NGOs in Nepal kämpfen gegen Menschenhandel und Kinderarbeit
Nepal gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Niedrige Löhne und mangelnde Bildung halten viele Menschen in der Armutsspirale gefangen. Zwar ist Kinderarbeit im Land seit dem "Child Labour (Prohibition and Regulation) Act" von 1992 verboten, doch vor allem in ländlichen Gebieten sind sowohl Kinderarbeit als auch -heirat weiterhin verbreitet. Der "The State of the World"s Children 2023" Report von UNICEF setzt die Kinderarbeitsrate von 2013 bis 2021 bei 22 Prozent fest. Letztlich scheitert es an vielen Stellen an der wirksamen Implementierung des Gesetzes.
Als junge Demokratie hat Nepal erst seit 2015 eine Verfassung. Nach einem Bürgerkrieg von 1996 bis 2006 mit über 16.000 Toten endete 2008 die Monarchie. Heute ist das Land von häufigen politischen Wechseln geprägt. NGOs - zu diesen zählen Opportunity Village Nepal (OVN) und Yuwalaya - arbeiten mit der Regierung zusammen, um Nepals Situation, besonders hinsichtlich des Menschenhandels und der Menschenrechte, zu verbessern.
"Der Schmuggel von Mädchen zum Zweck der sexuellen Ausbeutung verzeichnet in vielen Regionen der Welt einen alarmierenden Anstieg", heißt es im kürzlich veröffentlichten Menschenhandel-Report der UNO-Behörde zur Drogen- und Kriminalitätsbekämpfung (UNODC). Besonders betroffen sind unter anderem Frauen in Südasien, wie der Bericht hervorhebt.
Menschenhandel findet in Nepal sowohl innerhalb des Landes als auch über die Grenzen hinweg - besonders nach Indien - statt. Als Hauptgründe nennt Anthonia, Direktorin der NGO OVN, Armut, Geschlechterungleichheit und fehlenden Zugang zu Bildung. Auch der Klimawandel spiele eine Rolle, denn vermehrte Naturkatastrophen führen wiederum zu größerer Armut. Häufig werden daher Mädchen aus ländlichen Gebieten mit dem Versprechen eines sicheren Einkommens in Städte gelockt. Dort arbeiten sie illegal in Hotels, Tanzbars und Massagesalons und sind nicht selten sexueller Ausbeutung ausgesetzt.
Es gebe ein klares Regelwerk, wie Beschäftigungen in Bars und Massagesalons - im sogenannten "Adult Entertainment Sector - aussehen dürften, sagt Govinda, OVN-Programmmanager. "Das Problem ist nicht das Gesetz, sondern die Durchsetzung der Regeln." Im Menschenrechtsreport 2023 des US-Außenministeriums wird das Ausmaß an sexueller Ausbeutung von Kindern mit limitierten Kapazitäten der Polizei und eingeschränkten Ermittlungsbemühungen in Verbindung gebracht. OVN-Programmmanager Govinda verweist auf den "Human Trafficking and Transportation (Control) Act 2007", welcher festhält: Wer Frauen oder Mädchen zur Prostitution zwingt, begeht ein Delikt im Bereich des Menschenhandels. "Die Beschäftigung von Kindern ist nicht legal, doch viele Unternehmer dieser Branche kennen die Rechtslage nicht. Daher führen wir mit ihnen Gespräche und organisieren Trainings. Die Regierung unterstützt uns dabei."
In den Distrikten Kathmandu und Rupandehi sowie in der Stadt Pokhara, wo Spendengelder der DKA eingesetzt werden, realisiert OVN unterstützende Projekte. Opfer können psychologische, rechtliche und medizinische Betreuung, Berufsausbildungen und "Safe Homes" in Anspruch nehmen. Letztere stehen dabei nicht nur als Auffangnetz sondern auch als Präventionsmaßnahme zur Verfügung. "Denn Menschenhandel ist nur eine von vielen Formen der geschlechtsspezifischen Gewalt. Und wer von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen ist, ist ohne rechtzeitigen Schutz besonders anfällig für Menschenhandel", erläutert Govinda. Schnittstellen zur nepalesischen Regierung sowie zur indischen Partnerorganisation Kinindia ermöglichen die Rettung und längerfristige Betreuung von Betroffenen.
Im jährlich vom US-Außenministerium veröffentlichten Menschenhandelsreport wurde Nepal 2024 dennoch im Vergleich zum Vorjahr auf die vorletzte Stufe - die "Tier 2 Watch List" - zurückgestuft. Grund dafür sei die fehlende Zunahme an Regierungsmaßnahmen zur Verbesserung der Situation. Die weitere Herabstufung auf "Tier 3" könnte für Nepal Beschränkungen der Auslandshilfe zur Folge haben. Der Report verweist auf die Sorge um Komplizenschaft von Amtspersonen. Dies lassen Mitarbeitende von OVN auf APA-Anfrage unkommentiert. Es gilt zu bedenken, dass im Hinblick auf Kritik an der Regierung Meinungs- und Pressefreiheit nach Angaben von Reporter ohne Grenzen, US-Außenministerium und Amnesty International in Nepal noch stark eingeschränkt sind.
