Walter Rosenkranz: "Alter Herr" ganz im Dienste der Partei
"Liebe Patrioten, ich darf euch hier auch sehr herzlich begrüßen in der wunderschönen Stadt Wiener Neustadt", beginnt Walter Rosenkranz seine Rede bei einer Demonstration im Februar 2016. Er steht auf einer kleinen Bühne am Hauptplatz der niederösterreichischen Stadt. "Fremd in der eigenen Stadt? Wiener Neustadt wehrt sich!", ist hinter ihm auf einem Plakat der FPÖ zu lesen. Vor ihm versammeln sich zahlreiche Zuhörer.
Darunter auch welche, die Flaggen mit dem - damals noch nicht verbotenen - Symbol der rechtsextremen Identitären schwenken. "Wir sind das Volk", wird in Pegida-Manier skandiert. "Festung Europa - macht die Grenzen dicht", fordern die Demonstranten. Später wird Michael Schnedlitz, damals Bürgermeisterstellvertreter, heute FPÖ-Generalsekretär, von der SPÖ zum Rücktritt aufgefordert. Er lud die Identitären an jenem Abend sogar ins Rathaus ein. Rosenkranz betonte in der Rede, dass er für "Österreich zuerst" sei und ließ sich breit grinsend in der Menge fotografieren.
"Erfrischende" Identitäre
Noch drei Jahre später erklärte Rosenkranz in der "ZiB2", er habe die Identitären "für durchaus erfrischend gehalten". Identitärer zu sein und gleichzeitig eine Funktion bei der FPÖ zu erfüllen, sei nicht vereinbar, distanzierte er sich zwar vorsichtig. Wohnungen an sie zu vermieten oder in Rechtsaußen-Medien für sie zu werben, sei für Mitarbeiter der FPÖ aber kein Problem.
Rosenkranz "repräsentiert das deutschnational-akademische Kernmilieu der FPÖ", schreibt das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) über den Präsidentschaftskandidaten. Er ist Mitglied der Burschenschaft Libertas, bei der jedes Mitglied vier Mensuren schlagen muss. Die Verbindung geriet 2009 in die Schlagzeilen als bekannt wurde, dass sie 2006 eine neonazistische Gruppe für ihre "volkstreuen Aktivitäten" auszeichnete. Heute ist der 59-Jährige dort "Alter Herr" und als solcher schon lange Stammgast beim umstrittenen Akademiker-, früher WKR-Ball.
Dennoch war es oft Rosenkranz, der ausgeschickt wurde, um die diversen "Ausrutscher" der FPÖ zu verteidigen und zu relativieren. So sprang er auch für Herbert Kickl in die Bresche, als man dem damaligen Innenminister 2019 vorwarf, er unternehme zu wenig gegen Rechtsextremismus. Davor war bekannt geworden, dass der Attentäter von Christchurch Kontakte zu den Identitären hatte. "Die FPÖ ist eine rechte Partei. Patriotismus, Sicherheit, kulturelle Identität, Schutz der Familie, Fairness und Gerechtigkeit für unsere Landsleute, Schutz vor illegaler Massenzuwanderung - dafür stehe ich und ich schäme mich nicht dafür", erklärte Rosenkranz im Nationalrat und warf der SPÖ vor, rechte Politik mit Rechtsextremismus zu vermischen.
Historikerbericht ohne Burschenschaften
Rosenkranz war es auch, der ankündigte, dass eine Historikerkommission die Geschichte der FPÖ und ihr Verhältnis zum Nationalsozialismus aufarbeiten sollte. Im ORF erklärte er, dass die FPÖ aber nicht einfach in die Archive der Burschenschaften gehen könne, da es sich um private Vereine handle. Schließlich wurden gar keine Anfragen gestellt. Burschenschaften kommen kaum, die Identitären in dem Bericht gar nicht vor.
Grundsätzlich wurde der Jurist von der FPÖ, bei der er seit seiner Jugend aktiv ist, vielseitig eingesetzt: 1988 und 1989 war er Bundesobmann der Freiheitlichen Studenteninitiative, zeitgleich wurde er Mitglied des Gemeinderates in seiner Heimatstadt Krems, was er bis heute geblieben ist. Eine kurze Karriere als Vertragsbediensteter im Verteidigungsministerium führte ihn direkt in die Arme der Wiener FPÖ, wo er zuerst als Hausjurist, dann als Landesparteisekretär tätig war. In den Nationalrat schaffte es Rosenkranz via niederösterreichischer Landesliste bei der Wahl 2008.
Als Nationalratsabgeordneter konnte Rosenkranz bereits Erfahrung im ersten "Korruptionsuntersuchungsausschuss" sammeln. Im Hohen Haus schaffte es Rosenkranz 2017 auch bis zum geschäftsführenden Klubchef - damals galt es, die Last von Heinz-Christian Straches Schultern zu nehmen. Sein gleichberechtigter Partner damals: Johann Gudenus.
Keine Skandale, der Partei treu
Trotz seiner Verwurzelung im deutschnationalen Umfeld und seinen vielfältigen Betätigungen in der Partei fiel Rosenkranz selbst nie durch besonders rauen Ton oder Skandale auf. Auch mit den Eskapaden der Ibiza-Clique rund um Strache und Gudenus hatte er wenig zu tun.
Im Gegenteil: Der studierte Jurist und Konzertgitarrist steuerte ab 2019 in ruhigere Gewässer. Als Volksanwalt ist er unter anderem für Polizei-, Fremden- und Asylrecht zuständig. Gespräche mit Bürgern absolviert er gewissenhaft sogar noch während seiner Wahlkampftour. Zu einem großen Teil beschäftigt er sich in dieser Funktion auch mit Beschwerden gegen die Coronamaßnahmen der Regierung.
"Kompromisslos für Österreich" ist nun auf seinen Plakaten zu lesen. Keine Kompromisse will er etwa eingehen, wenn es um Freiheit, Neutralität, Wohlstand, Sicherheit und Zukunft. Er wolle etwa gegen die "verfassungswidrige Coronapolitik" vorgehen. Da ist er - wie inhaltlich in allen Bereichen - mit seinem Parteichef Kickl auf einer Linie.
Angebot an Konservative
Kickl hatte sich lange Zeit gelassen, ehe er bekanntgab, dass Rosenkranz kandidieren soll. Eigentlich galt Susanne Fürst als Favoritin. Für Rosenkranz dürfte seine überparteiliche Rolle als Volksanwalt und seine ruhige Art gesprochen haben. Damit hofft man in der FPÖ, auch konservative Wähler ansprechen zu können. Ob diesen sein Amtsverständnis gefällt, ist allerdings fraglich: Im PULS 24 Interview sprach er davon, dass er es sich - sollte Präsident werden - genau überlegen müsse, das übliche Angebot der Regierung, zurückzutreten, nicht anzunehmen. Laut aktueller Umfrage käme der parteitreue Ideologe momentan auf 13 Prozent.
Zusammenfassung
- Egal ob an der Spitze Jörg Haider, Heinz-Christian Strache oder Herbert Kickl steht, Walter Rosenkranz tut alles für die Partei.
- Nun will der Burschenschafter Bundespräsident werden und setzt dabei wie schon Norbert Hofer auf seine ruhige Art.
- Wofür steht Walter Rosenkranz?