APA/APA/DIETMAR STIPLOVSEK/DIETMAR STIPLOVSEK

Vorarlberger SPÖ-Politikerin: "Ich hatte eine Abtreibung"

Anders als in den meisten anderen Bundesländern werden in Vorarlbergs Spitälern keine Abtreibungen angeboten. Das sorgt schon seit längerer Zeit für Debatten und Demonstrationen. Die ehemalige SPÖ-Chefin Gabriele Sprickler-Falschlunger erzählt nun ihre eigene Geschichte und will damit Frauen Mut geben.

Nur noch wenige Tage ist Gabriele Sprickler-Falschlunger SPÖ-Vorsitzende in Vorarlberg – ein Amt hält sie de facto nicht mehr inne. Nun bezieht die SPÖ-Politikerin und praktische Ärztin jedoch eine ganz klare Stellung, wenn es um das Thema Abtreibung geht.

Frauen Mut machen

Gegenüber dem "Standard" erzählt sie ihre eigene Geschichte. Ein paar Jahre, "nachdem die Fristenlösung erkämpft wurde", hatte auch sie selbst einen Schwangerschaftsabbruch, da sie ungewollt schwanger geworden war. "Ich war Studentin in Graz und bin dafür nach Wien gefahren", meint Sprickler-Falschlunger.

Lange habe sie darüber nachgedacht, ihre eigene Geschichte öffentlich zu machen. "Ich bekenne mich dazu, und vielleicht hilft das auch der einen oder anderen Frau, die das Gefühl hat, so etwas verheimlichen oder sich dafür zu schämen zu müssen."

Keine Abtreibungen in Vorarlbergs Spitälern

Vergangenen Donnerstag, am "Safe Abortion Day", wurde auf der ganzen Welt für sichere Abtreibungen demonstriert. So auch in der Vorarlberger Landeshauptstadt Bregenz.

Anders als in den meisten anderen Bundesländern werden in Vorarlbergs Spitälern keine Abtreibungen angeboten. Einzige Anlaufstelle ist derzeit ein Bregenzer Privatarzt, der vor dem Pensionsantritt steht. Den Überlegungen des Landes zufolge sollen Abtreibungen zukünftig im Personalwohnheim neben dem Bregenzer Landeskrankenhaus stattfinden.

Bis diese Lösung umgesetzt werden kann, wird allerdings noch ein Jahr vergehen. Wo nach der Pensionierung des Bregenzer Privatarzts, der Ende des Jahres seine Praxis zusperren wird, Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden, ist noch offen.

Dass als Übergangslösung doch ein Anbau des Bregenzer Krankenhauses für Schwangerschaftsabbrüche genutzt werden sollte, hatte für große öffentliche Aufregung gesorgt. Diese Pläne sind nun abgeblasen, Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) ist auf der Suche nach Räumlichkeiten.

Vorarlberg: Keine Chance auf Abtreibung

"Diese medizinische Leistung gehört in ein Spital"

Das Thema Schwangerschaftsabbrüche habe Sprickler-Falschlunger auch als Ärztin jahrelang in ihrer Praxis begleitet. Was ihre Patientinnen erleben mussten, könne man als "psychische Körperverletzung" beschreiben, kritisiert sie. So habe eine Patientin ihr erzählt, Demonstranten hätten vor der Praxis versucht, "blutverströmte Plastik-Embryos um ihren Hals zu hängen".

"Auch deshalb gehört diese medizinische Leistung in ein Spital. Es ist sicher und anonym", betont die SPÖ-Politikerin.

Wenn es um ihre eigene Geschichte geht, war die Vorarlberger Politikerin dankbar dafür, dass die Fristenregelung erkämpft wurde. "Wenn Johanna Dohnal dieses Recht nicht erkämpft hätte, dann hätte ich mich in irgendein Hinterzimmer zu irgendeinem schmuddeligen Abtreiber begehen müssen", erzählt sie.

"Scheinheiligkeit und fundamentalistische Aggression"

Bis vor wenigen Jahren sei das Thema Abtreibung ein absolutes Tabu-Thema gewesen. "1998 hatte ich eine Diskussion mit dem damaligen Bischof und dem damaligen Gesundheitslandesrat. Das war eine Stimmung, dass man persönlich angegriffen wurde, wenn man sich für das Recht auf Abtreibung aussprach."

Sie habe danach "Anrufe und Schmuddelbriefe" bekommen. Die "unglaubliche Vorarlberger Scheinheiligkeit und die fundamentalistische Aggression aus Kirchenkreisen" sei ein "Wahnsinn" gewesen.

"Politische Feigheit" in Vorarlberg

Aber auch in der Vorarlberger Politik sieht Sprickler-Falschlunger eine gewisse Scheinheiligkeit. "Entweder der Landeshauptmann sagt, die Fristenregelung ist okay. Dann muss er dafür sorgen, dass die Frauen bestens betreut sind. Und das ist im Spital. Wenn man in der ÖVP nicht der Meinung ist, dass die Fristenlösung in Ordnung ist, dann sollen sie sich hinstellen und dazu stehen. Alles andere ist politische Feigheit. Es gibt nichts dazwischen."

Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) sagte am Dienstag: "Lebensschutz und Fristenregelung unter einen Hut zu kriegen ist keine leichte Aufgabe." Er sehe seine Aufgabe als Landeshauptmann darin, zu sagen: "Wir rennen weder in die eine Richtung noch in die andere Richtung ins Extreme."

Abtreibungen sollen wie bisher in einer Privatpraxis möglich bleiben.

ribbon Zusammenfassung
  • Anders als in den meisten anderen Bundesländern werden in Vorarlbergs Spitälern keine Abtreibungen angeboten.
  • Das sorgt schon seit längerer Zeit für Debatten und Demonstrationen. 
  • Die ehemalige SPÖ-Chefin Gabriele Sprickler-Falschlunger erzählt nun ihre eigene Geschichte und will damit Frauen Mut geben.