Warum die Mieten so stark steigen und was der Staat tun könnte
Österreich ist ein Land der Mieter:innen. Rund 43 Prozent der Bevölkerung wohnt zur Miete - und viele davon hatten im vergangenen Jahr mit teilweise enormen Mietsteigerungen zu kämpfen. Nicht alle werden sich das auf Dauer leisten können.
Richtwert- und Kategoriemieten
Wie stark sich bereits bestehende Mietkosten verteuern, hängt unter anderem von der Art der Miete ab. Richtwert- und Kategoriemieten, das sind zumeist Altbauwohnungen, die vor dem Jahr 1953 gebaut wurden, sind an die Inflationsrate angepasst, erklärt Alexander Huber, Ökonom beim Momentum Institut. Diese Anpassung ist auch gesetzlich verankert.
Bei beiden Typen sind dieses Jahr bereits kräftige Steigerungen aufgetreten. Während die Kategoriemieten heuer drei Mal um je über fünf Prozent gestiegen sind, sind es bei den Richtwertmieten 5,8 Prozent gewesen. Letztere werden bei der nächsten Anpassung im Frühling 2023 um 8,5 Prozent erhöht, so Huber.
Indexanpassung
Noch härter werde es die freien Mieten treffen. Walter Rosifka, Wohnrechtsexperte der AK Wien, erklärt, es gebe derzeit quasi "keinen einzigen Mietvertrag, der im privaten Bereich nicht an den Verbraucherindex gebunden ist".
Wertsicherungsklauseln stellen sicher, dass der Hauptmietzins an die Inflation angepasst wird. Die gängigen Schwellen liegen dafür bei drei, fünf oder zehn Prozent. Konkret heißt das laut Alexander Huber: "Wer 2020 im Jänner eingezogen ist und eine 5-Prozent-Schwelle im Vertrag stehen hat, bei dem wird die Miete bis Ende 2023 um 19 Prozent höher sein als noch beim Einzug."
Rückwirkend möglich
Die Miete muss aber nicht immer gleich angepasst werden. Bei Wohnungen, die nicht dem Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes unterliegen, können die Kosten für die letzten drei Jahre rückwirkend geltend gemacht werden, erklärt Walter Rosifka von der Arbeiterkammer.
Bei Altbau- und geförderten Neubauwohnen, die zumeist im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetztes liegen, sei das nicht möglich.
Schon vor der Energiepreis-Explosion der letzten Monate waren steigende Mieten ein großes Thema. "Im Schnitt haben sich private Mieten seit 2010 um die Hälfte verteuert, die allgemeine Teuerung betrug aber nur rund 20 Prozent", so der Ökonom Huber. Viele Wohnungen, insbesondere in den Ballungsgebieten, würden nur noch als Spekulationsobjekte dienen, außerdem wurden befristete Mietverträge zu kürzeren Mietdauern führen – und damit einhergehende häufige Wohnungswechsel die Preise nach oben treiben. Bei Mieterwechseln sei es gang und gäbe, einfach zu versuchen "20, 30 oder 40 Prozent mehr zu verlangen", erklärt auch Walter Rosifka.
Mietpreisbremse
Beide Experten warnen vor einer Mietpreisspirale. Alexander Huber fordert als Antwort auf die Krise eine Mietpreisbremse und verweist dabei auf funktionierende Modelle aus dem Ausland. "In Schottland wurden alle Mieterhöhungen bis zumindest ins Frühjahr ausgesetzt" erklärt er. "In Spanien und Portugal dürfen die Mieten nur mehr ein Mal pro Jahr steigen und zwar um maximal zwei Prozent. In Frankreich ebenso, allerdings um 3,5 Prozent." Die Mietpreisinflation sei "hausgemacht" und demnach sei es für die Politik weitaus leichter zu handeln, als beispielsweise bei den Gaspreisen.
Umverteilung von unten nach oben
Langfristig würden hohe Mieten die Einkommensungleichheit verschärfen. "Junge Haushalte bezahlten die höchsten Mieten pro Quadratmeter, haben aber gleichzeitig das geringste Einkommen", betont der Ökonom Huber. Sollten die Mieten weiter in diesem Tempo steigen, hätte das eine Umverteilung "von Mieter:innen zu den Vermieter:innen und damit auch von jung zu alt und vor allem von arm zu reich" zur Folge, erklärt er. 80 Prozent der privaten Mieteinnahmen Österreichs gehen direkt in die Tasche der reichsten zehn Prozent des Landes.
Zusammenfassung
- Die Mieten in Österreich steigen rasant. Durch die Inflation hat sich die teure Wohnsituation vielerorts verschärft.
- Dabei könnte der Staat hier gezielt eingreifen, meinen Ökonomen.