"Kein Zuverdienst mehr für Arbeitslose": Grüne und SPÖ sind dagegen
Dafür sprach sich Arbeitsmarktservice-Vorstand Johannes Kopf im Interview mit den "OÖN" aus. Derzeit ist ein Zuverdienst von 475 Euro im Monat erlaubt. Ja, er sei für die Abschaffung des Dazuverdienens - zumindest für eine massive Einschränkung, erklärte Kopf auf eine entsprechende Frage.
Er habe über das Thema Dazuverdienen viel nachgedacht, weil es auch Argumente dafür gebe. "Die Leute haben zumindest einen Fuß in der Arbeitswelt und verlernen nicht die Arbeitstugenden. Ist dieser Fuß in der Tür nützlicher, als es schädlich ist, weil der Unterschied zum Erwerbseinkommen zu gering wird? Inzwischen bin ich so weit: Es gehört - wenn nicht verboten - so doch massiv eingeschränkt. Wir haben dabei gute Erfolge mit dem Erhebungsdienst."
Wer besser bezahlt, findet Arbeitskräfte
Seitens der Wirtschaft werde immer wieder argumentiert, dass Arbeitslose mit einem geringfügigen Nebenjob, Schwarzarbeit und Sozialleistungen ihr Auslangen finden würden, heißt es in dem Bericht. Vor allem niedrig entlohnte Branchen fänden deshalb kaum Personal. Wie Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) spricht sich auch AMS-Vorstand Kopf dafür aus, das Arbeitslosengeld stufenweise zu gestalten, also am Anfang mehr, dann weniger auszuzahlen.
Den "Pauschalvorwurf", dass vom AMS geschickte Stellenbewerber gar nicht arbeiten wollten, lasse er nicht gelten, so Kopf. Nur weil jemand einen konkreten Job nicht wolle, heiße das nicht, dass er nicht arbeiten wolle. Man müsse differenzieren: Bei günstigerer Arbeitszeit, kürzerer Anfahrt, besseren Bedingungen und höherem Lohn würden die Leute schon wollen. "Es gibt verschiedene Hebel, die Stellen dennoch besetzen zu können."
Corona-Probleme bleiben jahrelang
Dass die Arbeitslosenzahl in Kürze das Niveau von vor Corona erreichen könne, sei möglich. Das hänge von der Delta-Variante ab. Anfang des Jahres habe es 110.000 Arbeitslose mehr als vor Corona gegeben. "Jetzt sind wir bei plus 14.000. Es könnte sich heuer im Winter schon ausgehen." Man werde dann die "harten Zahlen" erreicht haben. Corona habe aber am Arbeitsmarkt Probleme geschaffen, "gegen die wir noch jahrelang ankämpfen werden".
Gernot Mitter, Arbeitsmarktexperte bei der Arbeiterkammer, spricht mit PULS 24 über ein "Aus" für Zuverdienstmöglichkeiten.
Grüne, SPÖ und FPÖ erteilten Vorstoß Absage
Eine Absage zu dem Vorstoß kommt nun aber von den Grünen. "Ein Ende oder die massive Einschränkung der Zuverdienstmöglichkeiten schafft eine Unmenge von Problemen. Ich bin mir nicht sicher, ob Johannes Kopf das bedacht hat", sagt der Abgeordnete und arbeitsmarktpolitische Sprecher der Grünen, Markus Koza, dem "Standard".
Zunächst gibt es am Arbeitsmarkt eine größer werdende Zahl an Menschen, die Teilzeit arbeiten, mit dem Geld aber nicht auskommen und deshalb noch zusätzlich geringfügig beschäftigt sind, so der Politiker. "Wer seinen Teilzeitjob verliert und Arbeitslosengeld bezieht, müsste künftig, wenn die Regeln verschärft werden, seine geringfügige Stelle auch gleich aufgeben? Das kann ja nicht das Ziel sein", so Koza.
Hinzu komme, dass die Nettoersatzrate in Österreich im internationalen Vergleich sehr niedrig sei: Ein Arbeitsloser bekommt 55 Prozent seines Letztgehalts vom AMS, dazu gibt es noch einen kleinen Familienzuschlag. Notstandshilfeempfänger bekommen etwas weniger. Sollten die Zuverdienstmöglichkeiten wegfallen, erhöhe man die Armutsgefährdung der Menschen, so Koza. Nachsatz: "Außer das ArbeiEin klares „Nein“ zum Vorstoß von AMS-Chef Kopftslosengeld würde deutlich erhöht werden." Er kritisiert aber auch, dass die Zuverdienstmöglichkeiten eine Chance für Menschen seien: Jobsuchende könnten mit einem Bein am Arbeitsmarkt bleiben.
Ein klares „Nein“ zum Vorstoß von AMS-Chef Kopf kommt auch von SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch: "Es muss unsere gemeinsame Aufgabe sein, Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und nicht Arbeitslose". Deutsch betont, dass "der ohnedies geringe Zuverdienst zum Arbeitslosengeld für viele ältere Menschen und ihre Familien die einzige Möglichkeit ist, finanziell über die Runden zu kommen".
Die freiheitliche Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch sah in der Forderung vom AMS-Chef eine langsame, aber kontinuierliche Abschaffung des Sozialstaates. Sie forderte stattdessen von Kopf, sich um sein AMS selbst zu kümmern: "Er könnte seine Energien zum Beispiel dafür einsetzen, um all jene aufzuspüren, die neben ihres Arbeitslosenentgeltes einer Schwarzarbeit nachgehen. Die NEOS forderten bei der Streichung des Zuverdienstes das Arbeitslosengeld am Anfang zu erhöhen - beispielsweise auf 65 Prozent, und dann schrittweise abzusenken.
Zusammenfassung
- Die Neuaufstellung der heimischen Arbeitsmarktpolitik im Herbst könnte ein "Aus" oder eine massive Einschränkung für die Zuverdienstmöglichkeit von Arbeitslosen bringen.
- Dafür sprach sich Arbeitsmarktservice-Vorstand Johannes Kopf im Interview mit den "OÖN" aus. Derzeit ist ein Zuverdienst von 475 Euro im Monat erlaubt.
- a, er sei für die Abschaffung des Dazuverdienens - zumindest für eine massive Einschränkung, erklärte Kopf auf eine entsprechende Frage.
- Den "Pauschalvorwurf", dass vom AMS geschickte Stellenbewerber gar nicht arbeiten wollten, lasse er nicht gelten, so Kopf. Nur weil jemand einen konkreten Job nicht wolle, heiße das nicht, dass er nicht arbeiten wolle.
- Man müsse differenzieren: Bei günstigerer Arbeitszeit, kürzerer Anfahrt, besseren Bedingungen und höherem Lohn würden die Leute schon wollen.
- Dass die Arbeitslosenzahl in Kürze das Niveau von vor Corona erreichen könne, sei möglich. Das hänge von der Delta-Variante ab.