Vier Jahre Ibiza: Geheime Aufnahmen, die Österreich veränderten
Jänner 2017
Im Jänner 2017 soll eine Immobilienmaklerin an Tajana, die Frau von Johann Gudenus, damals Vizebürgermeister von Wien (FPÖ), herantreten und ihr von einer vermeintlich russischen Oligarchen-Nichte erzählen, die sich für Immobilien der Familie Gudenus interessiert. Damit sollen die Vorbereitungen für die spätere Video-Falle zu laufen begonnen haben.
24. März 2017
Ein Wiener Anwalt stellt Johann Gudenus die vermeintliche Oligarchen-Nichte vor.
24. Juli 2017: Der folgenschwere Abend auf Ibiza
Während eines Ibiza-Urlaubs treffen Johann Gudenus und Heinz-Christian Strache, damals FPÖ-Chef, die vermeintliche Oligarchen-Nichte in einer Finca auf Ibiza. Was sie nicht wissen: Das Treffen wird geheim aufgezeichnet. Gudenus und Strache sprechen über mögliche Investitionen und Parteispenden. Bei reichlich Red-Bull-Vodka reden die Politiker von einer Übernahme der "Kronen Zeitung", prahlen, dass Gaston Glock, Heidi Horton, René Benko und Novomatic an einen FPÖ-nahen Verein gespendet hätten, was diese später vehement bestritten, und versprechen der vermeintlichen Oligarchin Bauaufträge, die sonst die STRABAG bekommen würde. Die Falle schnappt zu.
4. September 2017
Noch sind die Aufnahmen der Öffentlichkeit nicht bekannt. Der Inhalt einer Presseaussendung der FPÖ gegen den STRABAG-Miteigentümer Hans-Peter Haselsteiner fällt kaum jemandem auf. Bei einem Treffen im August 2017 soll ein Vertrauensmann der vermeintlichen Oligarchin die FPÖ zu dieser Aussendung bewegt haben. Die Aussendung endet mit dem Kürzel: "wer/zah/lts/chaf/ft/an". Das wurde jedoch erst durch Artikel der "Süddeutschen Zeitung" und des "Spiegel" im Mai 2019 bekannt.
15. Oktober 2017
Bei der Nationalratswahl 2017 legen ÖVP und FPÖ zu. Es kommt zur türkis-blauen Koalition mit Sebastian Kurz (ÖVP) als Kanzler und Heinz-Christian Strache (FPÖ) als Vizekanzler.
Juni 2018
Im Finanzministerium werden Pläne für eine Liberalisierung des Glücksspielsektors geschmiedet. Finanzminister war Hartwig Löger (ÖVP).
27. März 2019
Thomas Schmid, bis dahin Generalsekretär im Finanzministerium, wird zum ÖBAG-Chef gemacht.
28. März 2019
FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo wird Finanzvorstand der Casinos Austria.
13. April 2019
Der deutsche Satiriker Jan Böhmermann macht bei der Romy-Verleihung erste Anspielungen auf das Ibiza-Video. Später wird ihm deswegen vorgeworfen, den Quellenschutz von Julian Hessenthaler, der Böhmermann vom Video erzählt hatte, nicht ausreichend gewürdigt zu haben.
17. Mai 2019: Das Ibiza-Video wird veröffentlicht
"Süddeutsche Zeitung" und "Spiegel" veröffentlichen um 18 Uhr zeitgleich Ausschnitte aus dem Ibiza-Video.
18. Mai 2019
Heinz-Christian Strache tritt als Vizekanzler zurück, Johann Gudenus legt alle Funktionen in der FPÖ nieder. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) schlägt Bundespräsident Alexander Van der Bellen Neuwahlen vor. Zuerst soll versucht worden sein, die Koalition mit der FPÖ ohne dem damaligen Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) fortzusetzen. Die FPÖ stimmte dem nicht zu.
