Wiederkehr kündigt Grundsätze für das Zusammenleben an
"Die Vielfalt der Gesellschaft in Wien ist ein Motor", hielt er in einer Pressekonferenz im Rathaus fest. Sie garantiere etwa Fortschritt und Freiheit. Allerdings habe sich zuletzt das Zusammenleben schwieriger gestaltet, da angesichts internationaler Krisen auch hier kulturelle Konflikte zum Vorschein gekommen seien. "Wien, es gibt ein Problem", zeigte er sich überzeugt.
Man müsse den Abwertungstendenzen bei Jugendlichen mit, aber auch bei solchen ohne Migrationshintergrund entgegenwirken. Man dürfe nicht wegschauen. "Wir müssen jetzt die Grundwerte bei allen einfordern." Zugleich solle es Verpflichtungen und Konsequenzen für Personen geben, die die Anforderungen nicht erfüllen würden.
Wiederkehr bekräftigte etwa seine Forderung nach Kürzungen von Sozialleistungen oder Strafen für säumige Eltern. Er forderte einmal mehr den Bund auf, hier tätig zu werden. Auch Konsequenzen für Bundesländer, die die Asyl-Betreuungsquote nicht erfüllen, urgierte er erneut. Der Bund, so konstatierte er, sei jedoch untätig und debattiere stattdessen über die sogenannte Leitkultur. Hier würden Werte aber mit Folklore verwechselt.
Somit gehe die Stadt nun voran. Man werde Prinzipien erarbeiten, die zu beachten seien. Der Prozess sei ergebnisoffen, betonte Wiederkehr. Als Beispiele nannte er aber bereits zwei Grundsätze, nämlich, dass das Erlernen der deutschen Sprache nicht optional sei und dass Gesetze vom Staat kämen und nicht in Religionsbüchern stünden.
Erarbeitet werden sollen die Prinzipien unter anderem bei einem Konvent im Herbst, in dem gemeinsam mit Zivilgesellschaft oder auch Religionsgemeinschaften erörtert werden soll, wie die Einhaltung demokratischer Werte garantiert werden kann. Außerdem wird sich der Wiener Integrationsrat mit gruppenbezogenen Abwertungstendenzen in der Einwanderungsgesellschaft beschäftigen.
Schließlich wurde der Soziologe und Integrationsexperte Kenan Güngör beauftragt, eine Studie zu erstellen. Dabei soll erhoben werden, welche vorhandenen Abwertungshaltungen unter Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund es in Wien gibt.
Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) versicherte in einer der APA übermittelten Reaktion, dass der Bund für Gespräche zur Verfügung stehe, um den Zuzug zu bekämpfen, Integration zu intensivieren und Parallelgesellschaften effektiv zu bekämpfen. "Nachdem die Rufe aus dem Bund jahrelang ignoriert wurden, ist der offenbare Kurswechsel weg von einer verantwortungslosen Willkommenspolitik in Wien ausdrücklich zu begrüßen", hielt sie fest.
Sanktionen bei Integrationsverweigerung seien bereits vorgesehen, gab sie zu bedenken. Wien zahle jedoch auch mehr Sozialhilfe an subsidiär Schutzberechtigte aus als andere Bundesländer. Dies sei ein "Pull-Faktor", zeigte sich die Ministerin überzeugt. Wiens ÖVP-Chef Karl Mahrer ärgerte sich darüber, dass Wiederkehr stetig die Verantwortung auf den Bund abwälze, wie er befand. Dabei sei der Stadtrat selbst - sowie dessen Koalitionspartner SPÖ - untätig gewesen.
Keine Begeisterung lösten die Pläne bei der FPÖ aus. "Das Prinzip Ratlosigkeit von Integrationsstadtrat Wiederkehr ist mittlerweile unerträglich geworden", meinte der blaue Landesparteichef und Stadtrat Dominik Nepp. "In Favoriten werden Kirchen mit islamistischen Parolen beschmiert, pro-palästinensische Demonstrationen ziehen durch Wien, Lehrerinnen wird geraten, eine Burka zu tragen - Integration in Wien ist nicht mehr möglich, egal ob man nun Wertekataloge oder Regeln erstellt." "Asyl-Stopp", die sofortige Beendigung des Familiennachzuges sowie "rigoroses Abschieben" seien die einzig gangbaren Wege.
Zusammenfassung
- Christoph Wiederkehr, Wiener Jugend- und Integrationsstadtrat, kündigt 'Prinzip Wien' an, um Regeln für das Zusammenleben neu zu definieren.
- In einer Pressekonferenz benennt er Probleme wie Antisemitismus und Rassismus in Wien und fordert die Einhaltung grundlegender Werte von allen Bürgern.
- Ein Wertekonvent ist für den Herbst geplant, um mit Zivilgesellschaft und Religionsgemeinschaften demokratische Werte zu diskutieren.