Von der Leyen verteidigt EU-Impfstoff-Beschaffung
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die Kritik an der Beschaffung von Corona-Impfstoffen zurückgewiesen. Es führe in die Irre, anzunehmen, ein früherer Vertragsabschluss hätte zu einer schnelleren Lieferung geführt, sagte von der Leyen in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". Vielmehr liege der Engpass jetzt an komplexen Herstellungsprozessen und einem Mangel an wichtigen Inhaltsstoffen.
"Ja, es dauert vielleicht länger, Entscheidungen zu 27 zu treffen als allein", räumte von der Leyen ein. Deutschland und andere Staaten hätten den Impfstoffkauf aus ihrer Sicht auch alleine schaffen können - aber mit möglichen Folgen für die Einheit Europas, Binnenmarkt und Wohlstand. "Das wäre an die Grundfeste Europas gegangen", warnte die CDU-Politikerin.
Vorwurf
Von der Leyen wies auch den Vorwurf zurück, die EU-Kommission habe für die 27 Mitgliedsstaaten zu spät geordert. Hätte man die Schwierigkeiten der Massenproduktion früh erkannt, dann "hätten wir früher auf allen Ebenen überhöhten Erwartungen an eine schnelle Impfung gedämpft". Nun gelte: "Wir müssen uns schon heute auf ein Szenario vorbereiten, in dem das Virus nicht mehr mit den derzeitigen Impfstoffen ausreichend unterdrückt werden kann." Deshalb arbeite die EU eng mit Wissenschaft und Industrie zusammen, um rasch Impfstoffe gegen künftige Corona-Varianten entwickeln, zulassen und herstellen zu können." Als Lehre "aus den Schwachpunkten" des vergangenen Jahres sollten Produktionskapazitäten in Europa ausgebaut werden.
Warnung von Kurz und Co.
In den USA hat das Pharmaunternehmen Johnson & Johnson bereites eine Notzulassung für ihren Corona-Impfstoff beantragt, für die EU soll er in den kommenden Wochen folgen. Dennoch warnen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der tschechische Premierminister Andrej Babiš, Dänemarks Premierministerin Mette Frederiksen und Griechenlands Premier Kyriakos Mitsotakis in einem Brief an Kommissons-Chefin Ursula von der Leyen vor Lieferproblemen. Die Regierungschefs wurden laut dem Brief "darüber informiert, dass der Johnson & Johnson-Impfstoff offenbar für Abfüllung und Abfertigung in die USA versandt werden muss."
Johnson & Johnson bestätigt auf PULS 24 Anfrage, dass "mehrere Produktionsstätten, mitunter in verschiedenen Ländern, an der Herstellung des Impfstoffkandidaten beteiligt sind". Auf der vom Unternehmen zugesendeten Grafik ist zu erkennen, dass es in Summe sechs Standorte gibt, in denen eine Abfüllung und Abfertigung (Fill-finish) durchgeführt wird. Unter anderem in Spanien und Italien.
Eine mögliche Lieferverzögerung wird nicht bestätigt. "Unser Zeitplan für die Produktion ermöglicht ein Einhalten unserer Lieferverpflichtungen für das Gesamtjahr 2021, welche wir den Regierungen und globalen Organisationen zugesagt und unterzeichnet haben", heißt es in dem schriftlichen Statement. Ebenfalls stehe das Unternehmen "in regelmäßigem Austausch mit der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten, um die Liefersituation sowie auftretende Fragen zu diskutieren".
Zusammenfassung
- EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die Kritik an der Beschaffung von Corona-Impfstoffen zurückgewiesen.
- Es führe in die Irre, anzunehmen, ein früherer Vertragsabschluss hätte zu einer schnelleren Lieferung geführt, sagte von der Leyen in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung".
- Vielmehr liege der Engpass jetzt an komplexen Herstellungsprozessen und einem Mangel an wichtigen Inhaltsstoffen.