Washington-Krawalle: Senat trat nach Unterbrechung wieder zusammen
Mehrere Stunden nach der Erstürmung des Kapitols in Washington durch Anhänger des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump hat der Senat seine dortige Sitzung fortgesetzt. Der Senat wie auch das Repräsentantenhaus sollten noch am Mittwochabend (Ortszeit) das Ergebnis der Präsidentschaftswahl vom 3. November formell bestätigen, die der Demokrat Joe Biden gegen den Republikaner Trump gewonnen hatte. Auch das Repräsentantenhaus wollte in Kürze wieder zusammentreten.
Laut US-Medienberichten war der Polizei rund vier Stunden nach Beginn des Angriffs die Räumung des Kongressgebäudes von den Randalierern gelungen. Die Vorsitzende des Repräsentantenhaus, die Demokratin Nancy Pelosi, hatte daraufhin angekündigt, dass die wegen des Angriffs der Trump-Anhänger abgebrochene Sitzung zur Wahl-Zertifizierung noch am Abend fortgesetzt werden solle.
Pence: Welt wird "erneut Zeugin der Widerstandsfähigkeit und Stärke unserer Demokratie"
"So wie wir uns in dieser Kammer wieder zusammenfinden, wird die Welt erneut Zeugin der Widerstandsfähigkeit und Stärke unserer Demokratie", sagte Vizepräsident Mike Pence bei der Wiedereröffnung der Senatssitzung. "An jene, die heute Chaos und Verwüstung in unser Kapitol gebracht haben: Ihr habt nicht gewonnen", fuhr Pence fort. "Gewalt siegt nie, Freiheit siegt. Und dies ist immer noch das Haus des Volkes."
Der Vizepräsident ist in den USA kraft Amtes auch Vorsitzender des Senats. Vor Beginn der dann unterbrochenen Kongresssitzung hatte Pence erstmals angekündigt, die Bestätigung von Bidens Wahlsieg nicht blockieren zu wollen. Dies verbiete die Verfassung, erklärte der Republikaner.
Trumps Forderung an Pence
Zuvor hatte Trump seinen Vize in einer Rede vor den Demonstranten in Washington aufgefordert, die Wahl-Zertifizierung zu verhindern. Seine Anhänger rief der scheidende Präsident zum Protest gegen den Ausgang der Wahl vom 3. November auf. Militante Trump-Anhänger stürmten daraufhin das Kapitol, über Stunden herrschten in dem Gebäude chaotische Szenen.
Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, sagte, die Kammer lasse sich nicht einschüchtern und werde sich nicht der Gesetzlosigkeit beugen. McConnell betonte, man werde die Arbeit, die man begonnen habe, nun zu Ende bringen. "Wir werden den Sieger der Präsidentenwahl 2020 zertifizieren."
"Inländische Terroristen"
Der Minderheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, nannte die Aufrührer "inländische Terroristen". Er machte Trump für den Angriff auf das Kapitol mitverantwortlich. Der "demagogische Präsident" habe den "Mob" mit seinen Verschwörungstheorien angeheizt und ermutigt. "Ohne ihn wären die heutigen Ereignisse sicher nicht eingetreten", sagte Schumer und nannte die Geschehnisse "beispiellos".
Der demokratische Senator Dick Durbin kritisierte Trump scharf: "Er wollte, dass dieser Mob den verfassungsmäßigen Prozess stört, dessen Teil wir sind. Dieser Mob wurde von einem Präsidenten inspiriert, der eine Niederlage nicht akzeptieren kann."
Loeffler gab Widerstand auf
Die republikanische Senatorin Kelly Loeffler gab unterdessen ihren Widerstand gegen die Zertifizierung der Wahlergebnisse auf. Die Ereignisse vom Mittwoch hätten sie dazu gezwungen, ihre Haltung zu überdenken, sagte Loeffler am Mittwochabend (Ortszeit). Loeffler hatte sich kurz vor der Wahl einer Gruppe von republikanischen Senatoren angeschlossen, die auf Betreiben Trumps den Sieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentenwahl kippen wollten. Sie wollten bei der Kongresssitzung am Mittwoch Einspruch gegen die Wahlergebnisse in mehreren Bundesstaaten einlegen, die Biden gewonnen hatte.