19. Mai 2019
Johann Gudenus tritt aus der FPÖ aus. "Süddeutsche Zeitung" und "Spiegel" veröffentlichen Berichte über die Presseaussendung der FPÖ vom 4. September 2017 und schreiben über weitere Kontakte zur vermeintlichen Oligarchen-Nichte. Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) kündigt Neuwahlen im Burgenland für Jänner 2020 an und beendet so die Koalition mit der Landes-FPÖ.
20. Mai 2019
Sebastian Kurz bittet Alexander Van der Bellen um die Entlassung von Herbert Kickl - alle FPÖ-Regierungsmitglieder treten zurück. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) leitet Ermittlungen gegen Johann Gudenus wegen des Verdachts auf Untreue, Anstiftung zur Untreue und Vorteilsannahme zur Beeinflussung ein. Es geht um das blaue Vereinsnetzwerk und Spenden. Mittlerweile wurden die Ermittlungen gegen Gudenus eingestellt.
Im Bundeskriminalamt wird die "SOKO Tape" eingerichtet.
22. Mai 2019
Die zurückgetretenen FPÖ-Minister werden durch Experten ersetzt.
24. Mai 2019
Heinz-Christian Strache erstattet Anzeigen gegen den Anwalt, den unbekannten Lockvogel und den Detektiv, die hinter dem Ibiza-Video stecken sollen. Die Staatsanwaltschaft Wien leitet drei Tage später ein Ermittlungsverfahren ein.
26. Mai 2019
Europawahl: Die ÖVP ist großer Gewinner - sie kommt auf 34,55 Prozent. Die FPÖ verliert 2,5 Prozentpunkte und kommt auf 17,2 Prozent.
27. Mai 2019: Nationalrat spricht Regierung das Misstrauen aus
Der Regierung unter Sebastian Kurz wird das Misstrauen ausgesprochen. Nur ÖVP und NEOS stimmen dagegen.
30. Mai 2019
Die "Vengaboys" treten mit ihrem Hit "We're going to Ibiza" bei einer Demonstration gegen Korruption vor dem Bundeskanzleramt auf. Der Song aus dem Jahr 1999 klettert die österreichischen Charts hoch.
1. Juni 2019: Die Ermittlungen in der Casinos-Affäre beginnen
Nach einer anonymen Anzeige startet die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Ermittlungen über die Hintergründe zur Bestellung von Peter Sidlo als Finanzvorstand der Casinos Austria AG (CASAG). Anlass ist unter anderem auch Straches Aussage auf Ibiza: "Die Novomatic zahlt alle."
3. Juni 2019
Brigitte Bierlein wird erste Bundeskanzlerin Österreichs und steht an der Spitze einer Übergangs-Beamtenregierung.
13. Juni 2019
Die WKStA ermittelt auch gegen Strache wegen des Verdachts der Untreue wegen angeblicher Parteispenden über Vereine. Wie bei Johann Gudenus wurden diese Ermittlungen mittlerweile eingestellt.
Ende Juni 2019
Die SPÖ erreicht eine einstweilige Verfügung gegen Sebastian Kurz. Dieser hatte wiederholt behauptet, der frühere Berater von Ex-SPÖ-Chef Christian Kern, Tal Silberstein, stecke hinter dem Ibiza-Video. Er kann das nicht beweisen.
12. August 2019: Hausdurchsuchungen in der Casinos-Affäre
Bei Heinz-Christian Strache, Johann Gudenus, Peter Sidlo und den Novomatic-Chefs Harald Neumann und Johann Graf finden Hausdurchsuchungen statt. Es steht der Verdacht im Raum, es habe einen Deal gegeben, den FPÖ-Politiker Peter Sidlo zum Casinos-Finanzvorstand zu machen - im Gegenzug soll die FPÖ eine Liberalisierung des Glücksspiels versprochen haben. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Bei der Durchsuchung wird Neumanns Handy gesichert, auf dem Nachrichten gefunden werden, die zu Ermittlungen gegen den späteren Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) führen. "Guten Morgen, hätte eine Bitte: bräuchte einen kurzen Termin bei Kurz (erstens wegen Spende und zweitens bezüglich einen Problemes das wir in Italien haben!", soll Neumann an Blümel im Juli 2017 geschrieben haben. Es steht der Verdacht im Raum, der frühere Novomatic Chef könnte an die ÖVP gespendet haben, damit Blümel dafür sorgt, dass Kurz ein Steuerproblem des Konzerns in Italien klärt. Neumann und Blümel bestreiten die Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung.
