Fecht-WM: IOC-Chef schenkt disqualifizierter Ukrainerin Olympia-Platz
"Angesichts deiner besonderen Situation wird dir das Internationale Olympische Komitee einen zusätzlichen Quotenplatz für die Olympischen Spiele Paris 2024 zuweisen, falls du dich in der Zwischenzeit nicht qualifizieren kannst", schrieb Thomas Bach in einem persönlichen Brief an die Säbelfechterin.
Zuvor war die Ukrainerin Olga Charlan bei der WM in Mailand nach dem Sieg gegen die Russin Anna Smirnowa disqualifiziert wurde. Sie hatte den Handschlag verweigert.
IOC-Chef verspricht Unterstützung
"Als Fechtkollege kann ich mir nicht vorstellen, wie du dich in diesem Moment fühlst", schrieb Bach. Der Fecht-Olympiasieger von 1976 drückte Charlan sein Mitgefühl aus, angesichts des "Krieges gegen dein Land und das Leiden der Menschen in der Ukraine. (...). Es ist bewundernswert, wie du diese unglaublich schwierige Situation managst", schrieb Bach und versprach der Olympiasiegerin "volle Unterstützung".
Man mache diese einmalige Ausnahme auch deshalb, da Charlan in keinem Fall die Qualifikationspunkte ausgleichen könne, die sie aufgrund ihrer Disqualifikation verpasst hätte, so Bach. "Selbstverständlich", so Bach, müssten wie bei allen anderen Olympischen Spielen auch die weiteren Teilnahme-Kriterien erfüllt sein.
Bei der WM durften Fechterinnen und Fechter aus Russland und Belarus in den Einzelwettbewerben als neutrale Athleten starten, bei den Teamwettbewerben sind sie nicht zugelassen.
IOC fordert "Sensibilität"
Das ukrainische Sportministerium hatte erst am Tag vor dem Charlan-Duell entschieden, dass Athletinnen und Athleten aus der Ukraine wieder an Wettbewerben mit Russen und Belarussen teilnehmen dürfen. Vom IOC hieß es, dass die internationalen Sportverbände Situationen mit Ukrainern und neutralen Sportler:innen aus Russland und Belarus "mit dem notwendigen Maß an Sensibilität" behandeln sollen. Auch in anderen Sportarten wie Tennis geben ukrainische Profis Russen und Belarussen nicht die Hand.
Wegen Charlans Disqualifikation hatte es zuvor bereits Kritik vom deutschen Verband gegeben: "Wir hätten mehr Feingefühl bei Entscheidungen von solcher Tragweite wie einer Disqualifikation erwartet. Olga Charlan hatte ihre Bereitschaft zum Abgrüßen mit dem Säbel deutlich signalisiert", hieß es in einer Mitteilung.
Dass Charlan trotz des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands angetreten sei und der Verband ihr dies gestattet habe, sehe man "als große menschliche und sportliche Geste, die durch die Entscheidung des Weltverbandes FIE schwer beschädigt wurde", hieß es weiter.
Zusammenfassung
- Bei den Fecht-Weltmeisterschaften in Italien verweigerte die Ukrainerin Charlan ihrer russischen Gegnerin den Handschlag und wurde trotz ihres Siegs disqualifiziert.
- Der Chef des Internationalen Olympischen Komitee verspricht ihr nun einen fixen Olympia-Platz.