Giro-Fahrer Pöstlberger: "Es ist wie Lottospielen"
Lukas Pöstlberger hat in der rot-weiß-roten Sportgeschichte einen besonderen Platz. Er ist nämlich der bis dato letzte Österreicher, der eine Etappe des prestigeträchtigen Giro d'Italia gewonnen hat. Das war 2017 - sechs Jahre später ist der 31-jährige Oberösterreicher wieder mitten im Geschehen einer der wichtigsten Radrundfahrten der Welt.
Im Interview mit PULS 24 spricht Pöstlberger, wie er sich nach den bisher 1.405,6 gefahrenen Kilometern des Radklassikers fühlt, die steigende Anzahl an positiven Coronatests im Fahrerfeld und ob es eine besondere Connection zu Patrick Konrad, dem zweiten österreichischen Giro-Teilnehmer, gibt.
PULS 24: Neun von 21 Etappen sind absolviert, heute steht der erste Ruhetag an. Wie würden Sie die erste Rennwoche mit einem Wort zusammenfassen?
Lukas Pöstlberger: Intensiv. Wir haben von Anfang an versucht, das Rennen zu gestalten. Der Etappensieg war eine brutal gute Teamleistung. Der Michael (Matthews, Anm.) hat das im Finish super umgesetzt. Dann konzentrierten wir uns darauf, unseren Fahrer fürs Gesamtklassement zu beschützen. Es waren immer wieder spezielle Etappen - besonders in Neapel und am Samstag vor dem Zeitfahren. Der Ruhetag kommt also sehr willkommen.
Ihr Team, Jayco AlUla, ist nicht unbedingt das größte auf der UCI WorldTour. Was bedeutet so ein Etappensieg beim Giro für die Mannschaft?
Wenn du bei einer Grand Tours als Team anreist, ist das Minimalziel, mindestens eine Etappe zu gewinnen. Das nimmt sich jede Mannschaft vor. Das Rennen ist lang, geht über drei Wochen. Natürlich gibt es aber auch Dinge, die man nicht kontrollieren kann. Der Sieg bedeutet also sehr viel. Es sind ja nur 21 Etappen.
Mit Edward Dunbar kratzt ein Mannschaftskollege an den Top Ten der Gesamtwertung - derzeit ist er Elfter. Worauf liegt der Fokus für die zwölf verbleibenden Rennen: ein weiterer Etappensieg oder ein starker Platz im Gesamtklassement?
Der "Eddie" ist sehr selbstständig, kann gut auf sich selbst aufpassen. Uns wird er nur brauchen, wenn es dann richtig in die Berge geht. Von dem her werden wir die nächsten Tage, wo es eher wellig und flach sein wird, mit Michael einen Zielsprint forcieren, aber auch versuchen, uns in einer Spitzengruppe den nächsten Etappensieg zu holen.
Sechs Fahrer mussten den Giro seit dem Start aufgrund eines positiven Coronatests bereits verlassen. Erst am Sonntag erwischte es Topfavoriten Remco Evenpoel. Wie versuchen Sie diese Situation zu managen?
Es ist wie Lottospielen, das kann man ohnehin nicht beeinflussen. Offensichtlich ist die Hauptübertragungsquelle während des Rennens, sonst würden nicht so viele Fahrer krank werden. Die Chance ist also fifty-fifty. Auf die Hygiene und Ernährung achten wir natürlich, aber dein Körper ist ohnehin schon permanent am Limit, da ist man für Infekte generell anfälliger. Es ist definitiv sehr fordernd für die körperliche Gesundheit.
Mit dem Sieg vor sechs Jahren sind Sie der letzte Österreicher, der eine Giro-Etappe gewinnen und sogar das Rosa Trikot für einen Tag tragen konnte. Was ist von diesem Tag am meisten in Erinnerung geblieben?
Eigentlich alles. Natürlich der Moment, wo ich über die Linie gefahren bin und das dann Wirklichkeit wurde, das ist schon sehr prägend. Gleiches gilt für die Vorbereitungszeit. Ich bin erst kurz davor in die Aufstellung reingerutscht, weil ich gut in Form war und das Team mich gebraucht hat. Das war unerwartet. Daher war das Überraschungsmoment richtig überwältigend.
Juckt es da überhaupt noch, eine weitere Etappe gewinnen zu wollen oder haben sich die Prioritäten seitdem geändert?
Nein, natürlich juckt’s noch. Man muss halt ehrlich sagen, der Radsport ist ein Teamsport. Die Prioritäten vom Team stehen meistens über den eigenen Ambitionen. Wenn ich aber die Chance bekomme, in die ein oder anderen Spitzengruppe zu gehen, dann möchte ich natürlich diese Ambitionen für einen weiteren Etappensieg umsetzen.
Sie sind einer der wenigen österreichischen Radprofis, der bei allen drei Grand Tours angetreten ist. Was macht den Giro d'Italia zu so einer besonderen Rundfahrt?
Das Flair ist schon cool. Das Wetter war zwar heuer noch nicht sehr schön, aber so eine Frühlingsrundfahrt kann schon was. Dazu kommt der italienische Lifestyle, der gibt eine Lockerheit. Es ist nicht so überwältigend stressig wie bei der Tour de France, gleichzeitig ist das Rennfahren aber genauso qualitativ hochwertig.
Patrick Konrad und Sie sind die einzigen Österreicher beim diesjährigen Giro. Obwohl für unterschiedliche Teams am Start, gibt es da eine besondere Connection zwischen euch beiden?
Der "Konni" und ich sind richtig gute Freunde. Wir haben unsere ganzen Jugendjahre gemeinsam verbracht und waren einige Jahre im selben Team. Beim Giro ratschen wir also jeden Tag. (lacht)
Lukas Pöstlberger ist am 28. Mai bei der Schlussankunft in Rom zufrieden, wenn …
… ich dann weiß, dass ich über drei Wochen lang meine Topleistung abrufen konnte.
Zusammenfassung
- Lukas Pöstlberger hat in der rot-weiß-roten Sportgeschichte einen besonderen Platz.
- Er ist nämlich der bis dato letzte Österreicher, der eine Etappe des prestigeträchtigen Giro d'Italia gewonnen hat.
- Das war 2017 - sechs Jahre später ist der 31-jährige Oberösterreicher wieder mitten im Geschehen einer der wichtigsten Radrundfahrten der Welt.
- Im Interview mit PULS 24 spricht Pöstlberger über sein bisheriges Abschneiden und wie er mit der Coronawelle umgeht, die derzeit durch das Fahrerfeld zieht.