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Tränengas, Feuer und Schüsse: Ein Toter bei Protesten in Venezuela

Die Proklamation von Amtsinhaber Nicolás Maduro zum Sieger der Präsidentschaftswahl in Venezuela hat international Zweifel und landesweit Proteste mit teils heftigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften ausgelöst. Ein Mensch wurde getötet, 46 weitere wurden festgenommen.

Im Fernsehen war zu sehen, wie Polizisten Tränengas einsetzen und vereinzelt auf Menschen einschlagen. Außerdem wurden Schüsse auf Demonstranten abgegeben, wie die Zeitung "El Nacional" berichtete und in einem Video zu sehen war.

Die Demonstranten waren zum Präsidentenpalast in der Hauptstadt Caracas gezogen. Bei den Schützen könnte es sich um sogenannte Colectivos handeln - regierungsnahe paramilitärische Gruppen, die die Agenda der Regierung mit Gewalt durchsetzen. Das Video zeigt, wie Polizisten beim Angriff auf die Demonstranten nicht eingreifen, um diesen zu verhindern.

In Caracas und anderen Städten des Landes gingen zahlreiche Menschen auf die Straße, um gegen das offizielle Wahlergebnis und den angeblichen Sieg des seit 2013 regierenden Präsidenten Nicolás Maduro zu protestieren. Sie schlugen Töpfe und Pfannen gegeneinander, um ihrem Unmut lautstark Luft zu machen - dieser sogenannte Cacerolazo ist eine in Lateinamerika sehr populäre Form des Protests. "Freiheit!" und "Betrug!" riefen viele der Demonstranten.

Guterres fordert "absolute Transparenz" 

Unterdessen forderte neben vielen lateinamerikanischen Staaten auch UNO-Generalsekretär António Guterres "absolute Transparenz". Die regierungstreuen Wahlbehörde erklärte dessen ungeachtet Maduro am Montag offiziell zum Wahlsieger. Dieser sprach angesichts von Betrugsvorwürfen der Opposition von einem "versuchten Staatsstreich".

Die Bevölkerung des Landes habe Maduro mehrheitlich "für den Zeitraum von 2025 bis 2031" als Präsidenten wiedergewählt, sagte der Chef der nationalen Wahlbehörde, Elvis Amoroso. Schon zuvor hatte die Behörde den seit 2013 linksautoritär regierenden Maduro nach Auszählung von 80 Prozent der Stimmen mit 51,2 Prozent zum Wahlsieger erklärt. Der aussichtsreichste Oppositionskandidat Edmundo González Urrutia kam den Angaben zufolge auf 44,2 Prozent.

Allerdings reklamierte auch die Opposition den Wahlsieg für sich. Oppositionsführerin María Corina Machado sagte vor Journalisten, das Land habe "einen neuen designierten Präsidenten", nämlich den von ihrem Bündnis vorgeschlagenen González Urrutia. Dieser habe 70 Prozent der Stimmen erhalten und nicht 44 Prozent. Das von der Wahlbehörde ausgegebene Ergebnis sei ein "weiterer Betrug". Die Opposition könne den Sieg ihres Kandidaten "beweisen", man habe Zugriff auf mehr als 70 Prozent der Ergebnislisten aus den Wahllokalen.

Angesichts der Betrugsvorwürfe warf Maduro der Opposition einen "Staatsstreich" vor. "Es wird versucht, einen faschistischen und konterrevolutionären Staatsstreich in Venezuela durchzusetzen", sagte er bei der offiziellen Verkündung seiner erneuten Präsidentschaft durch die Wahlbehörde. Schon wenige Minuten nach Bekanntwerden der ersten Wahlergebnisse hatte der Amtsinhaber am Präsidentenpalast in der Hauptstadt Caracas zu seinen Anhängern gesprochen und "Frieden, Stabilität und Gerechtigkeit" angekündigt.

Galerie: Proteste in Venezuela 

Gleichzeitig berichteten Mitarbeiter María Corina Machados von einem Versuch der Sicherheitskräfte, in die argentinische Botschaft in Caracas einzudringen, in der sich sechs Oppositionelle aufhalten. "In diesem Moment versuchen Sicherheitskräfte, die Residenz der argentinischen Botschaft in Caracas zu stürmen, in der sich die sechs Asylbewerber der Kampagne von Machado und Edmundo Gonzalez befinden", schrieb einer der sechs Oppositionellen, Pedro Urruchurtu, auf dem Kurznachrichtendienst X. Die Mitarbeiter hatten im März Zuflucht in der argentinischen Botschaft in Caracas gesucht, um einer Verhaftung wegen angeblicher Verschwörung zu entgehen.

In einer gemeinsamen Erklärung riefen die lateinamerikanischen Länder Argentinien, Costa Rica, Ecuador, Guatemala, Panama, Paraguay, Peru, die Dominikanische Republik und Uruguay zu einer "vollständigen Überprüfung der Ergebnisse in Anwesenheit unabhängiger Wahlbeobachter" auf. Panama kündigte zudem an, Diplomaten aus Venezuela abzuziehen.

Venezuela kündigte umgehend an, sein gesamtes diplomatisches Personal aus den meisten dieser Staaten abzuziehen. Venezuela weise "die Einmischung und die Erklärungen einer Gruppe rechter Regierungen" auf das Schärfste zurück, teilte Venezuelas Außenminister Yvan Gil auf der Plattform X mit. Venezuela verlange außerdem von diesen Regierungen den sofortigen Abzug ihrer Vertreter auf venezolanischem Staatsgebiet. Bei den Ländern handelt es sich um Argentinien, Chile, Costa Rica, Peru, Panama, die Dominikanischen Republik und Uruguay.

Dagegen erklärte der mexikanische Präsident, Andrés Manuel López Obrador, das Ergebnis in Venezuela anerkennen zu wollen. Auch Maduros Verbündete Russland, China und Kuba brachten ebenso wie Nicaragua, Bolivien und Honduras ihre Glückwünsche zum Ausdruck.

Vor der Wahl am Sonntag hatten mehrere Umfragen einen Sieg der Opposition prognostiziert. Beobachter gingen allerdings schon vor der Abstimmung nicht davon aus, dass die Wahl frei und fair ablaufen würde.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Verkündung von Nicolás Maduro als Wahlsieger führte zu landesweiten Protesten in Venezuela, bei denen ein Mensch getötet und 46 weitere festgenommen wurden.
  • Polizisten setzten Tränengas ein und es wurden Schüsse auf Demonstranten abgegeben, während diese zum Präsidentenpalast in Caracas zogen.
  • Die Wahlbehörde erklärte Maduro mit 51,2 Prozent der Stimmen zum Sieger, während die Opposition behauptet, ihr Kandidat González Urrutia habe 70 Prozent der Stimmen erhalten.
  • UNO-Generalsekretär António Guterres und mehrere lateinamerikanische Staaten forderten absolute Transparenz und eine Überprüfung der Wahlergebnisse.
  • Venezuela kündigte an, sein diplomatisches Personal aus mehreren Ländern abzuziehen, die Zweifel am Wahlergebnis geäußert hatten.