"Es gibt keine Entschuldigung für die Ereignisse, die heute in diesen Kammern stattgefunden haben", sagte Loeffler am Mittwochabend nach den Krawallen. "Es kann keine Meinungsverschiedenheit darüber geben, dass die Aufrechterhaltung der Demokratie der einzige Weg ist, unsere Republik zu bewahren." Loeffler war bei Stichwahlen in Georgia am Dienstag dem Demokraten Raphael Warnock unterlegen.
"Unerträglich"
US-Außenminister Mike Pompeo verurteilte die Vorfälle mit scharfen Worten. Er habe in seinem Amt auf vielen Auslandsreisen das Recht auf friedlichen Protest verteidigt, schrieb Pompeo am Mittwoch im Kurzbotschaftendienst Twitter. Es sei jedoch sowohl im Inland wie im Ausland "unerträglich", bei Protesten Gewalt auszuüben und die Sicherheit Anderer zu riskieren.
Bush: "Aufstand" angefacht
Schockiert äußerten sich auch drei Vorgänger Trumps im Weißen Haus. Der frühere republikanische Staatschef George W. Bush warf hochrangigen Vertretern seiner Partei vor, sie hätten den "Aufstand" angefacht. "Auf diese Weise werden Wahlergebnisse in einer Bananenrepublik angefochten - nicht in unserer demokratischen Republik", erklärte Bush. "Ich bin entsetzt vom rücksichtslosen Verhalten einiger politischer Anführer seit der Wahl und vom heute gezeigten fehlenden Respekt für unsere Institutionen, unsere Traditionen und unsere Sicherheitskräfte."
Obama: "Moment großer Schmach und Schande für unsere Nation"
Bushs demokratischer Nachfolger Barack Obama bezeichnete die Randale in der US-Bundeshauptstadt als "Moment großer Schmach und Schande für unsere Nation". Allerdings sei der Vorfall "keine völlige Überraschung", da Trump zu den Randalen "angestachelt" habe. Obama warf Republikanern und konservativen Medien vor, Trumps Anhänger zu lange im Unklaren über den Sieg des demokratischen Herausforderers Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl am 3. November gelassen zu haben. Die Ausschreitungen am Kapitol seien die Folge dieses Vorgehens.
Clinton: "Vier Jahre giftige Politik"
Der demokratische Ex-Präsident Bill Clinton sprach von einem "beispiellosen Angriff" auf die Institutionen der Vereinigten Staaten, für den er "vier Jahre giftiger Politik" verantwortlich machte. Trump und dessen Unterstützer unter anderem im Kongress hätten so versucht, die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl vom 3. November zu kippen, erklärte Clinton.
Ausschreitungen
Angesichts schwerer Proteste aufgebrachter Anhänger des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump hatten die Kongresskammern ihre Beratungen zuvor für Stunden unterbrechen müssen. Trump-Anhänger waren vor dem Parlamentssitz aufmarschiert und in das Gebäude eingedrungen, nachdem der abgewählte Präsident sie in einer Rede zum Protest gegen den Ausgang der Wahl vom 3. November aufgerufen hatte. Der Demokrat Joe Biden soll am 20. Jänner als Nachfolger Trumps vereidigt werden.
Zusammenfassung
- Mehrere Stunden nach der Erstürmung des Kapitols in Washington durch Anhänger des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump hat der Senat seine dortige Sitzung fortgesetzt.
- Der Senat wie auch das Repräsentantenhaus sollten noch am Mittwochabend (Ortszeit) das Ergebnis der Präsidentschaftswahl vom 3. November formell bestätigen, die der Demokrat Joe Biden gegen den Republikaner Trump gewonnen hatte.
- Auch das Repräsentantenhaus wollte wieder zusammentreten.