Rauch hält trotz Ärzte-Drohungen an Gesundheitsreform fest
"Von den Drohungen lasse ich mich sicher nicht beirren", stellte Rauch klar und verwies auf notwendige Verbesserungen für die Patientinnen und Patienten wie hunderte neue Kassenstellen, mehr Primärversorgungszentren und Kassenambulatorien und Investitionen in Digitalisierung und Vorsorge. "Es täte auch der Ärztekammer gut, sich nicht nur um ihren Machterhalt zu kümmern, sondern auch das Wohl der Patient:innen und die Zukunft unseres Gesundheitssystems im Auge zu behalten", so Rauch, laut dem auch viele Ärztinnen und Ärzte vom Verhalten der Kammer irritiert seien.
Unterstützung bekommt er bei seinen Plänen von der Sozialversicherung. Andreas Huss, Obmann der u.a. für die Verhandlung der Arzthonoraren und die Schaffung von Kassenarztstellen zuständigen Gesundheitskasse ÖGK, betonte, dass in Zukunft Land und Sozialversicherung einen Regionalstrukturplan beschließen sollen, der Ärztekammer solle nur noch informelle Mitsprache möglich sein. Sei im Strukturplan etwa die Errichtung eines Primärversorgungszentrums oder einer selbstständigen Ambulanz in einer Gemeinde vorgesehen, soll die Ärztekammer das nicht mehr beeinspruchen und verzögern können.
Die Sorge etwa vor einem Überangebot versuchte Minister Rauch am Rande einer Pressekonferenz zu zerstreuen. Er sehe nicht das Problem, auch nicht wenn zwei Kassenärzte ihre Ordinationen nebeneinander haben, meinte er. "Die Ärztekammer sollte, statt sich vor tausenden Dingen zu Tode zu fürchten, an einer Verbesserung der Gesundheitsreform arbeiten."
Scharfe Kritik an den gesundheitspolitischen Reformplänen übte indes die burgenländische Ärztekammer. Präsident Christian Toth ortete eine Zerstörung der solidarischen Gesundheitsversorgung "aus reinen Machtgedanken" und befürchtete eine Aushöhlung oder gar Abschaffung der Sozialpartnerschaft. Verliere die Ärztekammer die Mitsprache bei den Gesamtverträgen, würden Ärzte zu Bittstellern degradiert.
Die Kurienobfrau der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in der Wiener Kammer, Naghme Kamaleyan-Schmied, ließ am Freitag ebenfalls kein gutes Haar an den Plänen. Schon jetzt könnten Kassenärzte wegen des aktuellen, oft starren Honorarsystems nur aufgrund der hohen Frequenz überleben. Die Folge seien oft lange Wartezeiten in den Ordinationen. Die aktuellen Pläne würden hier eine weitere Verschlechterung bedeuten. Derzeit wird laut der Kurienobfrau geprüft, wie rasch eine Vertragskündigung - und damit ein vertragsloser Zustand - möglich ist. Während dieser von der Gesprächsbereitschaft des Bundes abhängig gemacht wird, wird jedenfalls fix eine Kampagne geplant. Weitere Schritte würden ebenfalls bereits erörtert, aber noch nicht kommuniziert. Ob dazu etwa auch Schließtage in Ordinationen gehören, wird noch nicht verraten.
Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, kündigte am Freitag per Aussendung jedenfalls weiteren Widerstand an. Niemand könne von der Kammer verlangen, "dass wir stillschweigend abnicken, wenn die Politik im Hau-Ruck-Stil den Ausverkauf des Systems an Finanzinvestoren durchdrücken will", betonte er in Richtung des Grünen Gesundheitssprechers Ralph Schallmeiner, der zuletzt ein Ende "der Angst- und Panikmache bei den Patient:innen" gefordert hatte. Für Steinhart hat sich die Politik vielmehr "einen Sündenbock für das eigene Versagen gesucht".
Zusammenfassung
- Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) hält trotz der zunehmenden Drohgebärden der Ärztekammer an seinen Plänen für seine - wie er sie nennt - "größte Strukturreform der vergangenen Jahrzehnte" fest.
- Er sei optimistisch, dass diese in den nächsten zwei Wochen finalisiert werden könne, betonte der Minister am Freitag in einer Stellungnahme gegenüber der APA.
- Auch dass es möglich sein soll, Sonderverträge abzuschließen, wird abgelehnt.