Staatsbürgerschaft - Deutsch B2 - DeutschunterrichtPULS 24

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Deutsch auf Matura-Niveau für Einbürgerung: Wie schwer das ist

Heute, 15:24 · Lesedauer 4 min

Obwohl das österreichische Staatsbürgerschaftsrecht eines der restriktivsten weltweit ist, soll der Zugang zur Staatsbürgerschaft mit der neuen Regierung weiter erschwert werden. So müssen die Anwärter:innen nun Deutsch auf Fremdsprachen-Matura-Niveau können. Caritas-Direktor Klaus Schwertner betont: Nicht einmal alle Österreicher:innen erreichen das.

"Die österreichische Staatsbürgerschaft ist ein hohes Gut" - ein Satz, der in den letzten Jahren vor allem von Politiker:innen der ÖVP und FPÖ nur allzu oft verwendet wurde. Aufweichungen gab es in den letzten Jahren keine: Trotz Kritik vonseiten anderer Parteien wie der SPÖ, aber auch vonseiten vieler Initiativen, zählt das österreichische Staatsbürgerschaftsrecht nach wie vor zu den restriktivsten weltweit.

Ohne sehr gute Deutschkenntnisse "keine Chance"

Mit der neuen schwarz-rot-pinken Bundesregierung sollen die Voraussetzungen für das Erlangen der Staatsbürgerschaft nun noch strenger werden. Im Regierungsprogramm stellen die Parteien klar: "Ohne sehr gute Deutschkenntnisse (B2) und Integrationserfolg besteht keine Chance mehr auf Erlangung der Staatsbürgerschaft". Das ist eine Stufe höher als das bisher verlangte Sprachniveau B1 nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER). 

Konkret bedeutet das: Will man österreichische:r Staatsbürger:in werden, muss man Deutsch auf Fremdsprachen-Matura-Niveau können.

info Deutsch auf Niveau B2 bedeutet laut Europäischem Referenzrahmen:

Lesen:

Ich kann Artikel und Berichte über Probleme der Gegenwart lesen und verstehen, in denen die Schreibenden eine bestimmte Haltung oder einen bestimmten Standpunkt vertreten. Ich kann zeitgenössische literarische Prosatexte verstehen.

Hören:

Ich kann längere Redebeiträge und Vorträge verstehen und auch komplexer Argumentation folgen, wenn mir das Thema einigermaßen vertraut ist. Ich kann im Fernsehen die meisten Nachrichtensendungen und aktuellen Reportagen verstehen. Ich kann die meisten Spielfilme verstehen, sofern Standardsprache gesprochen wird.

Sprechen:

Ich kann mich so spontan und fließend verständigen, dass ein normales Gespräch mit einem Muttersprachler recht gut möglich ist. Ich kann mich in vertrauten Situationen aktiv an einer Diskussion beteiligen und meine Ansichten begründen und verteidigen.

Ich kann zu vielen Themen aus meinen Interessengebieten eine klare und detaillierte Darstellung geben. Ich kann einen Standpunkt zu einer aktuellen Frage erläutern und Vor- und Nachteile verschiedener Möglichkeiten angeben.

Schreiben:

Ich kann über eine Vielzahl von Themen, die mich interessieren, klare und detaillierte Texte schreiben. Ich kann in einem Aufsatz oder Bericht Informationen wiedergeben oder Argumente und Gegenargumente für oder gegen einen bestimmten Standpunkt darlegen. Ich kann Briefe schreiben und darin die persönliche Bedeutung von Ereignissen und Erfahrungen deutlich machen.

"Unnötige Hürden und Schikanen"

Die geplanten Verschärfungen werden laut Klaus Schwertner, Caritas-Direktor der Erzdiözese Wien, die Integration nicht fördern - sondern erschweren

Bei den Betroffenen handle es sich nämlich teilweise um Menschen, die in Österreich geboren und aufgewachsen sind oder zumindest seit Jahren oder sogar Jahrzehnten hier leben. Diese Menschen würden hier ihren Lebensmittelpunkt, soziale Kontakte und Familie haben, und einen "Beitrag leisten auf unterschiedlichste Art" - auch indem sie in Österreich arbeiten und Steuern zahlen.

Dass diese Menschen "von wesentlichen Rechten und der Teilhabe ausgeschlossen werden", die an die Staatsbürgerschaft geknüpft ist, hält man in der Caritas für falsch. 

