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Sudan: Waffenruhe auf wackligen Beinen

Im von tagelangen Kämpfen erschütterten Sudan ist um Mitternacht eine Waffenruhe zwischen den beiden Konfliktparteien in Kraft getreten. Berichte über größere Gefechte gab es in der Nacht auf Dienstag zunächst nicht, aufgrund jüngster Erfahrungen herrschte jedoch Skepsis, ob die Feuerpause wirklich hält.

Der UNO-Sicherheitsrat will am Dienstagabend gegen 21:00 Uhr (MESZ) in einer Dringlichkeitssitzung erneut über die Lage im Sudan beraten.  US-Außenminister Antony Blinken hatte am Montag darüber informiert, dass sich die sudanesischen Streitkräfte und die mit ihnen rivalisierenden paramilitärischen Einheiten (Rapid Support Forces, RSF) darauf geeinigt hätten, ab Mitternacht für 72 Stunden eine landesweite Waffenruhe einzuhalten.

Die RSF bestätigten die Feuerpause und kündigten die Einrichtung humanitärer Korridore an, um Zivilisten Zugang zu ärztlicher Versorgung und Schutzzonen zu ermöglichen sowie die Evakuierung ausländischer Diplomaten zu unterstützen.

Waffenruhe schon zuvor gescheitert

Bereits zuvor hatte es ähnliche Ankündigungen der Konfliktparteien gegeben, die jedoch nicht eingehalten wurden. So brachen sie mehrfach eine selbst vereinbarte Feuerpause für die Eid-al-Fitr-Feierlichkeiten zum Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan, die bis Montagabend gelten sollte.

Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, sagte dem Fernsehsender CNN, man habe seit Beginn der Kämpfe im Sudan in engem Kontakt mit den Anführern beider Lager gestanden, um sie zu einem stabilen Waffenstillstand zu bewegen. Nun gelte es, die Einhaltung der neuerlichen Feuerpause so gut wie möglich zu überwachen.

Heftige Kämpfe im Sudan

Im Sudan waren vor mehr als einer Woche schwere Kämpfe zwischen dem Militär und Paramilitär ausgebrochen. De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der auch Oberbefehlshaber der Armee ist, will mithilfe des Militärs seinen Stellvertreter Mohammed Hamdaan Daglo entmachten, den Anführer der einflussreichen paramilitärischen Gruppe RSF.

Die zwei Männer hatten die Führung des Landes am Horn von Afrika mit rund 46 Millionen Einwohnern durch zwei gemeinsamen Militärcoups 2019 und 2021 übernommen. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind seit Beginn des Konflikts mehr als 400 Menschen getötet und rund 4000 verletzt worden.

Evakuierungen gehen weiter

Während am Montag weiterhin ausländische Staatsbürger aus dem Sudan evakuiert wurden, gab es erneut heftige Kämpfe im Land. Unter anderem flog die sudanesische Luftwaffe laut Medienberichten erneut Angriffe in der Stadt Omdurman, die an die Hauptstadt Khartum angrenzt.

Mehrere westliche Staaten hatten am Wochenende damit begonnen, eigene Staatsbürger und Angehörige anderer Nationen aus dem Land auszufliegen. Frankreich hat seine Evakuierungsmission inzwischen praktisch abgeschlossen. Wie lange die Rettungsflüge fortgesetzt werden können, hängt wesentlich von der Sicherheitslage in dem Land ab.

Nach Angaben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell wurden bis Montagnachmittag mehr als 1000 Ausländer in Sicherheit gebracht. Der Spanier rechnete damit, dass es bis zum Ende des Tages allein mindestens 1200 bis 1500 EU-Bürger sein dürften. Die deutsche Luftwaffe flog etwa 400 Deutsche und andere Staatsbürger mit Militärtransportern aus. Auch 27 Österreicher - darunter zahlreiche Kinder - konnten in der Nacht auf Montag mit Flugzeugen der deutschen Bundeswehr evakuiert werden.

Israel will vermitteln

Am Montagabend brachte sich Israel als Vermittler in dem Konflikt ins Spiel. Das israelische Außenministerium bot laut einem Sprecher an, in Israel Verhandlungen auszurichten, um die Gewalt zu beenden.

Es gebe Kontakt zu hochrangigen Vertretern beider Seiten im Sudan. Israel arbeitet seit Jahren an einer Normalisierung seiner Beziehungen mit dem afrikanischen Land.

Bereits Zehntausende geflohen

Der UNO-Sonderbeauftragte im Sudan, Volker Perthes, will weiterhin im Land bleiben und dort arbeiten: "Wir sind entschlossen, im Sudan zu bleiben und das sudanesische Volk in jeder erdenklichen Weise zu unterstützen", sagte er. Die Lage für die Sudanesen bleibt jedoch brenzlig: Laut dem UNO-Nothilfebüro sind bereits Zehntausende in die Nachbarländer Tschad, Ägypten und in den Südsudan geflohen.

Da die Lage im Land weiterhin höchst instabil ist, werden aber wohl noch mehr Menschen versuchen, sich in Sicherheit zu bringen.

ribbon Zusammenfassung
  • Im von tagelangen Kämpfen erschütterten Sudan ist um Mitternacht eine Waffenruhe zwischen den beiden Konfliktparteien in Kraft getreten.
  • Der UNO-Sicherheitsrat will am Dienstagabend gegen 21:00 Uhr (MESZ) in einer Dringlichkeitssitzung erneut über die Lage im Sudan beraten.
  • Während am Montag weiterhin ausländische Staatsbürger aus dem Sudan evakuiert wurden, gab es erneut heftige Kämpfe im Land.