Gridling: "Auch für Mitarbeiter wie Ott gilt der Rechtsstaat"
Es war ein recht chaotischer, vermeintlich letzter Befragungstag im U-Ausschuss zum "rot-blauen Machtmissbrauch". Grundsätzlich rechneten die Fraktionen damit, dass am Mittwoch, im ohnehin von Zeugenschwund gekennzeichneten Ausschuss, niemand befragt wird.
Doch am späteren Vormittag stellte sich doch heraus, dass der ehemalige Direktor des Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Peter Gridling Rede und Antwort stehen wird.
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Im Zentrum der Erstbefragung durch die Verfahrensrichterin Christa Edwards stand die Suspendierung des unter Spionageverdacht stehenden Ex-Verfassungsschützers Egisto Ott. Diese wurde im Juni 2018 vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben, der mutmaßliche Russland-Spion erst 2021 wieder suspendiert.
Gridling erklärte darauf, er habe Anzeige erstattet wegen des Verdachts der nachrichtendienstlichen Tätigkeit sowie eine Disziplinaranzeige veranlasst und damit seine Aufgabe erfüllt. Die Ermittlungen habe dann das Bundeskriminalamt und nicht das BVT geführt.
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Wurde Kickl über den "Problemfall Ott" informiert?
Edwards konfrontierte Gridling dann auch mit einer Anschuldigung, die FPÖ-Chef Herbert Kickl bei seiner Befragung im U-Ausschuss vor wenigen Wochen gemacht hatte - nämlich den Vorwurf, Gridling habe Kickl nicht über den "Problemfall Ott" informiert, als dieser Innenminister wurde. "Wenn Kickl das moniert, ist das sein gutes Recht", sagte Gridling. Aber es habe ja eine zuständige Dienststelle gegeben.
Die ersten Fragesteller aus der Runde der Abgeordneten widmeten ihre Fragen Datenabfragen Otts. Als erster am Zug war Reinhold Einwallner (SPÖ). Wie Gridling erklärte, habe es Stichprobenkontrollen der Mitarbeiter:innen im BVT gegeben. Ob Ott kontrolliert wurde, konnte Gridling nicht sagen. Einwallner fragte auch nach Datenabflüssen vom BVT im Zuge der Hausdurchsuchungen. Die Hausdurchsuchung sei recht unorganisiert abgelaufen, sagte der Ex-BVT-Chef.
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"Auch für Mitarbeiter wie Ott gilt der Rechtsstaat"
Dem BVT sollen die etwa 400 illegalen Abfragen Otts nicht aufgefallen sein, monierte Thomas Spalt (FPÖ). Gridling wiederholte, dass die Mitarbeiter "stichprobenartig überprüft" wurden. Gegen Ott soll es keinen Verdacht auf illegale Datenabfragen gegeben haben. Spalt "hält fest", dass Kickl nicht über Ott informiert wurde.
2015 gab es erste Hinweise gegen Ott, die seien aber nicht "ausreichend" gewesen. Sie waren nicht haltbar, sagte Gridling auf die von Yannick Shetty (NEOS) gestellte Frage. "Auch für Mitarbeiter wie dem Ott gilt der Rechtsstaat", betonte der Ex-Verfassungsschutz-Chef etwas schroff. Weiteres wolle Gridling in einer nicht-öffentlichen Befragung verlautbaren.
Fritsche hatte Zugang zu "klassifizierten Informationen"
Auch den ehemaligen deutschen Staatssekretär und späteren Wirecard-Lobbyisten Klaus-Dieter Fritsche brachte Shetty erneut aufs Tapet. Dieser sei als externer Berater sicherheitsgeprüft gewesen und habe daher Zugang zu klassifizierten Informationen gehabt, so Gridling.
"Wenn sie einen Berater bezahlen, dann soll er sie auch beraten", argumentierte Gridling diese Kompetenzen. Er selbst sei in die Bestellung nicht eingebunden gewesen und gehe davon aus, dass diese mit dem damaligen Generalsekretär im Innenministerium, Peter Goldgruber, abgesprochen war.
Zeitliche Überschneidungen zwischen Fritsche und Ott habe es nicht gegeben.
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FPÖ geführtes BVT bedeutet "schwere Zeit"
Auch Datenabfragen vom damaligen Generalsekretär im Innenministerium, Peter Goldgruber, waren Thema. Als oberster Beamter hätte dieser berechtigterweise Informationen abfragen können. Man habe aber auch Anfragen abgelehnt, etwa welche Ermittler im Bereich von Burschenschaften tätig gewesen seien, so Gridling. Für das BVT sei klar gewesen, dass ein blau geführtes Innenministerium "eine schwere Zeit" bedeute.
Spalt (FPÖ) wollte wissen, wie Gridling zu dieser Einschätzung kam. Er führte aus, dass Kickl in seiner Amtszeit als Innenminister etwa bei den "Verteidigern des Abendlandes" eine Rede hielt. Es sei daher klar gewesen, dass "diese Ministerschaft schwierig werde, weil man da ja Ermittlungen geführt hatte", so Gridling.
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Dass es an politische Interventionen lag, dass Ott oder Martin Weiss (Abteilungsleiter im Bundesamt für Verfassungsschutz) in das BVT kamen, sei ihm nicht bekannt. Nur die Rückkehr von Ott, der als Verbindungsbeamter in der Türkei tätigt war, ins BVT, sei ihm geläufig. Er kehrte im BVT auf seinen Planposten zurück.
ÖVP beantragt polizeiliche Vorführung von Sila
Die dritte Befragungsrunde am Mittwoch fand vertraulich, also unter Ausschluss der Medienöffentlichkeit statt. Der 23. Mai 2024 ist als Ersatztermin für Vorführungen reserviert. Wie der ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger schon am Mittwochvormittag erläuterte, werde man die polizeiliche Vorführung von Thomas Sila beantragen.
Sila, der Chef der ehemaligen Ideenschmiede (heute "SIGNS"), an der Kickl beteiligt war, hatte bereits zweimal abgesagt. Auch am Dienstag war er geladen. Auch Herbert Kickl, der am Dienstag ebenso absagte, wolle man am Ersatztermin erneut laden. Dafür brauche man das Einvernehmen aller Fraktionen. Die Freiheitlichen stellen sich derzeit quer.
Zusammenfassung
- Der U-Ausschuss zum "rot-blauen Missbrauch" konnte am Mittwoch wider Erwarten doch mit einer Befragungsperson aufwarten: dem ehemaligen BVT-Direktor Peter Gridling.
- Thematisiert wird vor allem die Hausdurchsuchung beim BVT sowie illegale Datenabfragen durch den ehemaligen Verfassungsschützer Egisto Ott.
- Die FPÖ monierte, dass der damalige FPÖ-Innenminister Herbert Kickl nicht über einen möglichen Spionageverdacht informiert war.
- Gridling betonte, dass auch für Ott der Rechtsstaat gelte.
- Die dritte Befragungsrunde am Mittwoch fand vertraulich, also unter Ausschluss der Medienöffentlichkeit statt.