APA/APA/ÖRAK/LUKAS LORENZ

Rechtsanwälte wollen Verschärfungen bei Handy-Sicherstellung

Der Österreichischer Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) verlangt nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) Verschärfungen bei der Sicherstellung von Datenträgern. Diese Forderungen - ebenso wie jene nach einer Besetzung der Spitze des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) und der Ausrüstung von Behörden mit genügend Personal - haben die Rechtsanwälte in ihrem Wahrnehmungsbericht festgehalten. Diesen gibt es nun nicht mehr in Papierform, sondern als digitale Plattform.

Mit dem Bericht zeigt der ÖRAK Mängel und Missstände, aber auch Positives aus Gesetzgebung, Verwaltung und Gerichten auf. Die am Mittwoch gestartete Website (www.wahrnehmungsbericht.at) soll tagesaktueller sein und Behörden auch die Gelegenheit dazu geben, rascher auf Wahrnehmungen zu reagieren und Missstände abzustellen. Auch die Reaktionen der Behörden sollen auf der Seite veröffentlicht werden, erklärte ÖRAK-Präsident Armenak Utudjian bei einer Pressekonferenz.

Durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs, wonach die Sicherstellung von Mobiltelefonen und anderen Datenträgern ohne davor erfolgte richterliche Genehmigung verfassungswidrig ist, fühlt sich der ÖRAK bestätigt. Man habe bereits selbst im Vorjahr einen Reformvorschlag ausgearbeitet, so Utudjian. Er forderte auch eine "echte gerichtliche Begründung" dafür ein. Außerdem solle nicht bei jedem Anlassfall eine Handysicherstellung angeordnet werden dürfen, sondern es müsse sich um eine Straftat handeln, die zumindest mit einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist oder die mit dem Handy verübt wurde. Der Betroffene solle außerdem darüber informiert werden, welche Daten sichergestellt wurden. Zufallsfunde, die nicht mit der ursprünglichen Verdachtslage in Zusammenhang stehen, sollen nur unter erschwerten Umständen verwertet werden können.

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker mahnte in einem Statement gegenüber der APA Schnelligkeit ein. Justizministerin Alma Zadic (Grüne) müsse die verfassungswidrige Vorgangsweise bei Sicherstellungen sofort stoppen. Der VfGH hat bis Ende 2024 eine Frist gesetzt, dann muss die Regelung repariert sein. "Wir dürfen hier keine Zeit verlieren und nicht die Reparaturfrist abwarten", so Stocker. Alle Parlamentsparteien seien gefordert, an einer Lösung zu arbeiten, die Persönlichkeits- und Datenschutz gewährleiste. Bis es ein neues Gesetz gebe, müsse Zadic eine Übergangslösung schaffen.

Der ÖRAK forderte außerdem eine Besetzung der Spitze des BVwG. ÖRAK-Vizepräsident Bernhard Fink hofft auf eine Entscheidung noch im heurigen Jahr, um Verzögerungen in Verfahren zu vermeiden. Die Leitung des größten Gerichts Österreichs ist seit mehr als einem Jahr unbesetzt, die Regierung konnte sich bisher auf keine Nachfolge einigen. Die Praxis der Junktimierung von Gesetzgebungsthemen gehöre "dringend aufgeräumt", appellierte Utudjian an die Politik. Wenn etwas als rechtsstaatlich erforderlich angesehen werde, solle es auch umgesetzt werden, anstatt nur dann etwas umzusetzen, wenn es bei einem anderen Thema ebenfalls Zugeständnisse gibt.

Von Verfahrensverzögerungen und Personalmängeln in Behörden erzählte Fink. So sei etwa bei einem seit 2018 anhängigen Verfahren am Bezirksgericht Josefstadt in Wien eine Verhandlung wegen der Erkrankung eines Richters abberaumt worden. Trotz Richterwechsels und überschaubaren Sachverhalts sei "über enorme Zeit nichts passiert". Die Justiz müsse jedenfalls mit ausreichend Personal ausgestattet werden, um eine "schickliche Verfahrensdauer" zu gewährleisten.

Der ÖRAK fordert außerdem, dass letztinstanzliche Entscheidungen von Landes- und Oberlandesgerichten im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) veröffentlicht werden. Diese würden Richtern, aber etwa nicht der Öffentlichkeit und den Rechtsanwendern zur Verfügung stehen, bemängelte Utudjian fehlende "Waffengleichheit". Weiters brauche es eine Reform der Gerichtsgebühren. Diese dürften keine versteckten Steuern sein und den Zugang zum Recht nicht erschweren. So sei etwa eine Deckelung bei hohen Streitwerten und eine Reduktion, wenn es zu einem Vergleich kommt, notwendig. Ganz abgeschafft sehen will der ÖRAK die "noch aus der Monarchie stammenden" Rechtsgeschäftsgebühren, die den Wirtschaftsstandort belasten würden. Utudjian appellierte außerdem für einen angemessenen Verteidigungskostenersatz und eine höhere Entlohnung für die juristische Prozessbegleitung.

ribbon Zusammenfassung
  • Der Österreichischer Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) verlangt nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) Verschärfungen bei der Sicherstellung von Datenträgern.
  • Diese Forderungen - ebenso wie jene nach einer Besetzung der Spitze des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) und der Ausrüstung von Behörden mit genügend Personal - haben die Rechtsanwälte in ihrem Wahrnehmungsbericht festgehalten.
  • Weiters brauche es eine Reform der Gerichtsgebühren.