14. September 2019
Norbert Hofer wird zum Bundesparteiobmann der FPÖ gewählt. Am 1. Juni 2021 wird er zurücktreten. Sein Nachfolger wird Herbert Kickl sein.
23. September 2019: Ermittlungen in der Spesenaffäre
Die Ermittlungen in der sogenannten Spesenaffäre werden bekannt. Strache wird Untreue vorgeworfen - die Ermittlungen dauern bis heute an. Strache drohen bis zu 10 Jahre Haft. Es geht um den Vorwurf, Strache habe Privatausgaben als Spesen über die FPÖ abgerechnet. Es gilt die Unschuldsvermutung. Beweise soll unter anderem ein ehemaliger Bodyguard Straches, Oliver Ribarich, seit 2013 gesammelt haben. Der "Ibiza-Detektiv" Julian Hessenthaler sagt später im Ibiza-U-Ausschuss aus, dass es das Video gar nicht gebraucht hätte, wenn die Polizei einer Anzeige des Bodyguards nachgegangen wäre. Ribarich soll laut Hessenthaler über einen Anwalt indirekt den Anstoß fürs Ibiza-Video gegeben haben.
29. September 2019: Neuwahlen
ÖVP und Grüne sind die großen Gewinner. Ab Jänner gibt es eine türkis-grüne Koalition. Die FPÖ stürzt auf 16,2 Prozent ab.
1. Oktober 2019
Strache gibt seinen Rückzug aus der Politik bekannt, die FPÖ suspendiert ihren einstigen Parteichef.
12. November 2019: Die Casinos-Affäre erreicht die ÖVP
In der Causa Casinos bzw. CASAG findet eine zweite Welle an Hausdurchsuchungen statt - beim ehemaligen Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) und den Casinos-Aufsichtsratsmitgliedern Josef Pröll und Walter Rothensteiner sowie bei ÖBAG-Chef Thomas Schmid. Auch Löger und Pröll sollen sich für die Bestellung Sidlos stark gemacht haben, sie sollen vom Deal mit der FPÖ gewusst haben, so der Vorwurf. Schmid gilt als Beitragstäter. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.
In dieser Hausdurchsuchung wird übrigens das Handy von Thomas Schmid bzw. ein Backup davon sichergestellt. Hunderttausende Nachrichten, die darauf gefunden wurden, beschäftigen die Justiz noch immer. (Mehr dazu weiter unten).
2. Dezember 2019
Peter Sidlo wird vom Casinos-Aufsichtsrat als Finanzvorstand abberufen.
12. Dezember 2019
Mehrere Wiener FPÖ-Politiker treten aus der Partei aus und gründen die "Allianz für Österreich". Daraus wurde schließlich das "Team HC Strache", mit dem Strache sein politisches Comeback im Wien-Wahlkampf versuchte.
13. Dezember 2019
Strache wird endgültig aus der FPÖ ausgeschlossen.
22. Jänner 2020
Der Ibiza-Untersuchungsausschuss wird eingesetzt.
21. April 2020
Die SOKO Tape findet Teile des Ibiza-Videos. Die WKStA wird allerdings nicht informiert, wie später bekannt wird. Die SOKO veröffentlicht außerdem umstrittene Fahndungsfotos der vermeintlichen Oligarchen-Nichte.
8. Mai 2020
Das Bundeskriminalamt übergibt die gefundenen Teile des Ibiza-Videos an die Staatsanwaltschaft Wien und die WKStA.
4. Juni 2020 Ibiza-U-Ausschuss nimmt Arbeit auf
Der erste Zeuge ist "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk, der das Video vor Veröffentlichung durch "SZ" und "Spiegel" in Ausschnitten sehen durfte.
