Wahlkampf in Vorarlberg noch Corona- und Ferien-gebremst
Der Wahlkampf für die Vorarlberger Gemeindevertretungs- und Bürgermeisterwahlen am 13. September ist noch nicht in Schwung gekommen. Während die Corona-Pandemie als Gesprächsthema den Alltag und in den Medien dominiert, halten sich die Parteien mit Wahlwerbung zurück. Die kurze "heiße Phase" dürfte nach allgemeiner Einschätzung erst Anfang September einsetzen, wenn auch die Sommerurlaube enden.
Nichtsdestotrotz steht am 13. September - nach der Corona-bedingten Verschiebung im März mit rund einem halben Jahr "Verspätung" - ein spannender Wahltag bevor. Zur Stimmabgabe aufgerufen sind 301.572 Personen (2015: 289.602).
Wohl noch mehr als die Gemeindevertretungswahlen stehen die Direktabstimmungen über die Bürgermeistersessel im Mittelpunkt. Direktwahlen sind in 65 der 96 Gemeinden angemeldet, 142 Kandidaten sind wählbar. In 40 Kommunen gibt es "echte" Direktwahlen mit mehr als einem Kandidaten.
Aktuell regieren in 90 der 96 Kommunen Bürgermeister, die entweder der ÖVP angehören oder als der Volkspartei nahe gelten. In vier Orte - Hohenems, Nenzing, Vandans (beide Bez. Bludenz) und Fußach (Bez. Bregenz) - haben FPÖ-Bürgermeistern das Sagen, in zwei - Bürs und St. Gallenkirch im Bezirk Bludenz - Sozialdemokraten. Einen grünen Bürgermeister gab es in Vorarlberg bisher noch nicht.
Völlig offen scheint der Wahlausgang insbesondere in Bludenz zu sein, wo sich ÖVP und SPÖ 2015 ein enges Rennen (ÖVP: 40,5 Prozent, SPÖ: 37,8 Prozent) lieferten. Langzeitbürgermeister "Mandi" Katzenmayer (ÖVP, 69) tritt nicht mehr an, SPÖ-Stadtrat Mario Leiter (55) versucht im zweiten Anlauf nach 2015 den Bürgermeistersessel gegen den jungen ÖVP-Konkurrenten Simon Tschann (28) zu erobern. Leiter war vor fünf Jahren erst in der Stichwahl gescheitert. Zuletzt stellte die SPÖ den Bludenzer Stadtchef von 1970 bis 1995. Eine Stichwahl am 27. September gilt als sicher.
Besondere Spannung verspricht die Ausgangslage auch in Hard am Bodensee, wo Bürgermeister und Gemeindeverbandspräsident Harald Köhlmeier (ÖVP, 48) im vergangenen Dezember völlig überraschend seinen Rücktritt erklärte. 2015 setzte sich die ÖVP mit 46,7 Prozent Stimmenanteil durch. Vizebürgermeisterin Eva Maria Mair (ÖVP, 63), die Köhlmeier nachfolgte, möchte den Bürgermeisterposten behalten und hat dabei unter anderen SPÖ-Landesparteichef Martin Staudinger (41) als Gegner. Auch in Hard geht man von einer Stichwahl aus.
In Bregenz, wo seit 2005 Schwarz-Grün regiert (2015: ÖVP 43,9; SPÖ: 22,9; FPÖ: 15,5; Grüne: 14,0) tritt Michael Ritsch (SPÖ, 52) zum vierten Mal gegen Bürgermeister Markus Linhart (ÖVP, 60) an. Linhart leitet die Geschicke der Stadt seit 1998. In Feldkirch stürzte die ÖVP vor fünf Jahren zwar von 67,6 auf 47,8 Prozent ab, hatte aber immer noch einen mehr als doppelt so hohen Stimmenanteil wie die Grünen bzw. die FPÖ. Dort will Wolfgang Matt (ÖVP, 64) Stadtchef bleiben, nachdem er erst vor gut eineinhalb Jahren die Stadtführung von Wilfried Berchtold (ÖVP, 66) übernommen hat. Um einiges länger im Amt ist seine Kollegin Andrea Kaufmann (ÖVP, 51) in Dornbirn, die bereits seit über sieben Jahren Stadtoberhaupt ist. Sie hat auch beste Chancen, Nachfolgerin von Köhlmeier an der Spitze des Gemeindeverbands zu werden.
Stichwahlen sind in den drei Städten jedenfalls möglich, in Bregenz sogar recht wahrscheinlich. Aber die Ablöse von Linhart dürfte nicht zu erwarten sein, im Fall von Matt und Kaufmann gilt sie praktisch als ausgeschlossen.
Ohne handfeste Wahrscheinlichkeit einer Stichwahl sitzen die Bürgermeister von Lustenau und Hohenems - Kurt Fischer (ÖVP, 57) und Ex-FPÖ-Landeschef Dieter Egger (51) - fest im Sattel. Egger hat sich vor fünf Jahren bei seinem ersten Antreten in der Wiederholung der Stichwahl gegen den damaligen ÖVP-Kandidaten Richard Amann (64) durchgesetzt, ihm wird eine gute Stadtpolitik attestiert.
In Bludenz und Hohenems waren im Dezember 2015 Wahlwiederholungen aufgrund von Unregelmäßigkeiten bei der Ausgabe von Wahlkarten notwendig geworden. Diesbezügliche Probleme sind nach den damaligen Erfahrungen heuer nicht zu erwarten.
Eine Neuheit wird für die Wähler sein, dass es seit der Einführung der Bürgermeister-Direktwahl im Jahr 2000 erstmals zwei getrennte Stimmzettel für die Gemeindevertretungs- und die Bürgermeisterwahl geben wird. Bisher mussten die Wähler auf einem Stimmzettel zwei Kreuze setzen, was zu sehr vielen ungültigen Stimmen geführt hat. Die ÖVP leistete lange großen Widerstand gegen die Umstellung auf zwei Stimmzettel, lenkte aber 2017 ein.
Bei den Wahlen der Gemeindevertretungen treten 220 Listen an, darunter die Landtagsparteien ÖVP, Grüne, FPÖ, SPÖ und NEOS. Auch die Migrantenpartei "Heimat aller Kulturen" (HaK) ist in neun Gemeinden explizit wählbar. In den Gemeindestuben werden wie vor fünf Jahren insgesamt 1.806 Mandate vergeben. 2015 gingen 495 Sitze an ÖVP-Mandatare (2010: 612), 153 (123) an die Freiheitlichen und 122 (69) an Grün-Abgeordnete. Zudem gibt es in den Ländle-Gemeindestuben 101 (115) SPÖ-Mandatare und 887 (845) Vertreter von Namenslisten, von denen die meisten als ÖVP-nahe gelten. Seit der bisher letzten Wahl sitzen auch sechs NEOS-Politiker in Gemeindevertretungen. Die absolute Mandatsmehrheit hat die ÖVP seit 2015 in keiner Stadt des Landes mehr inne, dominant ist sie aber weiter in den großen und mittelgroßen Gemeinden des Landes.
Zusammenfassung
- Der Wahlkampf für die Vorarlberger Gemeindevertretungs- und Bürgermeisterwahlen am 13. September ist noch nicht in Schwung gekommen.
- Einen grünen Bürgermeister gab es in Vorarlberg bisher noch nicht.
- Leiter war vor fünf Jahren erst in der Stichwahl gescheitert.
- In Bludenz und Hohenems waren im Dezember 2015 Wahlwiederholungen aufgrund von Unregelmäßigkeiten bei der Ausgabe von Wahlkarten notwendig geworden.