Schwere Kämpfe in der Ostukraine
Der von Russland eingesetzte Verwalter der annektierten Region, Denis Puschilin, räumte ein, dass ein Vorrücken der russischen Truppen schwierig sei. Allerdings sei mehr als die Hälfte von Donezk unter russischer Kontrolle.
Puschilin bezeichnete insbesondere die Lage entlang der Front um die Stadt Lyman im Norden der Region Donezk als schwierig. "Der Feind versucht einen Gegenangriff, aber unsere Einheiten halten jetzt alle Positionen", sagte er der russischen Nachrichtenagentur RIA. Laut der russischen Nachrichtenagentur Tass sollen russische Einheiten die Stadt Marjinka umzingelt haben. Dort gebe es heftige Straßenkämpfe. Der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte erklärte, ein russischer Angriff auf die Frontstadt sei zurückgeschlagen worden. Auch in der Region um die schwer umkämpften Städte Bachmut und Awdijiwka habe es wieder russische Angriffe gegeben.
Der Stellungskrieg in der Ostukraine fordert wohl auf beiden Seiten schwere Verluste. Am Montag sollen ukrainischen Angaben zufolge bei der russischen Offensive in der Region 30 ukrainische Soldaten getötet worden seien. "Es gibt Tage, an denen es viele Schwerverletzte gibt: vier oder fünf Amputationen auf einmal", sagte Oleksii, ein ukrainischer Militärarzt, der seinen vollen Namen nicht nennen wollte, in einem Militärkrankenhaus im Osten der Ukraine zu Reuters. Das britische Verteidigungsministerium teilte in seinem Lagebericht mit, dass Russland wohl weiterhin einen Vormarsch in der Region plane. Es sei aber zweifelhaft, dass das russische Militär derzeit in der Lage sei. "Es ist unwahrscheinlich, dass die russischen Bodentruppen in den nächsten Monaten operativ bedeutsame Vorstöße machen werden", so das Ministerium.
Aus der Südukraine gab es unbestätigte Berichte von beiden Kriegsparteien über einen Angriff auf eine für die russischen Truppen strategisch wichtige Brücke in der besetzten Stadt Melitopol hinter der Front. Wladimir Rogow, ein von Russland eingesetzter Verwalter der ebenfalls annektierten Region Saporischschja, veröffentlichte auf Telegram ein Video, das die Brücke zeigt, und machte ukrainische "Terroristen" für die Schäden verantwortlich. Iwan Fjodorow, der ins Exil geflohene Bürgermeister von Melitopol, teilte ebenfalls ein Video, auf dem offenbar auch Schäden an der Brücke zu sehen sind.
Unterdessen hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärt, dass er mit weiteren russischen Angriffen gegen die Stromversorgung seines Landes rechne. "Nach jedem russischen Angriff stellen wir das System wieder her, so weit wie möglich", sagte er am Montagabend in seiner täglichen Videoansprache. Es werde alles getan, um neue Ausrüstung ins Land zu bringen, um die Schäden zu reparieren. Dennoch sei zu bedenken, dass Russland seine "Terrortaktik" nicht aufgegeben hat.
"Obwohl es offensichtlich ist, dass wir auch ohne Licht wissen, wohin wir schießen müssen, setzt Russland immer noch auf Blackouts", so der Präsident weiter. Dies sei aber "die letzte Hoffnung der Terroristen". Er rief die Bevölkerung auf, Luftangriffsalarme ernst zu nehmen, um auf jede Eventualität vorbereitet zu sein. "Und wir werden alles tun, um diesen Winter zu überstehen."
Dem Vorsitzenden des Europaausschusses des Bundestages in Berlin, Anton Hofreiter, zufolge droht der Ukraine die Munition für das überwiegend russische Kriegsgerät auszugehen. Deshalb müsse Deutschland nun auch Marder- und Leopard-II-Panzer liefern, sagte er den Sendern RTL/ntv. Zudem müsse die Ukraine mehr Flugabwehr-Kapazitäten erhalten. "Es hilft sozusagen nichts, ständig Geräte in die Ukraine zu liefern, wenn sie nicht geschützt werden und durch russische Raketen und im Iran gekaufte Drohnen dann sofort wieder zerstört werden können", sagte er.
Nach Einschätzung des ukrainischen Militärgeheimdienstes verfügt Russland noch über ein Arsenal von rund 360 Marschflugkörpern. Dies reiche für mindestens fünf Angriffswellen, sagte Sprecher Vadim Skibizkyj.
Zusammenfassung
- Aus der ostukrainischen Region Donezk werden erneut schwere Kämpfe gemeldet.
- Sowohl die Ukraine als auch Russland verwiesen auf Erfolge bei der Abwehr von Angriffen der jeweils anderen Seite.
- Das ukrainische Oberkommando teilte am Dienstag mit, dass die russischen Streitkräfte in zehn Gebieten der Region zurückgedrängt worden seien.
- Es werde alles getan, um neue Ausrüstung ins Land zu bringen, um die Schäden zu reparieren.