Zeichen in Vorarlberg stehen auf Schwarz-Blau
Wallner interpretierte das Wahlergebnis vom Sonntag als eindeutigen "Änderungswunsch" vonseiten der Bevölkerung und meinte damit wohl nicht nur Themen. Berührungsängste zwischen ÖVP und FPÖ gibt es in Vorarlberg keine, anders als in anderen Bundesländern hat Schwarz-Blau im Bundesland eine lange Geschichte. Ab 1949 saßen Vertreter des WdU und ab 1954 explizit der FPÖ ununterbrochen bis 2009 auf der Regierungsbank. Erst ein als antisemitisch bewerteter Ausritt des damaligen FPÖ-Chefs Dieter Egger im Landtagswahlkampf 2009 kostete die Freiheitlichen ihre Regierungsbeteiligung, die die ÖVP bis auf die Periode von 1999 bis 2004 immer ohne Sachzwang eingegangen war.
Wallner setzte 2014 nach seiner ersten Landtagswahl als ÖVP-Spitzenkandidat auf Schwarz-Grün und führte dieses Bündnis auch nach 2019 fort, zuletzt zeigten sich aber deutliche Abnützungserscheinungen. Von außen betrachtet scheint der Volkspartei ein gemeinsames Miteinander mit den Freiheitlichen leichter zu fallen als mit den Grünen. Taktischer Vorteil für Wallner ist, dass er Optionen hat - weder die Freiheitlichen noch die Grünen können mit ihren Forderungen zu weit gehen ohne zu riskieren, nicht berücksichtigt zu werden.
Während es inhaltlich zwischen ÖVP und FPÖ keine wirklichen Knackpunkte geben dürfte, könnte die Aufteilung der Regierungssitze zum Streitfall werden. Die Landesregierung besteht der Landesverfassung gemäß aus sieben Personen, darunter der Landeshauptmann und ein Stellvertreter (Landesstatthalter genannt). Seit 2014 teilen sich ÖVP und Grüne die Sitze im Verhältnis 5:2 auf, sowohl die Ämter des Landeshauptmanns als auch des Statthalters liegen dabei in Händen der ÖVP, namentlich bei Wallner und Barbara Schöbi-Fink.
Legt man für ÖVP und FPÖ die Stimmenanteile vom Sonntag zugrunde, würde das neue Teilungsverhältnis 4:3 lauten. In ÖVP-Kreisen ist die Bereitschaft aber gering, einen dritten Landesratposten abzugeben. Da könnte auch die Funktion des Landesstatthalters zur Verhandlungsmasse werden - statt drei Sitzen könnte die ÖVP den Freiheitlichen nur zwei Sitze, aber auch die Stellvertretung von Wallner anbieten. Muss ein ÖVP-Landesrat weichen, wird es aller Wahrscheinlichkeit nach Schöbi-Fink treffen.
Sollte hingegen doch eine Neuauflage von Schwarz-Grün zustande kommen, müssten die Grünen künftig wohl auf einen Landesratssitz verzichten. In dem Fall könnte Grünen-Chef Daniel Zadra Mobilitätslandesrat bleiben, Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker wird ihre über 30 Jahre währende politische Karriere aller Voraussicht nach beenden. Parallele Verhandlungen der ÖVP mit beiden potenziellen Partnern, in denen diese gegeneinander ausgespielt werden könnten, würden die Grünen nicht mitmachen.
Zusammenfassung
- Markus Wallner, der ÖVP-Chef in Vorarlberg, prüft eine mögliche Koalition mit der FPÖ, da die inhaltliche Übereinstimmung größer ist als mit den Grünen. Historisch gesehen hat Schwarz-Blau in Vorarlberg eine lange Tradition.
- Die Landesregierung besteht aus sieben Personen, wobei die ÖVP und die Grünen seit 2014 die Sitze im Verhältnis 5:2 aufteilen. Bei einer neuen Koalition mit der FPÖ könnte das Verhältnis 4:3 lauten.
- Sollte Schwarz-Grün fortgesetzt werden, müssten die Grünen wahrscheinlich auf einen Landesratssitz verzichten. Die Verhandlungen könnten taktisch genutzt werden, indem die ÖVP beide potenziellen Partner gegeneinander ausspielt.