Nehammer, Stocker und KicklPULS 24 / APA

Regierungsverhandlungen

Die wandelbaren "roten Linien" der ÖVP bei der FPÖ

"Ganz klare rote Linien" der ÖVP ortet der Wiener Parteichef Karl Mahrer in den Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ. Aber wo sind die Grenzen für die Türkisen? Ganz klar waren diese in letzter Zeit nicht. Einst wollte man noch Kanzler Kickl verhindern und "keine neuen Steuern".

Überraschend schnell hatten sich FPÖ und ÖVP geeinigt, wie man sparen möchte. Am Dienstagabend gerieten die Koalitionsverhandlungen dann aber doch erstmals richtig ins Stocken

Am Montagabend kam der ÖVP-Parteivorstand eilig online zusammen. Das offizielle Wording der Türkisen: Man befinde sich in einer "schwierigen Phase", verhandle aber weiter. Am Mittwoch geht es um Soziales.

Es kursieren verschiedene Versionen davon, woran es derzeit zwischen ÖVP und FPÖ spießt. Inhaltlich werden etwa immer noch die Bankenabgabe (die die ÖVP in den Verhandlungen mit der SPÖ verweigerte) oder die ORF-Haushaltsabgabe oder Sky Shield genannt.

Die andere Version ist, dass es derzeit vor allem um Posten gehe: Die FPÖ wolle sich demnach Finanz- und Innenministerium schnappen und auch für EU- und Medienagenden zuständig sein.

Fordert die FPÖ zu viel? Wo sind die Grenzen für die ÖVP? Gibt es überhaupt welche?

"Ganz klare rote Linien"

Der Wiener ÖVP-Chef Karl Mahrer wiederholte am Mittwochvormittag bei einer Pressekonferenz, dass man sich in einer "schwierigen Phase" befinde und meinte, es gebe bei der ÖVP "ganz klare rote Linien". 

Mahrer zu "roten Linien" bei FPÖ-ÖVP-Verhandlungen

Er forderte von der FPÖ ein "klares Bekenntnis zur Europäischen Union", eine "klare Abgrenzung von den rechtsextremen Identitären". Die Blauen müssten außerdem den "Kampf gegen Antisemitismus weiterführen, mit konkreten Maßnahmen" und sich zur Medien- und Pressefreiheit bekennen. 

Die ÖVP müsse für "alles, was Sicherheit bedeutet", Verantwortung übernehmen und das Vertrauen in die Geheimdienste aufrechterhalten, so Mahrer. Das habe die Volkspartei "immer gesagt".

Stimmt das? Und hatte die ÖVP nicht auch mal andere rote Linien?

"Vom rechten Rand in die Mitte"

Als Nehammer-Nachfolger Christian Stocker Anfang Jänner verkündete, dass man nun mit den Blauen verhandeln wolle, meinte er, dass man ehrlich beantworten müsse, "ob wir uns an westlichen Demokratien orientieren oder an Diktaturen".

Er wolle keine Abhängigkeit von Russland und ein Bekenntnis zu einer "starken Europäischen Union". Freie Meinungsäußerung sowie Medienfreiheit müssten sichergestellt, die "Erinnerung an die eigene Geschichte" müsse gewahrt, der Kampf gegen Antisemitismus fortgesetzt werden. Von der FPÖ verlangte er eine Bewegung "vom rechten Rand in die Mitte".

"Keine neuen Steuern"

Ob diese teils recht vage formulierten roten Linien alle ausgeräumt werden können, wird sich zeigen. Und die Vergangenheit zeigt sowieso: Selbst rote Linien sind oft wandelbar.

"Keine roten Linien" wollte man sich über längere Zeit in den letztlich gescheiterten Verhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS ausrichten. Je länger die Verhandlungen dauerten, desto lauter wurden diese dann aber doch ausgerichtet: Wirtschaft und Industrie pochten auf: "Keine neuen Steuern", was so von der ÖVP übernommen wurde. Die SPÖ forderte hingegen Umverteilungsmaßnahmen - zuletzt eine Bankenabgabe, die nun wiederum von der FPÖ gefordert wird.  

Der Klimabonus soll von Blau-Türkis abgeschafft werden, was wegen der CO₂-Abgabe de facto einer neuen Steuer gleichkommt. Auch von einer Zuckersteuer war zuletzt die Rede.

"Mit Herbert Kickl keine Koalition"

Aber eigentlich wollte die ÖVP ohnehin einmal eine Regierung unter Bundeskanzler Herbert Kickl verhindern. Karl Nehammer, aber auch die nunmehrigen Verhandler Christian Stocker oder August Wöginger hatten in zahlreichen Aussagen vor der FPÖ und Herbert Kickl gewarnt. 

Nach der Wahl im September beteuerte Stocker, "dass der Bundeskanzler mit Herbert Kickl keine Koalition bilden wird. Das gilt für die Volkspartei. Das war gestern so, das ist heute so, das wird auch morgen so sein." "Herr Kickl, es will Sie niemand in diesem Haus", sagte der damalige Generalsekretär noch im Dezember bei einer Rede im Parlament. 

ÖVP-Hattmannsdorfer: Chancen auf Blau-Türkis "50:50"

Zusammenfassung
  • "Ganz klare rote Linien" der ÖVP ortet der Wiener Parteichef Karl Mahrer in den Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ.
  • Aber wo sind die Grenzen für die Türkisen? Ganz klar waren diese in letzter Zeit nicht.
  • Einst wollte man noch Kanzler Kickl verhindern und "keine neuen Steuern".