Wallner will Grunderwerbssteuer-Verzicht bei erstem Eigentum
Den Einwand, dass den Gemeinden beim Erlass der Grunderwerbsteuer Einnahmen verloren gehen, wollte Wallner nicht einfach vom Tisch wischen. Berechnungen anstellen und darüber reden müsste man in seinen Augen jedenfalls. Hinsichtlich möglicher anderer Begehrlichkeiten - etwa einer Erhöhung der Grundsteuer - erteilte Wallner eine deutliche Absage: Das sei für Vorarlberg "undenkbar".
Man dürfe nicht das Ziel aus den Augen verlieren, Eigentum für junge Familien zu ermöglichen, betonte der Landeshauptmann. Dabei verwies er auf einen Wohnbauförderungs-Schwerpunkt des Landes im nächsten Jahr. Es werden Kredite über 35 Jahre zu einem Fixzinssatz von 1,25 Prozent erhältlich sein. Zur Stärkung der Eigenmittel-Quote könnte es auch ein zinsloses Darlehen über 20 Jahre geben - bisher akzeptiert die Finanzmarktaufsicht (FMA) diese Gelder aber nicht als Eigenmittel. Darüber hinaus soll eine Zweitwohnungsabgabe Leerstand im Land möglichst verhindern.
Einen Schwerpunkt - speziell zu Jahresbeginn - werden laut Wallner weiter die Themen Energie und Versorgungssicherheit bilden. Im April werden in Vorarlberg die Strompreise steigen, diesbezüglich werde man Anti-Teuerungspakete umsetzen. Das Land wolle "dort abfedern, wo Bundeshilfen vielleicht nicht greifen", sagte Wallner. Man könne auch 2023 mit einer Sonderdividende des landeseigenen Energieversorgers Illwerke/VKW rechnen, diese wolle man direkt der Bevölkerung zugute kommen lassen.
Den Kampf gegen die Teuerung nannte Wallner als "entscheidend" auf Bundesebene. Dabei gab es Lob für die Bundesregierung. "In den letzten Monaten wurden Milliarden-Pakete geschnürt, davon kommt vieles an", sagte Vorarlbergs Landeshauptmann. So verwies er etwa auf die Abschaffung der Kalten Progression oder auch auf den Energie-Zuschuss für die Wirtschaft. Umgekehrt sei auch das "Ende der Fahnenstange" erkennbar. "Wir können nicht alle drei, vier Monate Milliarden-Pakete verabschieden", so Wallner. In der Energie-Politik brauche es mehr Wahrheit. "Es werden wesentlich mutigere Schritte notwendig, wir haben nicht jahrelang Zeit", pochte Wallner auf schnellere UVP-Verfahren etwa bei Wasserkraftwerken. Darüber hinaus gelte es auch festzustellen: "Wer Atomkraft, Gas oder Kohle vom Netz nimmt, hat das zu ersetzen." Andernfalls entstehe ein Problem in der Versorgungssicherheit.
In Sachen Finanzausgleich - bei den Verhandlungen mit dem Bund spielt er als Bundesländer-Vertreter eine zentrale Rolle - stellte Wallner einmal mehr fest, dass es keine Lastenverschiebungen geben dürfe. Die Bundesländer seien keine Bittsteller und keine Filialen von Wien. "Die Steuern werden gemeinsam aufgebracht und gemeinsam verteilt", so der Landeshauptmann. Dringenden Handlungsbedarf machte er etwa in den Bereichen Gesundheit und Pflege aus. In der Gesundheit sei es zu Kostenverschiebungen zulasten der Länder gekommen, "der niedergelassene Sektor wird immer weniger leistungsfähig, die Spitäler werden überlaufen", so eine Beobachtung Wallners. In der Pflege könne es nicht sein, dass die Länder ab 2024 für den vom Bund gewährten Gehaltszuschuss (jeweils 285 Mio. Euro für 2022 und 2023) auf Kosten sitzen bleibe. Mit einer Steigerung von 4,5 Prozent pro Jahr sei der Pflegefonds unterdotiert. "Bei der derzeitigen Inflation geht das nicht einmal ansatzweise", sagte Wallner. Für sein Bundesland hat er es sich zum Ziel gesetzt, 2023 eine Pflegelehre umzusetzen. "Wir wollen ein Qualitätsprodukt hochziehen und beweisen, dass Vorarlberg das Land der Lehre ist", so Wallner.
Grundsätzlich offen zeigt sich Wallner auch in der Frage einer ausgebauten Steuerautonomie der Länder. "Für mich gibt es keine Tabus, andere sehen das anders", sagte er. Er wäre "zu allem bereit", die Schweiz führe vor, dass Steuerwettbewerb sehr befruchtend sein könne. Gäbe es einen ehrlichen Anlauf in diese Richtung, "wäre Vorarlberg dabei", betonte Wallner. Erwartungen in diese Richtung hege er aber keine.
Unzufrieden ist Wallner weiter mit der Asyl-Situation. "Wir sind durch die Grundversorgungsvereinbarung verpflichtet, daran halten wir uns natürlich", stellte er klar. Er sei aber weit davon entfernt, die Situation einfach zu akzeptieren. Frontex sei überfordert, es gebe keine Verfahren im Ausland und keine Unterbringung an der EU-Außengrenze, Schengen und Dublin funktionierten nicht, hielt Wallner fest. "Auch findet die Unterscheidung zwischen Migration und Asyl nicht statt", kritisierte Wallner. Nach Österreich zu wollen, um ein besseres Leben zu haben, sei kein Asylgrund. "Niemand kann beantworten, wo das zahlenmäßig hinführt", so Wallner. Man steuere auf eine höhere Anzahl an Asyl-Anträgen als 2015 zu.
Zu dem offenbar bevorstehenden Ende der Korruptionsermittlungen gegen seine Person bezeichnete es Wallner als "bedenklich, was ich mir monatelang anhören musste". Rechtliche Schritte seinerseits behielt sich Wallner vor. Man müsse nun das Ende des Verfahrens abwarten und dann mit den Anwälten prüfen, "was eine saubere Reaktion" sein werde. Er sei wieder "voll fit und gesund" und habe aus den vergangenen Monaten etwa gelernt, sich nicht mehr an "Scheindebatten" zu beteiligen. "Ich will meine Zeit dafür verwenden, Politik für das Land zu gestalten", so Wallner. Nach Unstimmigkeiten mit dem Koalitionspartner infolge der Korruptionsvorwürfe sah Wallner das Glas nun wieder "halb voll". Die unmittelbare Zusammenarbeit funktioniere gut, man habe ein ordentliches Budget beschlossen, wichtige finanzpolitische Entscheidungen für die nächsten drei Jahrzehnte und viel Gutes in der Energiewende auf den Weg gebracht. Vorarlbergs Wirtschaft sah Wallner für 2023 gerüstet. Das Potenzial sei enorm, die Exportzahlen seien so stark wie nie zuvor. "Wir haben ganz viele Anzeichen, dass es gut weitergehen kann", so Wallner unverdrossen.
(Das Interview wurde geführt von Jochen Hofer und Angelika Grabher-Hollenstein/APA.)
Zusammenfassung
- Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) schlägt vor, bei der Schaffung des ersten Eigentums auf die Grunderwerbsteuer zu verzichten.
- "Wir haben einfach unerträglich hohe Preise", sagte er im Interview mit der APA.
- Für junge Familien in Westösterreich sei Eigentum fast nicht mehr finanzierbar.
- Ebenfalls abgeschafft sehen möchte Wallner beim ersten Eigentum die Eintragungsgebühr ins Grundbuch.