Wolfgang GotschkeAPA/Eva Manhart

Tischtennis

Gotschke weiter ÖTTV-Präsident, aber mit Liu Jia als Vize

30. März 2025 · Lesedauer 4 min

Die mit Spannung erwartete Generalversammlung des Österreichischen Tischtennisverbandes (ÖTTV) hat am Sonntag in Wien eine so nicht erwartete Teilrochade an der Spitze gebracht. Präsident Wolfgang Gotschke wurde zwar in seinem Amt bestätigt, der bisherige Vizepräsident Sport, Stefan Fegerl, wurde aber abgewählt. Zur neuen Vizepräsidentin wurde Jahrhundertspielerin Liu Jia gewählt.

Amtsinhaber Gotschke gewann die Wahl gegen den früheren Sport- und Verteidigungsminister Norbert Darabos bei fünf Enthaltungen mit 21:17 Stimmen. Liu Jia setzte sich gegen Fegerl mit 23:19 (1 Enthaltung) durch.

"Die vorgezogenen Neuwahlen sollten die Verhältnisse klären und dem neu gewählten Vorstand die Möglichkeit geben, Gräben zu überwinden und konstruktiv an der Zukunft des Verbandes zu arbeiten. Wir müssen aufeinander zugehen, dem Sport unsere gesamte Aufmerksamkeit schenken und lösungsorientiert nach vorne blicken", wurde Gotschke in einer ÖTTV-Aussendung zitiert. Es müsse das Ziel sein, wieder eine Einheit zu bilden. Der Wiener, der seit Sommer 2021 dem Verband vorsteht, hofft, dass man nun an Fakten und Leistungen gemessen werde.

In einem emotionalen Statement im ORF hatte sich zuvor Liu Jia geäußert. "Selbstverständlich war ich überrascht von dieser Entscheidung. Wir wissen seit Monaten, wie gespalten dieser Tischtennisverband ist", meinte die 43-Jährige. Sie habe die Wahl angenommen, weil man das Ziel habe, Ruhe in den Verband reinzubringen. "Wir können versuchen, wie in der jetzigen Regierung Kompromisse zu finden." Sie habe bei der Annahme des Postens um ein persönliches Gespräch mit Gotschke gebeten. Man müsse nun das Vertrauen (wieder)gewinnen, damit die "Geld- und Fördergeber uns weiter unterstützen".

"Mich hat das persönlich sehr, sehr traurig gemacht", sagte Liu über die jüngsten Vorgänge im Verband und kämpfte vor laufender Kamera mit den Tränen. "Ich versuche wirklich mit allen zu reden, positiv zu bleiben und zu schauen, dass wir alle wieder Vorbilder sind für die Jugend. Wir wissen, dass es monatelang so verlaufen ist, wie wir es uns alle nicht gewünscht haben." Der Weg werde sicher kein leichter sein. Liu hatte im Vorfeld geplant, den Vizepräsidentenposten ehrenamtlich zu führen und wieder jemand anderen für den Sportdirektorsposten einzusetzen. Fegerl hatte zuletzt beide Funktionen inne.

ÖTTV hatte weitere Befragungen angekündigt

Gotschke selbst war unmittelbar nach der Wahl zu keinem TV-Interview bereit. Fegerl und er waren vor der Neuwahl mit massiven Vorwürfen von Spielerseite konfrontiert worden. Die Neuwahlen waren von der ÖTTV-Präsidentenkonferenz beschlossen worden, nachdem sich das Gremium nicht auf Maßnahmen gegen Gotschke und Fegerl einigen konnte.

Der Zwischenbericht einer vom Verband eingesetzten Untersuchungskommission hatte nach übereinstimmenden Berichten die Beschuldigungen gegen die beiden Spitzenfunktionäre hinsichtlich psychischer Gewalt und Vernachlässigung untermauert. Von einem "nachhaltig zerrütteten Verhältnis" zwischen Athlet:innen und ÖTTV-Spitze war die Rede gewesen. Der Präsident und sein Sport-Vize hatten die Vorwürfe stets bestritten und waren zur Wahl angetreten. Der ÖTTV hatte vor wenigen Tagen mitgeteilt, dass eine neue Kommission weitere Befragungen in der Causa durchführen will. Ob dies und die Wiederwahl Gotschkes zur Beruhigung in der heimischen Tischtennisszene führt, wird sich weisen.

Verlust von Fördergeldern angedroht

Die Bundes-Sport GmbH hatte jedenfalls dem Verband die Rute ins Fenster gestellt, sollten Gotschke und Fegerl wiedergewählt werden. Dies ist nun allerdings nur zum Teil passiert. Laut Michael Sulzbacher, der kaufmännische Geschäftsführer der für die Verteilung von Bundesfördergeldern zuständigen Organisation, sei man in diesem Fall "aufgrund des Sportförderungsgesetzes gezwungen zu handeln". Der ÖTTV könnte 1,8 Millionen Euro Fördergeld für 2025 verlieren, kündigte aber über seinen Anwalt für den Fall der Fälle Gegenmaßnahmen an.

Bei der Wahl am Sonntag standen insgesamt 43 Stimmen zur Disposition: Jeder Landesverband hat vier Stimmen, mit Ausnahme von Oberösterreich (6) und Niederösterreich (5). Die Ehrenpräsidenten Reinhard Engel, Johann Friedinger, Gottfried Forsthuber und Rudolf Weinmann verfügen über je eine weitere Stimme.

Zusammenfassung
  • Wolfgang Gotschke bleibt Präsident des ÖTTV, während Liu Jia zur neuen Vizepräsidentin gewählt wird. Gotschke erhielt 21 Stimmen gegen Norbert Darabos, Liu Jia setzte sich mit 23 Stimmen gegen Stefan Fegerl durch.
  • Die Wahl fand unter schwierigen Bedingungen statt, da eine Untersuchungskommission Vorwürfe gegen Gotschke und Fegerl bestätigte. Der Verband könnte 1,8 Millionen Euro Fördergelder verlieren, sollte es keine Änderungen geben.
  • Liu Jia möchte Ruhe in den gespaltenen Verband bringen und Kompromisse finden. Sie plant, den Vizepräsidentenposten ehrenamtlich zu führen und das Vertrauen der Geldgeber zurückzugewinnen.