg war aber nicht zu verzeichnen.
Man befinde sich in Tirol derzeit in Phase 3 des Phasenkonzepts für den Krankenhausbetrieb. Ab dieser Phase könne es in den Krankenanstalten bei Bedarf zur Verschiebung von "nicht zeitkritischen Operationen, bei denen eine Intensivpflichtigkeit erwartet wird", hieß es.
Burgenland von Triage "weit entfernt"
Die Auslastung der Spitäler ist im Burgenland in Relation zu anderen Bundesländern weiterhin eine niedrige. Dennoch wurde am Dienstag die Intensivstation im KRAGES-Spital Kittsee auf eine Covid-19-Belegung umgestellt, erklärte Leo Szemeliker von der Kommunikation Burgenland GmbH zur der APA. Im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Eisenstadt ist die Lage laut einer Sprecherin stabil, planbare Operationen werden aber verschoben, um ausreichend Personalkapazitäten zu haben. Von einer Triage sei man aber noch "weit weg", erklärte der Sprecher.
Die Situation für das Personal in den Krankenhäuser beschrieb Szemeliker als "sehr belastend". Trotz Impfdurchbrüchen sei die Lage nun aber anders als im Frühjahr und so appellierte er, impfen zu gehen und sich auch den dritten Stich zu holen.
Kärnten schließt Triage nicht aus
33 Corona-Patienten haben mit Stand Dienstagfrüh in Kärnten auf einer Intensivstation behandelt werden müssen. Laut Gerd Kurath vom Landespressedienst sei man damit seit eineinhalb Wochen - nach dem Überschreiten der Grenze von 20 Intensivpatienten - auf Stufe zwei des Maßnahmenplanes des Krankenhäuser.
Konkret bedeutet das, dass 40 Intensivbetten für Corona-Patienten reserviert werden müssen. Im Gegenzug müssen immer wieder elektive, also planbare, Operationen verschoben werden, nach denen Patienten ein Intensivbett benötigen würden. "Wird die Grenze von 40 Intensivpatienten überschritten, wird das noch einmal verschärft, ab dann müssen 60 Intensivbetten reserviert werden", sagte Kurath. Aber er betont: "In Kärnten ist man von einer Triage noch weit entfernt. Alles Akute wird weiter behandelt und auch wenn man Beschwerden hat, soll man sich nicht scheuen, ins Krankenhaus zu gehen." Eine Triage könne man für die Zukunft allerdings nicht ausschließen.
Nach wie vor werden Corona-Patienten zwischen den einzelnen Kärntner Krankenhäusern verlegt. Das sei notwendig, um so lange wie möglich elektive Operationen an so vielen Standorten wie möglich durchführen zu können, so Kurath.
NÖ: Noch 78 freie Intensivbetten
Weiterhin angespannt hat sich die Lage auf den Intensivstationen in Niederösterreichs Spitälern am Dienstag dargestellt. Behandelt wurden 83 Covid-Patienten, von den insgesamt 333 zur Verfügung stehenden Betten waren laut Angaben der Landesgesundheitsagentur (LGA) noch 78 frei. Nach hinten verschoben wurden nach wie vor sogenannte elektive Eingriffe.
Die Rückstufung dieser planbaren Operationen erfolge letztlich auch deshalb, um Personal auf den Intensivstationen bündeln zu können. Diese seien durch die aktuellen Entwicklungen naturgemäß stark gefordert, wurde betont. Damit die Lage sich bessert, erging seitens der LGA auch ein Impf-Appell.
In der Hinterhand hat die LGA die sogenannte regionsübergreifende Versorgungsstruktur. Für den Fall, dass Kapazitätsgrenzen an einem Standort erreicht werden würden, käme es zu Verlegungen von Patienten in andere Landeskliniken.
Zusammenfassung
- Die Salzburger Landeskliniken haben aufgrund der Überlastung in den Intensivstationen ein Triage-Team gebildet. Auch in anderen Bundesländern sei die Lage bereits angespannt - eine Triage sei jedoch noch nicht notwendig, heißt es vielerorts. Im Burgenland hingegen sei man von einer Triage "weit entfernt".