EU-Streitthema E-Autos: Geplänkel mit Hoffnung auf Aufträge
Zuletzt hatte die EU-Kommission die Entscheidung über die Anti-Dumping-Zölle auf den 10. Juni nach der EU-Wahl verschoben. Grund seien technische Probleme bei einem Dokument, so eine Nachrichtenagenturen. Laut "Spiegel" könnte es auch darum gegangen sein, das Thema aus dem EU-Wahlkampf herauszuhalten.
Ball liegt bei Politik
Die Stimmung rund um das Thema ist angeheizt, zuletzt warnte der deutsche Handelsminister Christian Lindner gar vor einem "Handelskrieg" mit China. Deutschlands Autoindustrie produziert ausgiebig in China und sorgt sich vor möglichen Antwortmaßnahmen auf europäische Strafzölle, Kanzler Olaf Scholz lehnt die Zollmaßnahme bisher ab. Aber wäre der österreichische Markt genauso betroffen?
Klaus Edelsbrunner ist Obmann der Sparte Fahrzeughandel in der österreichischen Wirtschaftskammer. Die Industrie habe ihre Hausaufgaben gemacht, jetzt sei die Politik am Zug: Es brauche mehr Technologieoffenheit und nicht nur Elektro, denn das sei nicht für alle Kund:innen passend. Für jemanden, der sich nur in der Stadt bewegt, können E-Autos eine perfekte Lösung sein, aber wer weit weg wohnt vom Arbeitsort, für den oder die sei ein Diesel-Auto vermutlich passender, so Edelsbrunner im Gespräch mit PULS 24.
Er bemängelt besonders die fehlende Lade-Infrastruktur für E-Autos im ländlichen Bereich, hier fehle der Netzausbau.
"Die Politik hat momentan keine klare Linie. Vor fünf Jahren haben sie gesagt, ab 2035 ist es rein elektrisch und jetzt ist man drauf gekommen, dass rein elektrisch gar nicht so Klasse ist. Weil Netzprobleme da sind."
Und auch Klima- und Verkehrsministerin Gewessler sehen Teile aus der Autobranche als wissenschaftsfeindlich und "böse", die Fronten scheinen in puncto Mobilitätswende verfahren.
Aus für "Scheindebatte"
Das Klimaministerium widerspricht: Gegenüber PULS 24 betont man, dass die Energiewende im Mobilitätsbereich erfolgreiche laufe und auch der Netzausbau in vollem Gange sei. In Österreich wurden 2024 mehr Elektroautos als Dieselfahrzeuge zugelassen, auch das würde zeigen, dass es Zeit für ein Ende der "Scheindebatte" sei.
2023 wurden rund 40 Prozent mehr Autos mit alternativen Antrieben als 2022 zugelassen, auch der Anteil der Hybride stieg um 30 Prozent. Währenddessen sanken die Zulassungen von Pkws mit Diesel- und Benzinantrieb.
E-Mobilität sei beschlossen und auch das Verkaufsende von Verbrennern, die mit fossilen Kraftstoffen laufen, ist aktuell mit 2035 fixiert. Das heißt Verbrenner, die mit klimaneutralen, synthetisch hergestellten Kraftstoffen laufen, dürfen auch danach neu zugelassen werden.
- Mehr lesen: EU besiegelt Verbrenner-Aus mit Hintertürchen
BMK befürwortet EU-Zölle
"Der Umstieg auf klimafreundliche E-Autos auf EU-Ebene ist also geltendes Recht – Österreich hat diese Entscheidung auch unterstützt", wird gegenüber PULS 24 betont. Auch konsequente Investitionen in Forschung und Entwicklung sollen gestützt werden. In der Vergangenheit habe die europäische Industrie entscheidende Entwicklungen verabsäumt und diese müssen nun nachgeholt werden, so das BMK.
Meinung zweigeteilt
- Das BMK stützt Vorstöße zu Zöllen auf chinesische E-Autos, die von China selbst stark subventioniert werden.
- Bei österreichischen Zuliefern und dem Fahrzeughandel gehen die Meinungen hingegen auseinander - die Zulieferer sehen hier nämlich selbst Möglichkeiten für Großaufträge.
- Vertreter des Außenhandels geben sich hier kritischer, sie sehen Zölle nach amerikanischem Vorbild als sinnvoll an. Die große Angst ist, dass China sich gegen europäische Strafzölle wehren würde und auch europäische Werke in China abstraft.
