Slowenien zufrieden mit Österreichs Reaktion auf FP-Jugend
Die slowenische Chefdiplomatin und Vize-Regierungschefin äußerte sich am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz, wo sie am Freitagnachmittag auch ihren Amtskollegen Alexander Schallenberg (ÖVP) traf. Wie es von dessen Sprecherin hieß, waren die "Wahlkampf-Ausraster der FPÖ" dabei kein Thema. Die beiden hätten "wie immer ein ausgesprochen freundschaftliches Gespräch" geführt.
Die FPÖ-Jugend hatte in einem Anfang Februar bekannt gewordenen Posting zur Abwahl der SPÖ des Kärntner Landeshauptmanns Peter Kaiser aufgerufen, um die "Slowenisierung" des Landes zu "stoppen". Dies wurde nicht nur von der Volksgruppe und den politischen Mitbewerbern verurteilt, sondern auch von führenden freiheitlichen Politikern wie Ex-Landeshauptmann Gerhard Dörfler. Slowenien legte scharfen diplomatischen Protest ein und forderte in einer Note auch unverzüglich Schritte nach einem im Staatsvertrag vorgesehenen Verbotsverfahren gegen Organisationen, die den Kärntner Slowenen ihre Eigenschaft oder Rechte nehmen wollen.
Fajon sagte, dass die Reaktion des slowenischen Außenministerium "erwartbar" gewesen sei. "Jegliche Rhetorik dieser Art, die gegen das Slowenische gerichtet ist und Wähler dafür zu mobilisieren versucht, dass sie die Volksgruppe ausradieren, ist unannehmbar", betonte die frühere EU-Abgeordnete. Sie zeigte sich erfreut, dass sich die österreichische Politik "sehr klar von dieser Rhetorik distanziert" habe.
Zugleich habe sie in ihren Gesprächen mit verschiedenen politischen Vertretern in Kärnten, darunter Landeshauptmann Kaiser, die Zusicherung erhalten, "dass alle verantwortungsvollen Politiker so handeln werden, dass die Harmonie zwischen der deutsch- und slowenischsprachigen Gemeinschaft erhalten bleibt". Nun sei es wichtig, dass sich vor der Landtagswahl "die erhitzten Gemüter beruhigen". Angesprochen auf das Verfahren nach Absatz 5 von Artikel 7 des Staatsvertrags betonte Fajon, dass dieses "in keiner Weise eine politische Partei verbietet". Vielmehr gehe es darum, ein Einschreiten gegen Aktionen wie jene der FPÖ-Jugend möglich zu machen.
Fajon bekräftigte zugleich die Forderung nach der vollen Umsetzung der in Artikel 7 des Staatsvertrags garantierten Volksgruppenrechte. Auch eine Notifizierung der - von Österreich vehement bestrittenen - Rechtsnachfolge Jugoslawiens als Vertragspartei behält sich Ljubljana vor. "Früher oder später wird die Notifizierung erforderlich sein, wenn der richtige Augenblick dafür gekommen sein wird", sagte Fajon. Aktuell gehe es vor allem darum, die Lage der slowenischen Volksgruppe in Kärnten zu verbessern. Diesbezüglich äußerte sich Fajon erfreut über jüngste Fortschritte, etwa was den Gebrauch der slowenischen Sprache in Südkärntner Gerichtsbezirken betrifft.
Optimistisch äußerte sich die sozialdemokratische Politikerin auch, was den Konflikt um die österreichischen Grenzkontrollen an der Schengen-Binnengrenze zu Slowenien betrifft. Diesbezüglich knüpft sie Hoffnungen an die derzeitigen EU-weiten Bemühungen zur Wiederbelebung des Schengen-Raumes. "Ich hoffe, dass uns die dringende Reform des Schengenraumes gelingen wird und wir sichere Außengrenzen haben werden", betonte sie. Was die Lage an der Südgrenze zum Schengen-Neumitglied Kroatien betrifft, gebe es aktuell "keine beunruhigenden Zahlen von Ankünften illegaler Migranten".
Daher seien Grenzkontrollen derzeit kein Thema, und sie sei "sehr froh", dass der Abbau des nach der Flüchtlingskrise 2015 errichteten Stacheldrahtzauns weitergehe. "Das ist eine Botschaft, die wir allen geben wollen. Wir wünschen ein Europa, in dem es keine Mauern und Zäune gibt, in dem der freie Personenverkehr normal funktioniert und es vor allem wieder Vertrauen zwischen den Staaten gibt, das im Schengenraum derzeit stark erschüttert ist", betonte sie.
Fajon bekräftigte die Unterstützung Sloweniens für die Ukraine. Angesprochen auf eine unter anderem von den Ex-Präsidenten Milan Kučan und Danilo Türk unterzeichnete Erklärung, in der die EU zum sofortigen Stopp des russisch-amerikanischen "Stellvertreterkrieges" in der Ukraine aufgerufen wurde, sagte Fajon, dass sie "jede Meinung respektiere". Es sei aber aktuell "schwer von Umständen zu sprechen, in denen man auch nur über Frieden sprechen kann". Slowenien müsse der Ukraine weiter bei der Verteidigung helfen, und man dürfe eine Verletzung von grundlegenden völkerrechtlichen Prinzipien, illegale Annexionen und das gewaltsame Verändern von Grenzen nicht akzeptieren. "Wir Slowenen wissen historisch am besten, was das bedeutet", sagte sie mit Blick auf den Unabhängigkeitskrieg Sloweniens von Jugoslawien im Sommer 1991. Zugleich müsse man daran arbeiten, dass die Umstände für den Frieden so bald wie möglich gegeben sein werden, fügte sie hinzu.
Die slowenische Außenministerin stellte sich hinter die EU-Beitrittsperspektive der Ukraine, forderte aber zugleich, "dass wir nicht auf den Westbalkan vergessen dürfen". "Wir müssen im Erweiterungsprozess auf den Westbalkan einen Gang höher schalten", sagte Fajon. 2023 könne durchaus "ein Jahr der Gelegenheiten für den Westbalkan werden, wenn wir verstehen werden, warum diese unsere unmittelbare Nachbarschaft so wichtig ist".
Optimistisch zeigte sich Fajon, was die Bemühungen zur Lösung der Verfassungskrise in Montenegro betrifft, bei der sie sich gemeinsam mit Schallenberg im Dezember in einer Art Feuerwehrmission im Auftrag des EU-Chefdiplomaten Josep Borrell engagiert hat. Die politischen Akteure in Montenegro hätten sich nämlich auf die Besetzung der vakanten Posten am Verfassungsgericht verständigen können, damit dieses wieder arbeiten kann, berichtete Fajon. Ausständig sei nur noch die Bestätigung durch die Volksvertretung, was noch im Februar stattfinden soll. "Ich hoffe, dass auch die Abstimmung im Parlament erfolgreich sein wird", so Fajon.
(Das Gespräch führte Stefan Vospernik/APA)
Zusammenfassung
- Die slowenische Außenministerin Tanja Fajon hat die österreichische Reaktion auf das minderheitenfeindliche Posting der FPÖ im Kärntner Landtagswahlkampf gelobt.
- "Ich muss sagen, dass alle Gespräche und Reaktionen der österreichischen Staatsspitze positiv gewesen sind", sagte Fajon im APA-Interview.
- Aktuell gehe es vor allem darum, die Lage der slowenischen Volksgruppe in Kärnten zu verbessern.
- (Das Gespräch führte Stefan Vospernik/APA)