AFP

Gegen Präsident Vučić

Hunderttausende bei Protesten in Serbien

Heute, 18:06 · Lesedauer 3 min

Riesige Menschenmassen sind ins Zentrum der serbischen Hauptstadt Belgrad zur wahrscheinlich größten Demonstration in der Geschichte des Balkanlandes geströmt. Hunderttausende folgten dem Demonstrationsaufruf der studentischen Protestbewegung unter dem Motto "Am 15. für die 15".

Drohnenaufnahmen, die mehrere serbische Medien anfertigten, zeigten langgezogene Straßenzüge der Belgrader Innenstadt voller Menschen.

Beobachter bezeichneten die Kundgebung am Samstag, dem 15. März, als die größte Demonstration in der Geschichte des Balkanlandes. Ihr Motto spielt auf das Unglück in der nordserbischen Stadt Novi Sad am 1. November an, bei dem ein Bahnhofsvordach einstürzte und 15 Menschen ums Leben kamen. Die Katastrophe löste eine große Protestwelle aus, die von den Studierenden des Landes getragen wird.

Die Teilnehmer der Proteste machen die Korruption der Regierenden unter dem teils autoritär herrschenden Präsidenten Aleksandar Vučić für das Unglück in Novi Sad verantwortlich.

Der Bahnhof war kurz davor umgebaut worden. Sie fordern aber nicht den Rücktritt von Politikern, sondern die konsequente Durchsetzung von Rechtsstaatlichkeit und die Bestrafung von korrupten Akteuren.

Kritiker werfen Vučić vor, seine Macht auf korrupte Netzwerke, eingeschränkte Medienfreiheit und manipulierte Wahlen zu stützen. Die Kontrolle über die Justiz ermögliche es ihm, Zustände aufrechtzuerhalten, die im Widerspruch zur Rechtsstaatlichkeit stehen.

Menschen aus dem ganzen Land

Zu der Kundgebung am Samstag kamen Menschen aus ganz Serbien nach Belgrad. Studierende waren aus verschiedenen Landesteilen zu Fuß in die Hauptstadt marschiert. Ihnen bescherten Belgrads Bürger in der Nacht zuvor einen euphorischen Empfang. Sie beklatschten und bejubelten die jungen Leute, die zum Teil mehrtägige Fußmärsche über Distanzen von 200 Kilometer oder mehr zurückgelegt hatten.

"Lasst uns Serbien gemeinsam erwecken"

Zentrum der Kundgebung war am späten Nachmittag der Slavija-Platz, auf dem die Organisatoren eine Bühne errichtet hatten. "Seht, wo wir sind. Seht, wie viele wir sind. Eure Stimme zählt. (...) Lasst uns Serbien gemeinsam erwecken. Die Nacht ist am dunkelsten vor der Morgendämmerung", rief eine Studentin als erste Rednerin in die Menge.

Um 11.52 Uhr, dem Zeitpunkt des Unglücks von Novi Sad, hielten Tausende Menschen, die da schon in Belgrad waren, eine 15 Minuten lange Schweigeandacht für die Opfer ab. Eine unwirkliche Stille legte sich über die Stadt.

Vučić hatte im Vorfeld gemeint, dass die Studenten einen gewaltsamen Umsturz planten und öffentliche Gebäude stürmten. Aber das Großereignis verlief friedlich.

Mann fuhr mit Auto in Menschenmenge

In einem südlichen Vorort von Belgrad fuhr ein Autofahrer absichtlich in eine Menge marschierender Menschen. Drei junge Leute erlitten Verletzungen, wie die Polizei mitteilte. Der Fahrer des Fahrzeugs wurde festgenommen.

Auch in der Vergangenheit war es immer wieder zu Angriffen auf Demonstranten gekommen, sei es durch Regierungsanhänger mit ihren Autos oder durch Schläger aus dem Umfeld der Regierungspartei von Vučić.

Zusammenfassung
  • Riesige Menschenmassen sind ins Zentrum der serbischen Hauptstadt Belgrad zur wahrscheinlich größten Demonstration in der Geschichte des Balkanlandes geströmt.
  • Hunderttausende folgten dem Demonstrationsaufruf der studentischen Protestbewegung unter dem Motto "Am 15. für die 15".
  • Zu der Kundgebung am Samstag kamen Menschen aus ganz Serbien nach Belgrad.
  • Anlass sind Korruptionsvorwürfe an die Regierung um den teils autoritär herrschenden Präsidenten Aleksandar Vučić.