Naschen am chinesisch-ungarischen Kuchen
Von letzterem Punkt zeigen sich Österreichs Autobauer im Gespräch mit PULS 24 unbeeindruckt, die Umsätze der österreichischen Hersteller im Zusammenhang mit China seien in den vergangenen Jahren stark gesunken. Für die deutsche Autoindustrie sei die Lage allerdings ganz anders.
Chinas Tor zum europäischen Markt ist derzeit besonders Ungarn: Dort befindet sich ein Werk des chinesischen Batterieherstellers CATL und auch der chinesische E-Auto-Riese BYD produziert hier. Geplant ist auch ein neues E-Autowerk, auch die österreichische Zulieferindustrie führt dazu Gespräche, wie Handelsvertreter PULS 24 bestätigen.
EU-Markt oder "Diktatur"
Schlussendlich läge die Entscheidung aber bei den Konsumenten, so Edelsbrunner. Er sieht Wettbewerb mit den chinesischen Marken grundsätzlich positiv entgegen, da hier neue Innovationsimpulse gesetzt würden. Es sei auch für Österreichs Autohändler eine Chance, diese neuen Marken zu verkaufen, denn viele Zulieferer hätten in den letzten zwei Jahren ihre Verträge mit europäischen Marken verloren.
Konsumenten sollten allerdings beim Autokauf mitbedenken, was sie mit ihrem Einkauf unterstützen: "Will ich einen eigenen Arbeitsplatz in Europa sichern, oder die chinesische Diktatur unterstützen", so Edelsbrunner.
Protektionismus gegen Billig-Preise
Zuletzt hatten die USA ihre Anti-Dumping-Zölle auf chinesische E-Autos auf 100 Prozent erhöht, die Maßnahme soll ab August schlagend werden.
Diese Art der Zölle werden auch von der Europäischen Union verhängt, um die eigene Wirtschaft zu schützen. Als "gedumpt" gilt ein Preis, wenn dieselbe Ware bei der Ausfuhr aus der EU billiger ist, als der Verkaufspreis im Ausfuhrland.
China subventioniert seine E-Autos stark - sie kosten lokal nur 9.000 Euro, in Europa rund 20.000 Euro. In der EU liegt der Durchschnittspreis bei den Elektro-Pkws bei rund 65.000 Euro.
Chinas E-Autos: Preiskampf auf 4 Rädern
Angst vor China-Autos
Die Pläne rund um Zölle auf chinesische E-Autos sorgen in der gesamten Automobilbranche für Rumoren: So hatte Stellantis-Chef Carlos Tavares das Vorhaben in einem Reuters-Interview als "Falle" bezeichnet. Es verhindere demnach die nötige Anpassung westlicher Autobauer an die Konkurrenz aus China nicht, sondern treibe nur die Inflation hoch.
-
Mehr lesen: Kommt bald der Tesla aus Italien?
Bald E-Autoland?
Auch der KTM-Chef und als ÖVP-nah geltende Unternehmer Stefan Pierer sprach sich in der "SN" gegen die Zölle aus: "Strafzölle wären das Dümmste, was die EU machen könnte", so der Unternehmer. "Auch deshalb, weil Europa in den vergangenen Jahrzehnten große Exporterfolge in China verbuchte." KTM hat selbst 2023 rund 300 Jobs in Österreich gestrichen und die Produktion unter anderem nach China ausgelagert.
Der größte E-Auto-Bauer in China, BYD, habe das verstanden und errichte eine Fabrik in Ungarn. "Das muss der Weg sein, ein druckvolles Hereinholen, aber nicht ein Absperren", glaubt der KTM-Eigner.
Am Freitag veröffentlichte das Kieler Wirtschaftsforschungsinstitut IfW eine Studie zu den E-Autos und den möglichen Folgen von Strafzöllen auf die chinesischen Elektromobile. Demnach würde als Resultat der Handel gedämpft und die Preise für E-Autos würden steigen.
Zusammenfassung
- Strafzölle auf chinesische E-Autos oder nicht?
- Brüssel steht nach der EU-Wahl vor der Entscheidung - sie seien zu billig, weil staatlich subventioniert, und würden damit Europas Produzenten in die Knie zwingen.
- Mutmaßlich wurde die Entscheidung über die Zölle auf den 10. Juni verschoben, um das Thema aus dem EU-Wahlkampffinale zu halten.
- PULS 24 hat sich bei Industrievertretern in Österreich umgehört - man will Klarheit von der Politik, sieht Umweltministerin Gewessler (Grüne) technologiefeindlich, aber hätte natürlich trotzdem gerne die Aufträge der chinesischen Industrie in Ungarn.