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Westliche Kritik nach Verbot von Nawalny-Netzwerk

Das endgültige Verbot mehrerer Organisationen des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny in Russland hat in den USA und in Europa Kritik ausgelöst. Menschenrechtler beklagten am Donnerstag das Vorgehen der russischen Justiz gegen die Opposition als politisch motiviert. Erbost zeigte sich auch das Außenministerium in Wien. Für Nawalnys Unterstützer bedeutet die Einstufung als "extremistisch" zudem, dass sie bei der Parlamentswahl im Herbst nicht kandidieren dürfen.

Die US-Regierung verurteilte die Entscheidung eines Moskauer Gerichts vom Mittwoch. "Mit dieser Maßnahme hat Russland faktisch eine der wenigen verbliebenen unabhängigen politischen Bewegungen des Landes kriminalisiert", erklärte der Sprecher des Außenministeriums, Ned Price. Knapp eine Woche vor einem geplanten Treffen von US-Präsident Joe Biden mit Kremlchef Wladimir Putin rief Washington Moskau unter anderem dazu auf, Nawalny und seine Anhänger nicht länger zu unterdrücken.

Diese hatten den hinter verschlossenen Türen geführten Prozess als intransparent kritisiert. Auch Nawalny selbst wurde nicht zur Verhandlung zugelassen. Dessen Anwalt Iwan Pawlow wünschte dem Gericht laut eigenen Angaben im Schlussplädoyer, es möge so entscheiden, dass ihm das eigene Urteil später "nicht peinlich" sei.

Es half - wenig überraschend - nichts: Nach mehr als zwölfstündiger Verhandlung ließ das Gericht unter anderem Nawalnys Anti-Korruptions-Stiftung und dessen Regionalstäbe als extremistisch verbieten. Es folgte der Argumentation der Staatsanwaltschaft, die der Bewegung vorwirft, "die gesellschaftlich-politische Lage im Land" zu destabilisieren. "Wenn Korruption die Grundlage einer Staatsmacht ist, sind die Kämpfer gegen Korruption Extremisten", kommentierte Nawalny selbst spöttisch. Gleichzeitig beteuerte er, nicht aufgeben zu wollen.

Doch der Schlag gegen sein Netzwerk ist enorm: Wer weiter für eine der betroffenen Organisationen arbeitet, riskiert den Anwälten zufolge nun bis zu sechs Jahre Freiheitsentzug. Verboten sind außerdem die Organisation von Kundgebungen sowie das Ausführen von Finanztransaktionen. Und: Im Zusammenhang mit einem neu erlassenen Gesetz dürfen Nawalnys Unterstützer bei Wahlen künftig nicht mehr antreten - also auch nicht bei der Duma-Wahl im September. Das Team des 45-Jährigen beklagt, dass die Justiz so den Kampf gegen Korruption sowie die Straßenproteste vor der Wahl lahmlegen wolle.

Das österreichische Außenministerium twitterte, dass das Urteil, dass mit Nawalny verbundene Organisationen "extremistisch" seien, ein weiterer alarmierender Schritt hin zu einem schrumpfenden Raum für die Zivilgesellschaft sei. Zudem bedeute es die Ächtung einer echten politischen Opposition in Russland.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte, die Gerichtsentscheidung diene allein dazu, das Recht auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit Tausender Menschen in Russland zu unterdrücken. Schon vor einigen Wochen waren vorläufige Arbeitsverbote gegen Nawalnys Regionalstäbe verhängt worden.

Der populäre Putin-Gegner hatte im vergangenen August nur knapp einen Giftanschlag überlebt. Bevor er zur Behandlung nach Deutschland ausgeflogen wurde, lag Nawalny wenige Tage lang in einem Krankenhaus in der sibirischen Stadt Omsk im Koma.

Am Donnerstag veröffentlichten Nawalnys Anhänger ein neues Video, in dem sie der Klinik vorwerfen, medizinische Dokumente gefälscht zu haben, um Hinweise auf eine Vergiftung zu vertuschen. Unter anderem sei ein Bluttest aus den Unterlagen verschwunden, hieß es. Mehrere westliche Laboratorien, darunter eines der deutschen Bundeswehr, hatten später in Nawalnys Körper zweifelsfrei den Kampfstoff Nowitschok nachgewiesen. Russland hingegen hat angegeben, man habe keine Vergiftung nachweisen können und deshalb keine Ermittlungen eingeleitet.

Seit seiner Rückkehr nach Russland Anfang des Jahres ist Nawalny in einem Straflager inhaftiert. Die russische Justiz wirft ihm vor, gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen zu haben, während er sich in Deutschland von dem Mordversuch erholte. Mehrfach demonstrierten Zehntausende Menschen in ganz Russland für seine Freilassung.

Unterdessen belegte die russische Justiz erneut soziale Netzwerke mit hohen Strafen, weil sie aus Sicht der Richter verbotene Inhalte nicht entfernt haben sollen. Der Messenger-Dienst Telegram muss demnach zehn Millionen Rubel (umgerechnet rund 114.000 Euro) zahlen. Gegen Facebook wurde eine Geldstrafe von 17 Millionen Rubel (194.000 Euro) verhängt. Bereits in den vergangenen Monaten waren Strafen gegen mehrere Messenger-Dienste und soziale Netzwerke ausgesprochen worden, weil sie etwa Protestaufrufe an Minderjährige nicht gelöscht haben sollen.

ribbon Zusammenfassung
  • Das endgültige Verbot mehrerer Organisationen des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny in Russland hat in den USA und in Europa Kritik ausgelöst.
  • Menschenrechtler beklagten am Donnerstag das Vorgehen der russischen Justiz gegen die Opposition als politisch motiviert.
  • Zudem bedeute es die Ächtung einer echten politischen Opposition in Russland.
  • Seit seiner Rückkehr nach Russland Anfang des Jahres ist Nawalny in einem Straflager inhaftiert.