Oberstes Gericht gibt Autokäufer recht: VW muss Autos zurückkaufen
Ein Autokäufer verlangte den Kaufpreis für seinen VW zurück, das Höchstgericht gab ihm recht. Es ist das erste Mal, dass sich der OGH inhaltlich mit dem Abgasskandal auseinandergesetzt hat, wie das Gericht am Montag per Presseaussendung bekanntgab.
Der OGH verpflichtet VW im Urteil (10 Ob 2/23a) zur Rückzahlung des Kaufpreises. Dafür muss das Auto natürlich zurückgestellt werden. Für die erfolgte Nutzung wird ein Teil des Betrages abgezogen. Das Verfahren gegen die Fahrzeugherstellerin wurde wegen eines anhängigen Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshofs unterbrochen.
VW: "Teilurteil"
Der deutsche Autobauer sah im OGH-Urteil lediglich ein "Teilurteil", das sich gegen einen Händler und nicht gegen die Volkswagen AG richte, hieß es gegenüber der APA. Und: "Dem Urteil des OGH gegenüber dem Händler liegen unrichtige Tatsachenfeststellungen zum Thermofenster zugrunde, die aus prozessualen Gründen vor dem OGH nicht mehr richtiggestellt werden konnten." Hier verwies auch VW auf das noch beim EuGH anhängige Verfahren.
So errechnet sich der Rückkaufpreis
Der OGH legte folgende Formel für das Nutzungsentgelt fest: Vereinbarter Kaufpreis mal tatsächlich gefahrene Kilometer dividiert durch die zum Erwerbszeitpunkt erwartbare Restlaufleistung. Im konkreten Fall kaufte der Kläger das Auto im März 2015 um rund 27.000 Euro und fuhr 70.000 Kilometer. Die Restlaufleistung zum Erwerbszeitpunkt betrug rund 250.000 Kilometer. Daraus ergibt sich ein Nutzungsentgelt von rund 7.500 Euro, womit der Käufer vom Händler rund 19.500 Euro zurückerhält. Dazu kommen Zinsen von 4 Prozent jährlich aus dem Kaufpreis.
Nächste Niederlage für VW: "Thermofenster-Lösung" illegal
Im Dieselskandal von VW - und auch im konkreten Fall vor dem OGH - ging es um eine Abschalteinrichtung. Das heißt, der Dieselmotor hatte einen eigenen Betriebsmodus, sodass im Emissionsprüfungsverfahren weniger Abgase ausgestoßen wurden als unter normalen Bedingungen auf der Straße. Ein nachträgliches Software-Update, durch das der emissionsmindernde Modus auch im realen Fahrbetrieb zur Anwendung kommen sollte, tatsächlich aber nur bei Außentemperaturen von 15 bis 33 Grad Celsius, in einem sogenannten Thermofenster, voll wirksam ist, lehnte der Kläger ab.
OGH: "Keine (taugliche) Verbesserung" von VW
Der OGH entschied, dass die dem Kläger angebotene Installation des Software-Update den Mangel aufgrund des programmierten "Thermofensters" nicht beseitigt hätte. "Da die Verkäuferin keine (taugliche) Verbesserung angeboten hat, berechtigt der nach wie vor bestehende Mangel den Käufer zur Aufhebung des Kaufvertrags", so der OGH.
Die Erstgerichte hätten "die unrichtige Feststellung getroffen, dass das Thermofenster der streitgegenständlichen Fahrzeugtypen, d.h. der Temperaturbereich in dem eine maximale Abgasrückführung stattfindet, 'lediglich zwischen 15°C und 33°C' liege. Das ist aber tatsächlich nicht der Fall", hieß es von VW. "Bei Zugrundelegung des korrekten Sachverhaltes wäre die Klage abzuweisen gewesen." Das Urteil habe Auswirkungen auf eine zweistellige Anzahl von Verfahren gegen Händlerbetriebe.
Vertreten wurde der Autokäufer vom Linzer Anwalt Michael Poduschka, der im Dieselskandal mehrere Verfahren gegen Volkswagen und VW-Händler führt. Zuletzt kritisierten Poduschka und der Verein für Konsumenteninformation (VKI), dass der deutsche Autobauer durch hohe Vergleichszahlungen gezielt höchstgerichtliche Entscheidungen verhindert und die rechtliche Aufarbeitung verzögert.
Konsumentenschutz: Grundlage für neue Klagen
"Durch dieses Urteil ist jedenfalls auch in Österreich eine Grundlage für eine Haftung für den Dieselskandal - und im Hinblick auf die mögliche lange Verjährungsfrist - auch für neue Klagen geschaffen", so VKI-Rechtsabteilungsleiter Thomas Hirmke in einer Reaktion. "VW sollte spätestens jetzt eine durchgehende Entschädigung der geschädigten Konsumentinnen und Konsumenten vornehmen."
VW hatte im September 2015 auf Druck der US-Umweltbehörden zugegeben, mit einer speziellen Software ("Defeat Device") jahrelang Abgaswerte von Dieselautos manipuliert zu haben. Weltweit waren rund 11 Millionen Wagen betroffen, in Österreich waren es bis zu 360.000. Der Skandal ließ die VW-Aktie einbrechen und führte zum Rücktritt des VW-Chefs Martin Winterkorn.
Zusammenfassung
- Im Dieselskandal von Volkswagen (VW) gibt es ein erstes Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH).
- Ein Autokäufer verlangte den Kaufpreis für seinen VW zurück, das Höchstgericht gab ihm recht.
- VW sollte spätestens jetzt durchgehend entschädigen, reagierte der VKI.
- VW wiederum bezeichnet den Richterspruch als "Teilurteil" und sieht Auswirkungen nur auf Händler.