24. Juni 2020
Sebastian Kurz und Thomas Schmid werden im U-Ausschuss zur Bestellung von Thomas Schmid zum ÖBAG-Chef befragt. Wegen dieser Aussage wird nun gegen Sebastian Kurz wegen mutmaßlicher Falschaussage vor dem U-Ausschuss ermittelt. Gerüchteweise soll die Anklage bald fertig sein. Es gilt die Unschuldsvermutung.
19. Juli 2020
Thomas Schmid soll die Ausschreibung für seinen ÖBAG-Posten selbst geschrieben haben. "Presse" und "Kurier" zitierten aus Chatprotokollen, die das belegen sollen. Die Ausschreibung soll er auf sich zugeschnitten und den Aufsichtsrat, der ihn später zum ÖBAG-Vorstand bestellt, selbst ausgesucht haben.
11. Oktober 2020
Landtagswahl in Wien: Die FPÖ stürzt auf 7,1 Prozent ab, das "Team HC" kommt auf 3,27 Prozent und zieht nicht in den Landtag ein. Das Ergebnis reicht aber für einige Bezirksratssitze.
4. Dezember 2020
Der Verfassungsgerichtshof entscheidet, dass das Justizministerium dem U-Ausschuss das Ibiza-Video liefern muss.
10. Dezember 2020
Der "Ibiza-Detektiv" Julian Hessenthaler wird in Berlin festgenommen.
11. Februar 2021: Hausdurchsuchung bei Gernot Blümel
Wegen der SMS des damaligen Novomatic-Chefs Harald Neumann an Blümel im Juli 2017 (siehe oben) findet eine Hausdurchsuchung bei Blümel statt. Er war zu dem Zeitpunkt schon Finanzminister. Blümel bestreitet Spendenannahmen. Es gilt die Unschuldsvermutung.
2. März 2021
Ein Kammergericht in Berlin entscheidet über die Auslieferung von "Ibiza-Detektiv" Julian Hessenthaler nach Österreich. Allerdings wird der Auslieferung wegen des Verdachts des Drogenhandels stattgegeben, nicht wegen der Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Ibiza-Video. In Österreich wird Hessenthaler in Untersuchungshaft genommen.
3. März 2021
Der Verfassungsgerichtshof entscheidet, dass Gernot Blümels Finanzministerium dem U-Ausschuss sämtliche "abstrakt relevanten" Akten zur Verfügung stellen muss. Es ging unter anderem um Korrespondenzen mit Thomas Schmid und Hartwig Löger.
28. März 2021: "Kriegst eh alles, was du willst"
Der Ibiza-Untersuchungsausschuss erhält von der WKStA Chatnachrichten, die zeigen, wie Thomas Schmid 2019 ÖBAG-Chef wurde. Anlass für die Ermittlungen war die Casinos-Causa. Es besteht der Verdacht, dass die Besetzung Sidlos mit jener Schmids verschränkt sein könnte. Die Beteiligten bestreiten das. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Die Chats sind jedenfalls legendär: Bevor Schmid ÖBAG-Chef wurde soll ihm Kurz versichert haben: "Kriegs eh alles, was du willst." Schmid antwortete: "Ich liebe meinen Kanzler." Gernot Blümel (damals noch Kanzleramtsminister von Kurz) soll Schmid versichert haben: "Du bist Familie." Als die gesetzliche Grundlage für den ÖBAG-Posten geschaffen wurde, schrieb Blümel: "Schmid AG fertig."
15. April 2021
Anklage gegen Strache im Prikraf-Verfahren: Zurückgehend auf Nachrichten, die auf Straches Handy in den Casinos-Ermittlungen gefunden wurden, erstattet die WKStA Anklage gegen Strache und Privatklinikbetreiber Walter Grubmüller. Es geht um zwei Parteispenden, die Grubmüller 2016 und 2017 an die FPÖ tätigte. Als Gegenleistung setzte sich Strache für seinen Freund ein. Seine Klinik durfte dadurch an den Finanzierungsfonds für Privatkliniken (Prikraf) andocken.
