Polizisten werden für Antisemitismus sensibilisiert
Das sagte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) bei einem gemeinsamen Mediengespräch mit dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch und dem Bildungsexperten Daniel Landau, der das Ausbildungs-Modul erarbeitet hat.
Mit der speziellen Ausbildung sollen Polizisten verstärkt auf Antisemitismus sensibilisiert werden. Die Schulung umfasst neben der Erklärung des Phänomens auch die rechtlichen Grundlagen, die Auswirkungen, Opferschutzbestimmungen, Ermittlungshilfen und die technische Erfassung.
Begegnungen mit jüdischen Mitbürgern
Für Polizeischüler in der Grundausbildung wird es drei Einheiten geben, in denen Antisemitismus historisch aufgearbeitet wird, die Funktionsweisen und Mechanismen von Antisemitismus aufgezeigt werden und es auch zu Begegnungen mit jüdischen Mitbürgern kommen wird. Dabei wird auf die von der IKG ins Leben gerufene Initiative "Likrat" zurückgegriffen, bei der eigens dafür ausgebildete junge Menschen jüdischen Glaubens mit Schülern, Lehrlingen und anderen jungen Menschen zusammengeführt werden.
Für die Polizeiausbildung werden vonseiten der IKG etwas ältere (ehemalige) Mitglieder von Likrat extra für diese Aufgabe geschult. Zielsetzung ist das jeweils bessere Verständnis sowie der Abbau etwaiger gegenseitig bestehender blinder Flecken mittels realer Begegnungen, inklusive der Möglichkeit, offene Fragen zu stellen, erläuterte Landau.
Bei rund 32.000 Mitarbeitern werde das Durchlaufen des Onlinemoduls ein paar Monate dauern. Zusätzlich zu dieser nun initierten Ausbildung wird seit einigen Monaten "Hate Crime" oder "Vorurteilsmotiv" als eigenes Deliktsmerkmal elektronisch bei der Anzeigeerstattung erfasst.
"Wir wollen, dass jeder Vorfall gemeldet wird, denn wenn er nicht gemeldet wird, hat er nicht stattgefunden. Die Polizisten müssen dafür sensibilisiert werden", sagte Deutsch. Viele Polizisten seien in ihrem Leben nie mit dem Judentum in Kontakt getreten, daher sie das Projekt sehr sinnvoll, so Deutsch. Er wünscht sich die gleiche Ausbildung auch für das Bundesheer und die Justiz.
"Leider ist es so, dass Antisemitismus und die Sicherheit unserer jüdischen Gemeinde in den letzten Jahren im Mittelpunkt unserer Arbeit gestanden ist", bedauerte Deutsch die Zunahme antisemitischer Vorfälle. Die Gemeinde sei gezwungen viel Geld in die Sicherheit zu investieren, nämlich 20 Prozent ihres Budgets. Jüdische Eltern würden ihre Kinder nicht in jüdische Schulen schicken, wenn diese nicht bewacht wären und viele Juden auch nicht in die Synagogen gehen.
Terroralarm-Übungen
An jüdischen Schulen werde nicht nur der Feueralarm geübt, sondern auch der Terroralarm. Jüdische Kinder müssen vom Kindergarten bis zur Matura lernen, wie sich im Terrorfall verhalten. "Das ist kein Zustand. Ich kann damit nur schwer leben", so der Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde.
Im ersten Halbjahr 2022 hat es mit 562 Fällen eine Verdoppelung antisemitischer Vorfälle gegeben. Es sei oft schwierig herauszufinden, ob ein rechtsradikaler oder islamistischer Hintergrund dahinter stecke. "Es hält sich in etwa die Waage", so Deutsch.
Nehammer bezeichnete Antisemitismus als "Seuche", für deren Beseitigung es keine schnellen Lösungen gebe. Für die Polizisten als Schützer der Grund- und Freiheitsrechte sei es aber wichtig, in diesem Bereich sensibilisiert z werden. Wenn etwa auf Corona-Demos David-Sterne getragen werden oder die Coronamaßnahmen mit dem Holocaust verglichen werden, müssen die Polizisten das wahrnehmen und ahnden.
Zusammenfassung
- Österreichs Polizisten bekommen in den kommenden Monaten eine eigene Antisemitismus-Schulung: Polizeischüler in Form eines ganztägigen Kurses, ausgebildete Polizisten als Onlinemodul.
- Das sagte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) bei einem gemeinsamen Mediengespräch mit dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch und dem Bildungsexperten Daniel Landau, der das Ausbildungs-Modul erarbeitet hat.
- Mit der speziellen Ausbildung sollen Polizisten verstärkt auf Antisemitismus sensibilisiert werden.
- Die Schulung umfasst neben der Erklärung des Phänomens auch die rechtlichen Grundlagen, die Auswirkungen, Opferschutzbestimmungen, Ermittlungshilfen und die technische Erfassung.