Die Wörter Yuwa (Jugend) und Aalaya (Zuhause) verschmelzen in der NGO Yuwalaya zu einem Zufluchtsort für junge Menschen. 2013 wurde die Organisation von Absolventen und Absolventinnen der nepalesischen Child Clubs gegründet. Die Regierung fordert an jeder Schule einen "Child Club", in dem Kinder und Jugendliche lernen, sich für ihre Rechte einzusetzen. Mit Yuwalaya und seinem landesweiten Netzwerk überschreitet das Engagement den schulischen Rahmen. Das erste mehrjährige Projekt entstand in Kooperation mit der österreichischen Dreikönigsaktion, mittlerweile wurde die Zusammenarbeit der NGO auf Oxfam und Plan International ausgeweitet.
Projekte und Kampagnen umfassen unter anderem die Unterstützung von Child Clubs, die Aufklärung von Lehrenden und Eltern im Hinblick auf Kinderrechte sowie die Organisation des jährlich am Frauentag stattfindenden "Men's March", bei dem Männer friedlich für Frauenrechte demonstrieren. "Wir sind der Meinung, Gleichberechtigung ist nicht nur ein Thema für Frauen. 20 bis 30 Organisationen arbeiten für dieses Event zusammen, circa 500 Männer marschieren schweigend mit selbst gemachten Plakaten. Am Ende des Marsches empfangen uns Frauen mit Rosen und Ballons, dann wird miteinander getanzt", erzählen Mitglieder der NGO.
Nicht zuletzt befindet sich Yuwalaya im Dialog mit Parlamentariern, Ministern und den häufig wechselnden Premierministern, um "eine Gesellschaft zu schaffen, in der Menschenrechte nicht nur in der Verfassung verankert, sondern auch tatsächlich implementiert sind", erklärt Dharma Raj, Präsident von Yuwalaya, die Vision seiner NGO. Nepals Politik und Verfassung seien durchaus fortschrittlich, doch an der wirksamen Durchsetzung des Gesetzes gelte es zu arbeiten. Als progressiv beschreibt Sanjeev, geschäftsführender Direktor von Yuwalaya, beispielsweise die wachsende Beteiligung von Frauen und Jugendlichen an der lokalen Politik. Zu den Problemen zählen weiterhin Armut und mangelhafte Bildung. "Für die Bekämpfung dieser Probleme werden die Spendengelder der DKA nach dem 4E-Prinzip eingesetzt: "educating, encouraging, empowering, engaging", berichtet Dharma Raj.
Die Dreikönigsaktion unterstützt als Hilfswerk der Katholischen Jungschar in über 20 Ländern Projekte zur Förderung von Bildung und Bekämpfung von Armut - so auch in Nepal. OVN (seit 2016) und Yuwalaya (seit 2018) erhalten jährlich Beträge in der Höhe von rund 30.000 Euro. Stefan Lumplecker, Projektreferent Asien, stellt im Rahmen seiner Vor-Ort-Besuche den sorgfältigen Einsatz der Spendengelder sicher. Auch im neuen Jahr werden durch das Sternsingen Spenden für die nepalesischen Partnerorganisationen gesammelt. Von ihrer Arbeit zeigt sich Lumplecker beeindruckt. "In Nepal gibt es einige Hilfswerke und eine große Landschaft an Organisationen, die unterstützen. Es gibt sehr viele professionelle NGOs und auch viel, was im Engagement von jungen Leuten am Entstehen ist."
(von Selina Teichmann/APA)
Zusammenfassung
- In Nepal kämpfen NGOs wie Yuwalaya und Opportunity Village Nepal gegen Menschenhandel und Kinderarbeit, unterstützt von der österreichischen Dreikönigsaktion mit rund 30.000 Euro jährlich.
- Trotz gesetzlicher Verbote bleibt Kinderarbeit in Nepals ländlichen Gebieten ein Problem, mit einer Kinderarbeitsrate von 22 Prozent zwischen 2013 und 2021.
- Der UNODC-Report zeigt einen alarmierenden Anstieg des Mädchenhandels zur sexuellen Ausbeutung, insbesondere in Südasien.
- Nepal wurde im US-Menschenhandelsreport 2024 auf die 'Tier 2 Watch List' zurückgestuft, da Regierungsmaßnahmen zur Verbesserung der Situation fehlen.
- Yuwalaya arbeitet mit einem breiten Netzwerk an der Förderung von Kinderrechten und der Bekämpfung von Armut, unterstützt durch die Dreikönigsaktion.