25. April 2021
Dominik Nepp wird zum Chef der FPÖ-Wien gewählt. Er hatte die Position zuvor interimistisch von Strache übernommen.
5. Mai 2021
Der Verfassungsgerichtshof stellt den Antrag, dass der Bundespräsident die Akten aus dem Finanzministerium, die an den U-Ausschuss geliefert werden sollten, exekutieren lässt.
12. Mai 2021: WKStA startet Ermittlungen gegen Kurz
Gegen den damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz und seinen Kabinettschef Bernhard Bonelli werden Ermittlungen aufgenommen. Beide sollen vor dem U-Ausschuss falsch ausgesagt haben. Kurz hatte im Juni 2020 als Auskunftsperson gesagt, dass er in die Bestellung von Schmid zum ÖBAG-Chef nur informiert, aber nicht eingebunden gewesen sei. Chats von Schmids Handy würden anderes nahelegen, so der Vorwurf. Kurz wird als Beschuldigter geführt. Es gilt die Unschuldsvermutung.
8. Juni 2021: Rücktritt von Thomas Schmid
Der ÖBAG-Aufsichtsrat und Thomas Schmid hätten gemeinsam entschieden, dass die sofortige Beendigung der Vorstandstätigkeit von Thomas Schmid einen notwendigen Schritt für die ÖBAG darstellt, wird in einer Aussendung mitgeteilt. Die Ermittlungen gegen Schmid und letztendlich die neuen Chats (siehe oben) bringen das Fass dann doch zum Überlaufen. Schmid hatte davor betont, seien Vertrag mit März 2022 auslaufen lassen zu wollen.
Zuvor waren im Rahmen des Ibiza-Untersuchungsausschusses noch weitere Chats von Thomas Schmid aufgetaucht. Unter anderem beschwert er sich darüber, dass er als ÖBAG-Chef keinen Diplomatenpass habe. "Oh Gott, reisen wie der Pöbel", schrieb er da etwa.
24. Juni 2021
Bundespräsident Alexander Van der Bellen beauftragt das Wiener Landesgericht für Strafsachen mit der Exekution der Aktenlieferung aus dem Finanzministerium.
27. August 2021: Strache erstinstanzlich verurteilt
Strache wird im Prikraf-Verfahren (siehe oben) wegen Bestechlichkeit vorerst zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt. Privatklinikbetreiber Walter Grubmüller erhält zwölf Monate bedingte Haft wegen Bestechung. Beide bekämpften das Urteil und wurden mittlerweile rechtskräftig freigesprochen (siehe unten).
8. September 2021
Der Drogenprozess gegen den "Ibiza-Detektiv" Julian Hessenthaler startet in St. Pölten.
6. Oktober 2021 Hausdurchsuchungen bei der ÖVP
Bei den engsten Vertrauten von Sebastian Kurz im Bundeskanzleramt, im Finanzministerium und in der ÖVP-Zentrale werden in der sogenannte ÖVP-Inseratenaffäre Hausdurchsuchungen durchgeführt. Es geht um den Verdacht von Geldflüssen gegen geschönte Umfragen, die in der Zeitung "Österreich" in den Jahren 2016 und 2017 veröffentlicht worden sein sollen.
Im Rahmen des "Projekts Ballhausplatz" soll Sebastian Kurz an die Parteispitze und schließlich ins Kanzleramt gebracht worden sein. Ermittelt wird unter anderem gegen Sebastian Kurz wegen des Verdachts der Untreue und der Bestechlichkeit, gegen Thomas Schmid, die ehemalige Familienministerin Sophie Karmasin und die Meinungsforscherin Sabine Beinschab sowie gegen die Brüder Wolfgang und Helmuth Fellner von der Mediengruppe "Österreich". Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.
Zu den Hausdurchsuchungen führen abermals Chats aus dem Handy von Thomas Schmid, das im Zuge der Casinos-Ermittlungen sichergestellt wurde. "Und Fellner ist ein Kapitalist. Wer zahlt schafft an. Ich liebe das", soll Schmid etwa über das sogenannte "Beinschab-'Österreich'-Tool" geschrieben haben.
