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Selenskyj wechselt ukrainischen Armee-Chef aus

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wechselt nach der gescheiterten Offensive im vergangenen Jahr die Armee-Spitze aus. General Syrskyj wird Nachfolger von Generalstabschef Saluschnyj.

Selenskyj ernannte am Donnerstag in Kiew als neuen Armee-Chef General Oleksandr Syrskyj, bis dato Chef der Bodentruppen. Er bat jedoch den bisherigen Generalstabschef Walerij Saluschnyj, sich weiter an der Militärführung zu beteiligen.

"Zeit für eine Erneuerung"

Vorher traf sich der Präsident mit seinem obersten Militär. "Ich habe ihm für zwei Jahre der Verteidigung gedankt", schrieb Selenskyj in den sozialen Netzwerken. "Wir haben darüber gesprochen, welche Erneuerung die ukrainischen Streitkräfte brauchen." Es sei auch darum gegangen, wie die Führung der Armee erneuert werden könne. "Die Zeit für eine Erneuerung ist jetzt."

"Heute wurde beschlossen, die Führung der ukrainischen Streitkräfte zu ändern", erklärte auch Verteidigungsminister Rustem Umerow dazu am Donnerstag in Onlinediensten. Saluschnyj selbst sagte, es seien Entscheidungen getroffen worden, um Taktik und Strategie zu ändern. Die Aufgaben in diesem Jahr seien andere als im Jahr 2022. Jedermann sollte sich den neuen Realitäten anpassen.

Syrskyj ist "Held der Ukraine"

Der 1965 in Russland geborene neue Oberbefehlshaber Syrskyj gilt als einer der profiliertesten Generäle des Ukraine-Kriegs. Er verteidigte erfolgreich die Hauptstadt Kiew in den ersten Monaten von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und erhielt dafür die höchste militärische Auszeichnung "Held der Ukraine".

Im Juli 2022 plante er die Rückeroberung bedeutender Gebiete rund um die Großstadt Charkiw. Kurz darauf stand er an der Spitze der Verteidiger der östlichen Stadt Bachmut. Diese monatelange Schlacht um die zuletzt völlig zerstörte Stadt, die letztlich im Mai 2023 von russischen Truppen eingenommen wurde, gilt als eine der blutigsten Kämpfe des Ukraine-Kriegs.

Saluschnyj bei Soldaten beliebt

Die bereits seit längerem kolportierte bevorstehende Entlassung des populären Saluschnyj mitten im Krieg hatte zuletzt die ukrainische Medienlandschaft in helle Aufregung versetzt. Saluschnyj war im Juni 2021 als Oberkommandierender der ukrainischen Streitkräfte eingesetzt worden. Unter seiner Führung hielten die Truppen dem russischen Einmarsch vom Februar 2022 stand. Sie eroberten im Lauf des ersten Kriegsjahres sogar besetzte Teile des Gebietes Charkiw und die Gebietshauptstadt Cherson im Süden zurück. Der 50-jährige Saluschnyj war auch der Architekt der ukrainischen Sommeroffensive 2023, die aber gegen stark befestigte russische Verteidigungsanlagen kaum vorankam.

In einem aufsehenerregenden Artikel für die britische Zeitschrift "The Economist" schrieb der General davon, dass der Krieg am Boden in eine Pattsituation geraten sei. Nur große Waffenlieferungen und ein Technologiesprung könnten die ukrainischen Streitkräfte wieder in die Offensive bringen. Selenskyj widersprach seinem höchsten Militär bei dieser Einschätzung öffentlich.

Auch in der Frage einer weiteren Mobilisierung von Soldaten waren die führenden Verantwortlichen für die ukrainische Kriegsführung uneins. Nach Medienberichten hatte Selenskyj den Oberbefehlshaber schon Ende Jänner zum Rücktritt gedrängt; dieser lehnte demnach aber ab.

Bei seinen Soldaten und in der Bevölkerung galt der bullige General als äußerst beliebt. Deshalb kamen immer wieder Spekulationen auf, der Militär strebe eine eigene politische Karriere an. Er selbst dementierte dies. Saluschnyj ist in den ukrainischen Streitkräften einer der ranghohen Offiziere ohne Vorprägung durch die frühere sowjetische Armee. Er setzte deshalb auf Kommandostrukturen, die sich am Vorbild der NATO orientieren.

ribbon Zusammenfassung
  • Nach einer gescheiterten Offensive im vergangenen Jahr wechselt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Armee-Spitze aus.
  • Als neuen Armee-Chef ernannte er General Oleksandr Syrskyj, der zuvor Chef der Bodentruppen war.
  • Der bisherige Generalstabschef Walerij Saluschnyj wurde gebeten, sich weiterhin an der Militärführung zu beteiligen.