Schallenberg in Pakistan: Ukraine-Krieg betrifft ganze Welt
Der russische Angriff auf die Ukraine sei eine Attacke auf "die Regeln, die wir nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Fall des Eisernen Vorhangs gemeinsam etabliert haben", meinte der ÖVP-Minister in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad. Der Außenminister erinnerte auch daran, dass der Krieg in der Ukraine mit der "größten Migrationsbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg" verbunden sei. Es könnten sich bis zu zehn Millionen Menschen auf die Flucht machen, erklärte Schallenberg. Zudem müsse darauf geachtet werden, dass sich aus dem aktuellen Konflikt nicht ein weiterer Weltkrieg entwickle.
Der pakistanische Außenminister unterstrich, dass sein Land gute bilaterale Beziehungen und Kontakte zur Ukraine habe und über die Entwicklungen besorgt sei. Darauf angesprochen, dass Pakistan sich jüngst in der UNO-Generalversammlung der Stimme enthalten hatte, als eine Resolution zur Verurteilung des russischen Angriffs mit überwältigender Mehrheit angenommen wurde, gab sich Qureshi ausweichend. "Wir glauben an das internationale Recht, wir respektieren die UNO-Charta. Wir stehen zu Souveränität und territorialer Integrität. Wir sagen oft, Krieg ist keine Lösung, und sind Fürsprecher für Dialog und Diplomatie", so der pakistanische Chefdiplomat. "Dieser Krieg tut vielen auf viele Weise weh", ergänzte er. So bekomme auch Pakistan die wirtschaftlichen Folgen des Konflikt und der damit verbundenen Sanktionen gegen Russland bereits zu spüren.
Schallenberg bezeichnete seine Reise, die ihn nach dem Aufenthalt in Pakistan auch nach Indien führen wird, auch als "geopolitischen Trip". Unter Bezug auf den Konflikt zwischen Indien und Pakistan um die Bergregion Kaschmir, meinte der Außenminister, dass man wegen des Ukraine-Kriegs nicht andere Krisenherde aus den Augen verlieren dürfe.
Kaschmir ist seit der Unabhängigkeit Britisch-Indiens und einem Krieg zwischen Indien und Pakistan 1947 geteilt. Die Region wird aber bis heute sowohl von Indien als auch von Pakistan vollständig beansprucht. 2019 hatte Indien den Sonderstatus mit Autonomierechten für den indischen Teil Kaschmirs gestrichen. Der pakistanische Regierungschef Imran Khan, mit dem Schallenberg am Donnerstag auch zusammentraf, sprach damals von "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" und bezeichnete Indien als "Unterdrücker und Aggressor". Außenminister Qureshi erklärte am Donnerstag, er habe im Gespräch mit Schallenberg seine Besorgnis über die humanitäre Situation in diesem Teil der Region zum Ausdruck gebracht.
Zudem drückte Schallenberg seine Bestürzung über den Bombenanschlag auf eine Moschee in der Stadt Peshawar im Nordwesten Pakistans aus, dem Anfang März mindestens 60 Menschen zum Opfer fielen. Österreich stehe mit Pakistan "Seite an Seite im Kampf gegen Terrorismus und Extremismus", hielt der Außenminister fest.
Damit konfrontiert, dass sich jüngst auch die UNO mit dem Problem einer international wachsenden "Islamophobie" auseinandersetzte, erinnerte Schallenberg daran, dass in Österreich bereits 1912 in der Doppelmonarchie ein "Islamgesetz" geschaffen wurde, das den Islam als gleichberechtigte Religionsgemeinschaft anerkannte. Auch heute gelte, dass niemand wegen seiner Herkunft, politischen Gesinnung oder seines Religionsbekenntnisses diskriminiert werden dürfe. Allerdings müsse auch genau hingeschaut werden, wenn Religion für Politik missbraucht werde und ihrerseits Intoleranz erzeuge.
Neben politischen Gesprächen bilden Investitionsmöglichkeiten für österreichische Unternehmen sowie der Ausbau der bilateralen Geschäftsbeziehungen den Schwerpunkt der Visite. Schallenberg wird daher von einer Delegation von Wirtschaftsvertretern begleitet. Mit diesen findet in Islamabad ein Business-Round-Table statt. Im Blick sind von österreichischer Seite laut Schallenberg vor allem "Wasserkraft, Grüne Technologie, Tourismus, Infrastruktur" sowie Ingenieursdienstleistungen und Maschinenbau. Schallenberg ortet in Pakistan - und seinem anschließenden Reiseziel Indien - "ein riesiges ungenütztes Potenzial für österreichische Unternehmen". Diese seien in den genannten Bereichen zum Teil "weltführend", lobt er in Islamabad.
Qureshi erinnerte daran, dass Pakistan einen "Markt mit über 200 Millionen Menschen" biete und freute sich, die Möglichkeiten von Kooperationen in den Bereichen "Handel und Investitionen" ausloten zu können. "Auch wo wir in High-Tech-Fragen voneinander profitieren können."
Mit Blick auf ein Wegbrechen Russlands als Wirtschaftspartner wegen des Ukraine-Krieges ist für den Minister "klar, (...), dass derzeit eine enorme geopolitische Verschiebung stattfindet und der asiatische Markt künftig eine noch viel gewichtigere Rolle für die heimische Wirtschaft spielen wird".
Am Freitag trifft Schallenberg den pakistanischen Armeechef, General Qamar Javed Bajwa. Bei diesem Gespräch geht es vor allem um die Lage in Afghanistan. Im Anschluss daran reist Schallenberg weiter in Pakistans zweitgrößte Stadt Lahore. Dort trifft der Minister Vertreter und Vertreterinnen der Zivilgesellschaft. Am Samstag fliegt Schallenberg in die indische Hauptstadt Neu-Delhi weiter. Der Diplomatensohn ist teils in Indien aufgewachsen, wo sein Vater Wolfgang Schallenberg Botschafter war.
Zusammenfassung
- Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hat am Donnerstag in Pakistan davor gewarnt, den russischen Angriff auf die Ukraine als rein "europäischen Krieg" zu sehen.
- Kaschmir ist seit der Unabhängigkeit Britisch-Indiens und einem Krieg zwischen Indien und Pakistan 1947 geteilt.
- Diese seien in den genannten Bereichen zum Teil "weltführend", lobt er in Islamabad.
- Am Freitag trifft Schallenberg den pakistanischen Armeechef, General Qamar Javed Bajwa.