8. Oktober 2021
Der grüne Koalitionspartner der ÖVP verlangt eine "untadelige Person" im Amt des Bundeskanzlers.
9. Oktober 2021
Sebastian Kurz macht einen "Schritt zur Seite", tritt als Bundeskanzler zurück und wechselt in die Funktion des Klubobmanns der ÖVP im Parlament.
11. Oktober 2021
Der bisherige Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) wird Bundeskanzler.
12. Oktober 2021
Meinungsforscherin Sabine Beinschab wird vorübergehend (bis 14. Oktober) festgenommen.
29. Oktober 2021
Meinungsforscherin Sabine Beinschab bekundete Interesse am Kronzeugenstatus. Mittlerweile hat sie ihn.
18. November 2021
Der Nationalrat hebt die Immunität von Sebastian Kurz auf.
2. Dezember 2021: Sebastian Kurz tritt zurück
Sebastian Kurz zieht sich endgültig aus der Politik zurück. Er begründet den Schritt unter anderem mit der Geburt seines Sohnes. Alexander Schallenberg tritt als Bundeskanzler zurück, ebenso Gernot Blümel als Finanzminister.
3. Dezember 2021
Auch Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) gibt seinen Rücktritt bekannt.
6. Dezember 2021
Karl Nehammer (ÖVP) wird Bundeskanzler, er war davor Innenminister. Er übernimmt auch die Rolle als Bundesparteiobmann der ÖVP von Kurz.
9. Dezember 2021
Der Nationalrat setzt den ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss ein.
20. Dezember 2021: "Die Hure für die Reichen"
Es wird bekannt, dass die WKStA seit Juli in einer weiteren Causa gegen Thomas Schmid ermittelt. Es geht um den Verdacht der Bestechlichkeit bzw. Bestechung. Schmid könnte in seiner Zeit als Generalsekretär im Finanzministerium MAN-Investor Siegfried Wolf 630.000 Euro Steuerschulden erlassen haben. Eine hohe Beamtin soll ein Auge zugedrückt und dafür in der Karriereleiter aufgestiegen sein. Auch René Benko soll er die Steuerbehörden vom Hals gehalten haben. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Wieder sind es Chats von Thomas Schmid, die die Verdachtslage erhärten: "Vergiss nicht – du hackelst im ÖVP Kabinett!! Du bist die Hure für die Reichen!", soll Schmid etwa einem Kabinettsmitarbeiter geschrieben haben.
25. Februar 2022
Sabine Beinschab hat in ihrer Einvernahme vor der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) den Ermittlern zahlreiche neue Hinweise in der ÖVP-Korruptionsaffäre gegeben. Sie belastet die ehemalige ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin. Beinschab bekommt den Kronzeugenstatus.
2. März 2022
Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss startet. Als erste Auskunftsperson ist Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer geladen. Thomas Schmid erscheint vorerst nicht, er soll seinen Wohnsitz inzwischen nach Amsterdam verlegt haben.
Die ehemalige Familienministerin und Meinungsforscherin Sophie Karmasin wird festgenommen. Sie soll Ideengeberin des "Beinschab-'Österreich'-Tools" sein. Am 4. März kommt sie in Untersuchungshaft. Es gilt die Unschuldsvermutung.
28. März 2022
Sophie Karmasin wird aus der U-Haft entlassen. Sie darf nicht ins Ausland reisen und keinen Kontakt zu anderen Beschuldigten aufnehmen.
30. März 2022: Hessenthaler verurteilt
Der Ibiza-Detektiv wird wegen Kokainhandels zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt.
29. Juli 2022
Strache wird in einem zweiten Prozess wegen Korruptionsverdachts freigesprochen. Es ging um die Vorwürfe, Strache habe Immobilienunternehmer Siegfried Stieglitz einen Aufsichtsratsposten bei der staatlichen Autobahngesellschaft Asfinag verschafft. Der Freispruch erfolgte im Zweifel.
3. August 2022
Kronzeugenstatus für Sabine Beinschab. Oberstaatsanwaltschaft und Justizministerium haben dem Verlangen der WKStA zugestimmt.
