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Unklarheit über Österreichs OSZE-Ambitionen

Schrödingers Katze scheint jüngst auch in der Wiener Hofburg herumgegeistert zu sein, und zwar in jenem Trakt, in dem die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) tagt. Berichten zufolge hat nämlich die Aussicht auf eine FPÖ-geführte Bundesregierung etwas scheitern lassen, was nie angestrebt wurde: Die Übernahme des OSZE-Vorsitzes durch Österreich. Ob der "Kickl-Faktor" so bedeutend war wie von der ÖVP dargestellt, ist aber fraglich.

Auslöser der Diskussion ist ein Bericht in der Tageszeitung "Die Presse" (Mittwochsausgabe), wonach einigen westlichen Staaten die Aussicht auf einen OSZE-Vorsitz unter Führung "einer notorisch Kreml-freundlichen Partei" nicht geheuer gewesen sei. Während ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker konstatierte, dass FPÖ-Chef Herbert Kickl dem internationalen Ansehen Österreichs schade, und sein FPÖ-Pendant Christian Hafenecker mit einem Verweis auf Aussagen von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) konterte, dass es keine "Intervention" gegen Österreich gegeben habe, zeigen Erkundigungen bei OSZE-Diplomaten kein eindeutiges Bild.

"Österreich wurde nicht ausführlich diskutiert, weil die EU schon einen akzeptablen Alternativkandidaten hatte", hieß es am Mittwoch gegenüber der APA aus dem Außenministerium eines europäischen OSZE-Staates. Von diesem wurde darauf verwiesen, dass ursprünglich Russland Österreich als neutralen Staat ins Spiel gebracht hatte und Malta eben diese Anforderung erfüllte.

Ähnlich äußerte sich der OSZE-Diplomat eines anderen EU-Staates. Österreich habe vor längerer Zeit seine grundsätzliche Bereitschaft erklärt, einzuspringen, sei aber nie offizieller Kandidat gewesen, betonte er gegenüber der APA. Als Malta kandidiert habe, sei die Sache erledigt gewesen. "Mir ist nicht bekannt, dass eine mögliche FPÖ-Regierungsbeteiligung Thema gewesen wäre." Österreich hätte es wohl geschafft, wenn es kandidiert hätte, hieß es auf Nachfrage.

Hingegen sagte ein Nicht-EU-Diplomat sehr wohl, dass "einige EU-Delegationen" informell über einen möglichen OSZE-Vorsitz Österreich diskutiert hätten. Dabei dürfte es auch um Österreichs Schengen-Veto gegangen sein. "Rumänien war auch nicht glücklich mit dieser Idee aus bilateralen Gründen. Aber das waren nur informelle Gespräche", hieß es von dem Diplomaten gegenüber der APA. Weil er bei diesen Gesprächen nicht dabei gewesen sei, könne er nicht bestätigen, ob der Name von FPÖ-Chef Kickl erwähnt worden sei. "Aber die Meinung war, dass sich die Vision und die Zugänge der Regierung nach den Wahlen wesentlich verändern können. Da ging es um die potenzielle Rolle der FPÖ."

Aus OSZE-Kreisen verlautete gegenüber der APA zudem, dass Malta von mehreren Staaten bezüglich einer Übernahme des Vorsitzes angesprochen worden sei. Dies deutet darauf hin, dass sich das Augenmerk der anderen Mitgliedsstaaten nicht gerade auf den OSZE-Sitzstaat Österreich richtete, das bereits in den Jahren 2000 und 2017 am Ruder der Sicherheitsorganisation gesessen war.

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) lässt indes keinen Zweifel daran, dass die Aussicht auf einen Bundeskanzler Herbert Kickl (FPÖ) den potenziellen Vorsitzambitionen Österreichs geschadet hat. "Die Partner sehen den Wahlkalender und die Umfragen. Es erweist sich einmal mehr, dass die Kickl-FPÖ einen Schatten vorauswirft und ein Unsicherheitsfaktor ist. Den Preis zahlt dann ganz Österreich", sagte er der APA am Rande der OSZE-Jahrestagung im nordmazedonischen Skopje. "Ihren außenpolitischen Dilettantismus hat die FPÖ schon bei ihrer Afghanistan-Reise bewiesen", fügte er mit Blick auf den Taliban-Trip unter Leitung des Ex-Europaabgeordneten Andreas Mölzer hinzu.

Im Gespräch mit Journalisten würdigte Schallenberg die Entscheidung für Malta als "sehr schöne und elegante Lösung", machte aber nicht gerade den Eindruck froh zu sein, dass der Vorsitzkelch an ihm vorübergegangen ist - eher im Gegenteil. So lobte er die Bedeutung der OSZE als Organisation, in der einander nicht nur Gleichgesinnte begegnen. "Das ist Diplomatie, dafür stehe ich", sagte er. Zugleich kündigte er ein "geballtes Unterstützungspaket" für den künftigen Vorsitz Malta an, dem er zwei bis drei Experten sowie Büroräumlichkeiten am OSZE-Sitz Wien zur Verfügung stellen will.

Aus OSZE-Kreisen hieß es indes, dass die Einigung auf Malta durchaus überraschend kam. Noch zu Jahresmitte habe man nicht geglaubt, dass es eine Lösung im Konflikt um das Vorsitzland Estland geben wird können. Schließlich hatte das baltische Land seine Kandidatur schon vor Jahren angekündigt und sie dann auch nach einem russischen Veto bei der OSZE-Jahrestagung im Dezember 2022 aufrechterhalten. Auch Schallenberg äußerte noch vor wenigen Tagen in einem Interview mit der Tageszeitung "Die Presse" die Erwartung, dass Estland seine Kandidatur nicht zurückziehen werde.

Sollte Österreich tatsächlich Vorsitzambitionen gehabt haben, könnte ihre Umsetzung auch an einer Fehlkalkulation gescheitert sein. So weisen Beobachter darauf hin, dass Österreich sich für einen Showdown um Estland beim OSZE-Jahrestreffen bereitgehalten habe, um dort in letzter Minute als Ad-hoc-Kandidat einzuspringen. Dazu kommt es aber nicht, weil der nordmazedonische Vorsitz Anfang November Malta als Alternativkandidaten aus dem Hut zog und dann auch durchbringen konnte.

(Von Stefan Vospernik/APA, Mitarbeit: Herwig Höller/APA)

ribbon Zusammenfassung
  • Berichten zufolge hat nämlich die Aussicht auf eine FPÖ-geführte Bundesregierung etwas scheitern lassen, was nie angestrebt wurde: Die Übernahme des OSZE-Vorsitzes durch Österreich.
  • Von diesem wurde darauf verwiesen, dass ursprünglich Russland Österreich als neutralen Staat ins Spiel gebracht hatte und Malta eben diese Anforderung erfüllte.
  • "Das ist Diplomatie, dafür stehe ich", sagte er.