Brunner als EU-Kommissar bestätigt
Brunner stand dem Parlaments-Ausschuss am Dienstag über "bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres" Frage und Antwort, ob er für den Posten des EU-Kommissars für Migration und Inneres geeignet ist.
Nach dem Hearing entschieden die Vertreter der Fraktionen, den 52-jährigen Vorarlberger zu unterstützen.
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"Ein Showman bin ich wirklich nicht"
Zuvor erzählt Brunner von seiner Zeit als Praktikant in einem Café in Brüssel. Er sei ein ehrlicher Makler für langsame, gangbare Lösungen. Vorarlberg wird erwähnt, er könne sich noch erinnern, als 2008 die Schweiz dem Schengen-Raum beigetreten ist. Das habe er an der Grenze direkt mitbekommen.
Brunners Prioritäten
Der Vorarlberger spricht davon, dass er drei zentrale Punkte in seinem Plan für die Migration habe: Vorsorge, umfassende und ausgewogene Lösungen und internationale Zusammenarbeit.
Das Migrationsportfolio könnte von Brüssel als eine Art zweischneidiges Kompliment gesehen werden. Denn einerseits hat sich Österreich laut über die EU-Politik zum Thema Migration beschwert, nun gibt Kommissions-Präsidentin von der Leyen Österreich die Chance, maßgeblich zum angekündigten "Deportationsgesetz", also zu Rückführungen, beizutragen.
Nur die Kommission kann auf EU-Ebene Gesetze vorschlagen.
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"Dinge neu Denken"
Vor den Fragen der Abgeordneten darf Brunner 15 Minuten sein Bild der Situation darlegen. Brunner wolle für die EU das fortschrittlichste und modernste Grenzmanagement der Welt schaffen. Für das im Sommer beschlossenen Migrationspaket gebe es noch zwei Jahre, dieses auf den nationalen Ebenen umzusetzen - Brunner würde diesen Prozess gerne noch beschleunigen.
Drei Dinge hat er geplant: Er will zu Rückführungen noch nicht Erledigtes abwickeln, Gespräche mit Drittstaaten führen und legale Wege der Migration stärken, um zum Beispiel hoch qualifizierte Arbeitskräfte in die EU zu holen.
"Ohne Migration steht unser Wohlstand auf dem Spiel", so Brunner.
Sollte er als Migrations-Kommissar bestätigt werden, dann sieht Brunner sich in einem Spagat zwischen Grenz-Schutz und Wahrung der Menschenrechte. Deren Einhaltung würde von den EU-Bürger:innen erwartet werden.
"Putin hat Tod und Zerstörung an die Grenze gebracht", der russische Präsident bringe Krieg, gemeinsam mit dem belarussischen Machthaber Lukaschenko. Energiepolitik und Außengrenzen würden verwendet, um Druck auszuüben.
"Viele haben sehr viel mehr Erfahrung als ich"
Über das Migrations-Portfolio habe sich Brunner gefreut, denn es umfasse auch den Kampf gegen Antisemitismus und Sekten. Er wolle auf "Dialog und Toleranz"setzen, in den letzten Wochen habe Brunner bereits eine steile Lernkurve gehabt.
Abschließend geht es wieder um das Leben in Vorarlberg: Brunner sei ein guter Tennis-Spieler gewesen, es habe ihm immer gefallen, wenn er Geduld beweisen musste. "Natürlich hätt' ich auch immer besser spielen können."
Als Kommissar wolle Brunner "höchste Ethische- und Transparenz-Standards an den Tag legen", sagt er abschließend.
Ausweichen im EU-Style
Angesprochen auf Migrationszentren in anderen Ländern, wo es Italien und Albanien versuchen, antwortet Brunner ausweichend. Die Zentren müssten in Einklang mit den Menschenrechten sein, diese seien "nicht verhandelbar", wiederholt Brunner mehrmals. Diese "Hubs" oder Auffangzentren in Drittstaaten bzw. Ländern, schließt Brunner auch in den weiteren Fragerunden nicht aus, allerdings betont er mehrmals, dass dort nur Menschen mit negativem Asylantrag untergebracht werden sollen.
Gefragt wird auch nach der Rolle der EU-Grenzschutzbehörde Frontex, diese soll laut Brunners Vorab-Fragebeantwortung auf 30.000 Mitglieder aufgestockt werden. Brunner spricht davon, dass diese auch bei den Rückführungen eine größere Rolle einnehmen soll.
Rückführungen sollen "fair, aber entschlossen sein". Immer wieder betont Brunner die Einhaltung der Menschenrechte. Hier sei die EU aber auch abhängig von den Partnerschaften mit den Ländern, in die abgeschoben werden soll.
Brunner verhalte sich ganz Brüssel-gemäß, urteilt das Medium "politico": Er weicht allen Fragen aus, mit denen er sich nicht wohlfühlt.
Steger attackiert Brunner
Die FPÖ-EU-Abgeordnete Petra Steger attackiert Brunner in ihrer Frage. Sie bringt auf, dass Brunner sich hier für ein Portfolio bewirbt, von dem er selbst sagt, dass er keine fachliche Kompetenz hat. Gleichzeitig bringt sie auch die nationale Budgetdebatte auf das EU-Parkett: Brunner habe als Finanzminister ein Budget hinterlassen, dass die EU-Kriterien nicht einhält.
Brunner kontert: Österreich hat kein Verfahren wegen budgetärer Verfehlungen. Sinngemäß: Es habe ja alles gepasst. Darauf, dass sich das Budget Tage nach der Nationalratswahl als wesentlich maroder herausstellte, als die Prognosen des Finanzministeriums erahnen ließen, das lässt der Noch-Finanzminister außen vor.
Sein Schlussplädoyer trägt Brunner wieder gut vorbereitet auf Englisch vor. Er sei vor dem Migrations-Portfolio gewarnt worden, da es eine "Mission Impossible" sei. Der Vorarlberger endet mit einem Zitat seines Tennis-Helden Roger Federer: "Ich bin eine positive Person."
Europas Mann für Abschiebung
Brunners Karten dürften nicht ganz schlecht sein, nachdem er in Brüssel nicht zu den Wackelkandidaten gezählt wird.
Für eine Überraschung sorgte er aber bereits mit seiner schriftlichen Antwort auf einen Fragenkatalog der EU-Abgeordneten: Darin sprach er sich entgegen der Regierungslinie in Wien für eine vollständige Aufnahme von Rumänien und Bulgarien in den Schengen-Raum aus. Dies dürfte wohl auch bei der Anhörung Thema werden.
Im Hearing gab er an, sich in den letzten Wochen und Monaten "immer" für den Schengen-Beitritt der zwei Länder eingesetzt zu haben.
Brunner kündigte auch an, rasch das vom EU-Gipfel geforderte und von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigte neue EU-Gesetz für schnellere Abschiebungen vorlegen zu wollen.
Brunner zu Budget-Defizit: Spüren die wirtschaftliche Verschlechterung
Zusammenfassung
- Am Dienstag ab 18:30 Uhr wurde Magnus Brunner, Österreichs designierter EU-Kommissar für Migration und Inneres, im EU-Parlament angehört.
- Brunner überraschte mit seiner Unterstützung für die vollständige Aufnahme von Rumänien und Bulgarien in den Schengen-Raum, was von der österreichischen Regierungslinie abweicht.
- Er plant, ein neues EU-Gesetz für schnellere Abschiebungen vorzulegen, in Übereinstimmung mit den Forderungen von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
- Nach mehreren Stunden Befragung wurde er als EU-Kommissar bestätigt.