18. Oktober 2022: Geständnis von Thomas Schmid
Thomas Schmid legte vor der WKStA ein umfassendes Geständnis ab, um einen Kronzeugenstatus zu erhalten. Seit April 2022 soll er im CASAG-Verfahrenskomplex mit der WKStA kooperieren, seit Juni fanden insgesamt 15 ganztägige Vernehmungen statt. Er belastet unter anderem Sebastian Kurz, Wolfgang Sobotka, René Benko, Sophie Karmasin, Gerald Fleischmann, Johannes Frischmann, die Medienmacher Wolfgang und Helmuth Fellner, Hans Jörg Schelling und August Wöginger. Für alle gilt die Unschuldsvermutung, Schmid werden vor allem von Sebastian Kurz seither Lügen vorgeworfen.
10. Jänner 2023: Strache freigesprochen
Der ehemalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und der Privatklinik-Betreiber Walter Grubmüller sind in der zweiten Auflage des Prikraf-Prozesses freigesprochen worden. In dem Verfahren, das wiederholt werden musste, ging es um einen vermuteten Gesetzeskauf im Zusammenhang mit der Privatklinik Währing. Im Gegensatz zum ersten Prozess sah das Gericht keinen Beweis für Korruption.
15. Februar 2023
ÖVP-U-Ausschuss endet offiziell. In einem Schlussbericht werden diverse Empfehlungen ausgesprochen. Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl sieht die ÖVP nicht entlastet. In Sachen ÖVP-Inseratenaffäre habe der U-Ausschuss hingegen laut Schlussbericht keine konkreten Hinweise liefern können. Vor allem Thomas Schmid hatte seine Aussage verweigert - er kooperierte mit der WKStA und wollte den Verfahren nicht vorgreifen.
13. März 2023: Hessenthaler auf freiem Fuß
Der "Ibiza-Detektiv" Julian Hessenthaler wird aus der Haft entlassen. Er trägt eine Fußfessel, geht einer Beschäftigung in Wien nach und gibt regelmäßig Interviews. Gegen seine Verurteilung bringt er eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ein.
30. März 2023: "Krone" und "Heute" werden in Inseraten-Affäre belastet
In den Büros von "Heute"-Herausgeberin Eva Dichand kommt es zu Hausdurchsuchungen, nachdem diese von Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid schwer belastet wurde. Die WKStA ermittelt wegen Verdacht auf Inseratenkorruption gegen das Ehepaar Dichand, Sebastian Kurz und weitere Beschuldigte. Eva Dichand wies die Anschuldigungen als falsch zurück.
25. April 2023: Prozess gegen Sophie Karmasin startet
Mit Ex-Familienministerin Sophie Karmasin steht nun die erste hochrangige ÖVP-Ministerin seit den Ibiza-Ermittlungen vor Gericht. Drei Prozesstage gab es mittlerweile. Es geht um Vorwürfe des schweren Betrugs bei Entgeltfortzahlungen nach ihrer Zeit als Ministerin und um mutmaßlich wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Vergabeverfahren rund um Studien, die sie als Meinungsforscherin für das Sportministerium machte. Zuletzt wurde sie vor Gericht von Sabine Beinschab schwer belastet. Am kommenden Dienstag könnte es Urteile geben.
Die FPÖ liegt derzeit in Umfragen wieder an erster Stelle. In zwei Bundesländern regiert sie mit der ÖVP - mit Salzburg eventuell bald in drei Ländern. Die großen Prozesse - vor allem in der ÖVP-Inseraten-Affäre stehen noch aus.
... to be continued ...
Zusammenfassung
- In Österreich könnte man "am Rechnungshof vorbei" über Vereine an Parteien spenden und "die Novomatic zahlt alle" - Aussagen, die am 24. Juli 2017 auf Ibiza getätigt wurden, veränderten die Republik.
- Am 17. Mai 2019, vor vier Jahren, gelangten Aufnahmen davon an die Öffentlichkeit.
- Ein PULS 24-Überblick über die wichtigsten Ereignisse.