Unterschiede im Fußballgeschäft werden für Prödl größer
Für den 73-fachen ÖFB-Teamspieler Sebastian Prödl ist klar, dass die Coronakrise den Unterschied zwischen Unten und Oben im Fußball vergrößern wird. "Die Schere zwischen Reich und Arm geht (...) noch weiter auseinander", erklärte der Udinese-Legionär in einem Interview mit der "Kleinen Zeitung".
Für den Steirer ist das u.a. eine logische Folge des dicht gedrängten Zeitplans der kommenden Monate bzw. Jahre. "Daher werden die Topklubs ihre Kader noch breiter aufstellen. Diesen Vereinen spielt es in die Karten, dass die Transfersummen deutlich nach unten gehen werden. Die kleinen Klubs wollen überleben und können nicht pokern, weil sie auf das Geld angewiesen sind. Sie werden für ihre Stars nur noch wesentlich geringere Ablösen bekommen."
Die Kicker selbst müssten wohl lernen, mit etwas weniger auszukommen. "Es wird mehr Leistungsprinzip geben, die Spieler werden geringere Fixbeträge bekommen, die Gehälter werden erfolgsabhängiger. Im Laufe meiner Karriere war ich mehrmals im Abstiegskampf und bin auch fürs Verlieren gut bezahlt worden. Das wird sich ändern", prophezeite Prödl.
Der 33-Jährige selbst hat nach seinem Wechsel von England in die Serie A Anfang Februar aufgrund einer Verletzung noch kein Spiel absolviert, ab 18. Mai darf zumindest in Gruppen trainiert werden. Einerseits sehne er die Wiederaufnahme der Saison herbei, betonte der ehemalige Sturm-Graz-, Werder-Bremen- und Watford-Profi, andererseits hege er "große Bedenken". "Viele Spieler haben Angst, sich anzustecken, fürchten um ihre Liebsten. Auch das Verletzungsrisiko ist nach der langen Pause extrem hoch."
Die unterbrochene Saison solle bis Ende 2020 fertiggespielt werden, um jedem Land die gleichen Bedingungen zu ermöglichen, schlug der Verteidiger vor. Im Frühjahr 2021 solle dann eine Ganzjahresmeisterschaft starten, die EM im Winter 2021 ausgetragen werden, also ein Jahr vor der WM, die ja auch im Winter stattfindet. Die aktuelle Champions League würde Prödl aufgrund mangelnder Fairness gar nicht mehr anpfeifen: "Da kann es sein, dass die eine Mannschaft zehn Ligaspiele in den Beinen hat und die andere seit März im Homeoffice ist."
Die Fußballvereine hätten sich in jedem Fall stärkere staatliche Unterstützung verdient, zumal man ebenso wie andere Branchen ein großer Wirtschaftsfaktor sei. "Die Lufthansa bekommt offenbar von Deutschland und Österreich Subventionen in Milliardenhöhe - beim Fußball hört man sehr wenig von staatlicher Hilfe."
Zugleich zeigte er sich "schwer irritiert, dass so viele Clubs keine Rücklagen gebildet haben. Warum haben sich die Vereine nicht abgesichert und weshalb sind die Planungen nicht längerfristig ausgerichtet?", fragte Prödl. Und weiter: "Während kleinere Firmen oft wie die Löwen um ihr Überleben kämpfen, sind börsennotierte Unternehmen mit Milliardenumsätzen nach drei Wochen Stopp plötzlich in ihrer Existenz bedroht oder geben es zumindest vor. (...) Corona macht es leicht, alles kann auf das Virus geschoben werden."
Dass Menschen mit Vorerkrankungen besonders gefährdet sind, an Covid-19 zu sterben, wirft für Prödl in einigen Fällen offenbar auch die Frage der Eigenverantwortung auf. "Ich bedaure es sehr, dass gewisse Lebensumstände bei vielen zu Vorerkrankungen geführt haben. Aber wer sich mutwillig in diese Lage gebracht hat, sollte schleunigst seinen Lebensstil ändern", sagte Prödl. Ein Verbot von Alkohol, Rauch und Schnitzel wäre kaum so akzeptiert wie Maskenpflicht und Abstandhalten. Er vermute folgende Reaktion: "Alles, was wir uns selbst zufügen, geht okay. Nur dieses fremde Virus aus China schadet uns." Seine Schlussfolgerung: "Der Mensch sucht immer Schuldige. Nur sich selbst sieht fast keiner als Kern des Problems."
Zusammenfassung
- Für den 73-fachen ÖFB-Teamspieler Sebastian Prödl ist klar, dass die Coronakrise den Unterschied zwischen Unten und Oben im Fußball vergrößern wird.
- "Die Schere zwischen Reich und Arm geht (…) noch weiter auseinander", erklärte der Udinese-Legionär in einem Interview mit der "Kleinen Zeitung".
- Diesen Vereinen spielt es in die Karten, dass die Transfersummen deutlich nach unten gehen werden.