"Schon heute ist es vielen von diesen Menschen fast unmöglich, die Staatsbürgerschaft zu erlangen", kritisiert Schwertner. Bei der geplanten Maßnahme handle es sich um "unnötige Hürden und Schikanen" für die Betroffenen. 

Auszug aus dem B2-ÖIF-Modeltest: Würden Sie es schaffen?

Auch nicht alle Österreicher haben Deutsch-Matura-Niveau

Schwertner nennt Beispiele aus den Caritas-Beratungsstellen: Etwa den Fall eines jungen Mannes, der in Österreich geboren, aufgewachsen, eine Lehre gemacht hat und arbeitet. Dieser würde das Matura-Niveau in Deutsch aber nicht schaffen und damit die entsprechenden Sprachkenntnisse nicht vorlegen können. Ihm etwa werde es "komplett verunmöglicht, die Staatsbürgerschaft zu erlangen".

Dass die Betroffenen zum Teil auch wichtige Aufgaben ausüben, etwa im vom akuten Fachkräftemangel betroffenen Pflegebereich, zeigt ein weiterer Fall, von dem der Caritas-Direktor PULS 24 erzählt. Eine Frau sei als Pflege-Fachassistentin mit einer Rot-Weiß-Rot-Karte nach Österreich gekommen und lebt schon seit zehn Jahren hier. Mit ihrer abgelegten B1-Deutsch-Integrationsprüfung könnte sie heute eingebürgert werden. Komme es zur Umsetzung der geplanten Maßnahme der Bundesregierung, würde das aber nicht mehr ausreichen. 

Schwertner betont, dass Sprachkenntnisse natürlich "sehr wichtig" seien - nicht nur für die Integration, sondern für alle Menschen, die in Österreich leben. "Hier auf die Qualität zu schauen, ist natürlich grundsätzlich richtig und wichtig".

Aber auch "nicht alle Österreicher:innen, alle Kinder und Jugendlichen, erreichen Matura-Niveau in Deutsch", betont der Caritas-Direktor. "Wenn man sich allein mit dieser Frage beschäftigt, sieht man, dass hier einfach ein zu hoher Maßstab angelegt" wird, kritisiert Schwertner.

In Österreich geboren, aber doch fremd

Was das Staatsbürgerschaftsrecht angeht, wünscht sich die Caritas daher "zuallererst keine Verschärfungen in diesem Bereich". Stattdessen sollte man eher schauen, "wo es hier zu Härtefällen kommt und ob die aktuellen Standards nicht schon zu hoch sind". 

Nach wie vor gibt es in Österreich über eine Viertelmillion Menschen (Stand 1. Jänner 2022), die in Österreich geboren sind, aber keine Staatsbürgerschaft haben. Auch bei der bevorstehenden Wien-Wahl sind ein Drittel der Wiener:innen nicht wahlberechtigt. Warnungen, dass der steigende Anteil der Nicht-Wahlberechtigten ein demokratiepolitisches Problem darstellt, gibt es seit Jahren.

Grund für die fehlende Staatsbürgerschaft sind oft die hohen finanziellen, zeitlichen und administrativen Hürden, die mit dem Einbürgerungsprozess verbunden sind.

Video: Österreichische Staatsbürgerschaft – Lohn oder Motivation?

Zusammenfassung
  • Obwohl das österreichische Staatsbürgerschaftsrecht eines der restriktivsten weltweit ist, soll der Zugang zur Staatsbürgerschaft mit der neuen Regierung weiter erschwert werden.
  • So müssen die Anwärter:innen nun Deutsch auf Fremdsprachen-Matura-Niveau können.
  • Caritas-Direktor Klaus Schwertner betont: Auch nicht alle Österreicher:innen erreichen das.
  • Die geplanten Verschärfungen werden die Integration laut Schwertner nicht fördern - sondern erschweren. 
  • Bei den Betroffenen handle es sich nämlich teilweise um Menschen, die in Österreich geboren und aufgewachsen sind oder zumindest seit Jahren oder sogar Jahrzehnten hierzulande leben.
  • Dass diese Menschen "von wesentlichen Rechten und der Teilhabe ausgeschlossen werden", die an die Staatsbürgerschaft geknüpft ist, hält man in der Caritas für falsch.