RH für Nachbesserungen bei Sprachförderung im Kindergarten
Kindergärten sind in Gesetzgebung und Vollziehung Sache der Länder. Diese sind deshalb auch für die frühe Sprachförderung zuständig, dank derer weniger Kinder ihre Schulkarriere mit Problemen in der Unterrichtssprache beginnen sollen. Um diese Maßnahme zu forcieren, setzt der Bund seit 2008 auf Zweckzuschüsse in diesem Bereich - "obwohl er über keine gesicherten Daten zu deren Wirkung verfügte", wie der RH in seinem Bericht kritisiert. Der RH hat für diesen die Umsetzung in den zuständigen Ministerien sowie exemplarisch in den Bundesländern Nieder- und Oberösterreich sowie in der Stadtgemeinde Schwechat und in der Stadt Wels in den Jahren 2016 bis 2019 überprüft.
Konkret gingen in den Kindergartenjahren 2015/16 bis 2017/18 rund 60 Mio. Euro unter dem Titel der frühen sprachlichen Förderung an die Länder - und zwar ohne Vorgabe, an welchen Kinderbetreuungseinrichtungen und in welchem Alter verbindlich eine Sprachstandsfeststellung bei den Kindern stattfinden muss.
In der darauf folgenden Vereinbarung Elementarpädagogik sind für die Jahre 2018/19 bis 2021/22 mindestens 68 bis maximal 95,38 Mio. Euro vorgesehen. In dieser ist nun bei Kindern ab drei Jahren eine Sprachstandfeststellung mittels österreichweit einheitlichem Instrument vorgesehen, allerdings nur in "geeigneten elementaren Bildungseinrichtungen". Es sind also wieder nicht alle Kinder davon umfasst, kritisiert der RH. In der Praxis gab es zwar etwa in Oberösterreich flächendeckend verpflichtende Sprachstandsfeststellungen, in Niederösterreich wurden diese hingegen abseits der Landeskindergärten nur empfohlen.
Auch inhaltlich hat der RH Unterschiede bei der Umsetzung festgestellt, etwa bei pädagogischer Ausrichtung (Förderung im Alltag in Niederösterreich vs. systematische individuelle Förderung in Oberösterreich), Ausmaß der Sprachförderung sowie bei der Fachaufsicht und Qualitätssicherung. Vom Bund gab es weder einheitliche Vorgaben noch Empfehlungen - "und damit auch keine Hinführung der Länder zu einem bundesweit einheitlichen Konzept zur frühen Sprachförderung", wie der RH anmerkt. Er plädiert hier für bundesweit einheitliche Kriterien.
Die Steuerungsmöglichkeiten der zuständigen Ministerien waren dabei beschränkt. Die Länder haben bei der Vergabe der Zweckzuschüsse (für Personal, Weiterbildung oder Sachkosten) großen Spielraum. Niederösterreich nutzte die Bundesmittel laut dem Bericht etwa auch, um schon davor bestehende Maßnahmen zu bezahlen. Die Ministerien mussten zwar Sprachförderungskonzepte und Abrechnungen der Länder überprüfen, konnten aber bei Nicht-Erreichen der Zielsetzungen keine Konsequenzen setzen. Eine Rückforderung der Mittel war nämlich nicht vorgesehen.
Der RH stellt auch in Frage, wie zielsicher die Verteilung der Zuschüsse gelingt, nachdem sie sich nicht am Anteil der Kinder mit Sprachbedarf im jeweiligen Bundesland orientiert. Er empfiehlt deshalb eine verpflichtende Sprachstandsfeststellung für alle Kinder der in Frage kommenden Altersgruppe, um die Zweckzuschüsse nach dem Bedarf verteilen zu können. Vorgesehen war in der aktuellsten Vereinbarung, dass mindestens 40 Prozent der Kindergärten eines Bundeslands Zweckzuschüsse erhalten, schon 2017/18 waren es tatsächlich über 70 Prozent, mit einer Bandbreite von knapp über 20 Prozent bis zur flächendeckenden Inanspruchnahme.
Auch die Wirksamkeit der Maßnahmen ist aus Sicht des RH nicht gesichert. Am Ende des letzten Kindergartenjahrs wurde in den Kindergärten deutlich weniger Kindern Förderbedarf attestiert als danach in den Volksschulen. Konkret wurde in Niederösterreich am Ende des Kindergartenjahrs 2016/17 bei 362 Kinder Förderbedarf festgestellt, beim Übertritt dieses Jahrgangs in die Volksschule wurden dann allerdings auf Basis des Einstufungstests "MIKA-D" 1.808 Kinder als außerordentliche Schüler einer Deutschförderklasse oder einem Deutschförderkurs zugewiesen. In Oberösterreich stieg die Zahl von 1.371 auf 3.663. Dieser Unterschied ist für den RH nicht nachvollziehbar, er fordert eine Evaluierung. Außerdem empfiehlt er, bei der Schuleinschreibung Modelle zu erproben, bei denen die Kenntnisse der Kindergartenpädagoginnen über das Sprachniveau der Kinder einbezogen werden.
Der im Herbst eingerichtete Beirat für Elementarpädagogik auf Bundesebene solle außerdem der Frage nachgehen, ob die je nach Bundesland unterschiedlichen Rahmenbedingungen (bei Gruppengrößen, Öffnungszeiten, Personalbesetzung etc.) "in Hinblick auf die Weiterentwicklung der Kindergärten zu Bildungseinrichtungen noch adäquat sind".
Das Bildungsministerium betonte gegenüber der APA, es sei ihm "ein großes Anliegen, die Abstimmung zwischen Bund, den Ländern und den Erhaltern der elementarpädagogischen Einrichtung weiter zu verbessern und klare gemeinsame Standards zu etablieren". Hier leiste der Beirat einen großen Beitrag. Die 15a-Vereinbarung wiederum sei "ein großer Schritt", um den Kindergarten gezielt in den Bildungsprozess von Kindern mit mangelnden Deutschkenntnissen einzubeziehen. Die einheitliche Sprachstandfeststellung trage zur Verbesserung der Qualität in der Sprachförderung bei.
Die NEOS kritisierten in einer Aussendung, dass die Qualität in der Elementarbildung für den Bund eine "Blackbox" sei. Dennoch hätten die Regierungsfraktionen im letzten Unterrichtsausschuss einen NEOS-Antrag zur bundesweiten Erfassung der Qualität an Kindergärten abgelehnt. "Ich erwarte mir hier seitens der Bundesregierung mehr Interesse an einer qualitativen Verbesserung in der Elementarpädagogik, denn immerhin ist der Kindergarten erste Bildungseinrichtung", so NEOS-Rechungshofausschuss-Vorsitzender Douglas Hoyos.
Zusammenfassung
- Seit 2008 stellt der Bund den Ländern im Rahmen von 15a-Vereinbarungen Zweckzuschüsse zur Verfügung, damit diese die frühe sprachliche Förderung in den Kindergärten verbessern.
- Bei der Umsetzung gibt es in den Ländern aber nach wie vor zahlreiche Unterschiede, zeigt ein am Freitag veröffentlichter Bericht des Rechnungshofs (RH).
- Die einheitliche Sprachstandfeststellung trage zur Verbesserung der Qualität in der Sprachförderung bei.