Startschuss für ÖH-Wahlen
Große Unbekannte ist wie immer die Wahlbeteiligung: Beim mitten in der Coronapandemie abgehaltenen letzten Urnengang 2021 nutzten nur knapp 16 Prozent ihr Wahlrecht. "Normal" sind bei ÖH-Wahlen Beteiligungen von rund 25 Prozent - 2021 fiel die Wahl in eine Phase, in der viele Lehrveranstaltungen nicht in den Hörsälen, sondern nur online stattfanden. Daher waren auch nur wenige Studierende an den Hochschulen, wo sich auch die Wahllokale befinden. Eine höhere Beteiligung bei der ebenfalls möglichen Briefwahl konnte diesen Umstand nicht wettmachen.
Gründe für die traditionell niedrige Wahlbeteiligung wurden schon viele genannt - von der geringen Bedeutung der ÖH-Tätigkeit für das eigene Studium über eine zu geringe oder umgekehrt zu starke Ausrichtung auf allgemeinpolitische Themen bis hin zur mangelnden Unterscheidbarkeit vieler Fraktionen. Dazu kommt, dass die ÖH primär Interessenvertretung ist und wenig selbst entscheiden kann. Ob es etwa Studiengebühren oder Zugangsbeschränkungen gibt, liegt nicht in der Kompetenz der ÖH. Selbst über Themen wie die Pflichtmitgliedschaft in der ÖH oder die Höhe des ÖH-Beitrags entscheidet sie nicht selbst - diese Fragen sind im Hochschülerschaftsgesetz geregelt, das nur vom Nationalrat geändert werden kann.
Hochschulen, an denen berufsbegleitende oder duale Studiengänge eingerichtet sind, können am heutigen Freitag oder morgigen Samstag vorgezogene Wahltage anbieten. Das betrifft vor allem manche Fachhochschulen - so sollen Studierende, die etwa nur für Blockveranstaltungen am Wochenende an der Hochschule sind, ebenfalls teilnehmen können.
Gewählt wird auf drei Ebenen bzw. mit drei Stimmzetteln: Alle Studierenden bestimmen über die Bundesvertretung, das österreichweite Studentenparlament mit 55 Sitzen, mit. Dazu kommen noch die Hochschulvertretung und die Studienvertretung. Bei der Bundes- und Hochschulvertretungswahl stehen Listen, also Studentenparteien, zur Auswahl - diese beiden Ebenen können entweder vor Ort oder per Wahlkarte gewählt werden. Bei der Studienvertreterwahl finden sich dagegen Personen auf dem Stimmzettel, eine Briefwahl ist hier nicht möglich.
Gegenüber der Wahlbeteiligung fast in den Hintergrund tritt dabei die Zusammensetzung der Bundesvertretung. Derzeit verfügt dort der Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) als stärkste Fraktion über 14 Mandate. Es folgen die Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) sowie die VP-nahe AktionsGemeinschaft (AG) mit je zwölf Sitzen. Die Jungen Liberalen Studierenden (JUNOS) halten sechs Mandate, auf die gleiche Anzahl kommen die Fachschaftslisten (FLÖ). Zwei konkurrierende Kommunistische Studierendenverbände (KSV LiLi bzw. KSV Kommunistische Jugend/KJÖ) haben je zwei Mandate, über den letzten Sitz verfügt der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS). Neben diesen acht Fraktionen steht auch noch die neue Liste "Who the F*uck is Herbert" bundesweit am Stimmzettel - eine Art Satiregruppierung mit allerdings ernsthaften Anliegen.
Aufgrund der zahlreichen Listen und engen Resultate an der Spitze wird über den ÖH-Vorsitz meist nicht am Wahlabend, sondern bei den anschließenden Koalitionsverhandlungen entschieden. Derzeit steht eine Koalition aus VSStÖ, GRAS und FLÖ an der ÖH-Spitze.
Die Funktionsperiode der neuen Bundesvertretung beginnt am 1. Juli.
Zusammenfassung
- 346.446 Studentinnen und Studenten an 76 Hochschulen sind von Dienstag bis Donnerstag dazu aufgerufen, ihre Vertreter in der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) zu wählen.
- Streng genommen beginnen die ÖH-Wahlen zum Teil schon am heutigen Freitag: An manchen Hochschulen gibt es vorgezogene Wahltage.
- Derzeit verfügt dort der Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) als stärkste Fraktion über 14 Mandate.