NATO-Verteidigungsminister tagen zu Aufrüstung und Ukraine
Den jüngsten Angaben zufolge wurde im vergangenen Jahr ein beispielloser Anstieg der Verteidigungsausgaben von Mitgliedstaaten registriert. Rund ein Drittel der Bündnisstaaten dürfte allerdings dennoch auch in diesem Jahr das NATO-Ziel verfehlen, zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung auszugeben. Dazu gehören unter anderem Länder wie Italien, Spanien, Belgien und Luxemburg.
Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius hob am Donnerstag vor dem Treffen hervor, dass Deutschland in diesem Jahr die Zwei-Prozent-Marke erfüllen wird. "Das ist ein wichtiges Signal", sagte Pistorius in Brüssel. "Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif." Anspruch Deutschlands müsse sein, zusammen mit anderen das "konventionelle Rückgrat" der Verteidigung zu sein. Zudem sei Deutschland die "logistische Drehscheibe" der NATO in Europa. "Damit übernehmen wir Führungsaufgaben."
Auch Frankreich will in diesem Jahr das NATO-Finanzziel erfüllen und damit ein Jahr früher als ursprünglich geplant. Frankreich werde 2024 zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung ausgeben, kündigte Verteidigungsminister Sebastien Lecornu an. Mit einem geplanten Volumen von 413 Milliarden Euro für die nächsten sieben Jahre habe das neue Militärprogrammgesetz für 2024-30 die Verteidigungsausgaben erheblich erhöht. Ursprünglich war in den Budgetplanungen ein Erreichen des Zwei-Prozent-Ziels erst 2025 vorgesehen.
Stoltenberg bekräftigte, dass heuer 18 der 31 Mitgliedstaaten das Zwei-Prozent-Ziel erfüllen, mindestens zwei Prozent der Wirtschaftsleistung in die Verteidigung zu investieren. Allerdings habe die NATO hier "noch einen Weg zu gehen".
Im Vordergrund der Beratungen in Brüssel steht erneut aber auch die weitere Unterstützung der Ukraine in ihrem Abwehrkampf des russischen Angriffskriegs. Zu Mittag tagte der neu geschaffene NATO-Ukraine-Rat. Der Ukraine fehlt es vor allem an Munition, an der Ostfront haben die russischen Streitkräfte zuletzt Vorstöße verbuchen können.
Stoltenberg warnte eindringlich das US-Repräsentantenhaus eindringlich vor einer Blockade der von der Regierung von Präsident Joe Biden geplanten Militärhilfen für die Ukraine. "Wir sehen bereits die Auswirkungen der Tatsache, dass die USA bisher nicht in der Lage waren, eine Entscheidung zu treffen", sagte der Norweger am Donnerstag mit Blick auf Warnungen vor einem Munitionsmangel in der Ukraine. Er setze darauf, dass es eine Einigung geben werde. "Wenn wir Präsident Putin gewinnen lassen, wäre das nicht nur (...) eine Tragödie für die Ukrainer, sondern auch gefährlich für uns."Es sei im eigenen Sicherheitsinteresse, die Unterstützung für die Ukraine fortzusetzen.
Mit dem Senat hatte jüngst eine der beiden Kammern des US-Kongresses nach langen Verzögerungen Plänen für neue Ukraine-Hilfen im Wert von rund 60 Milliarden US-Dollar (knapp 56 Milliarden Euro) zugestimmt. Die Zustimmung des Repräsentantenhauses gilt aber weiter als offen, weil dort die Republikaner eine knappe Mehrheit haben. Abgeordnete vom rechten Rand der Partei stemmen sich gegen weitere US-Hilfen für die Ukraine.
Seitens Deutschlands hatte Pistorius der Ukraine am Mittwoch die Lieferung von deutlich mehr Munition zugesagt. Für das laufende Jahr stünden allein für Munition 3,5 Milliarden Euro im Wehretat bereit. Deutschland werde der Ukraine 2024 voraussichtlich das "Drei- bis Vierfache" an Artillerie-Munition liefern im Vergleich zu 2023, sagte der Minister. "Wir werden die Kapazitäten weiter hochfahren."
Unterdessen wurde bekannt gegeben, dass Lettland eine Allianz zur Lieferung von einer Million Drohnen an die von Russland angegriffene Ukraine anführen wird. Laut dem Verteidigungsministerium in Riga haben sechs Länder des groß angelegten "Ramstein-Formats" und die Ukraine darüber eine Absichtserklärung unterzeichnet. Damit verpflichten sie sich, Ressourcen in die Drohnenproduktion zu investieren und Drohnen sowie Ersatzteile in die Ukraine zu liefern. Auch sind Tests mit Drohnen und Truppentrainings geplant.
Großbritannien kündigte konkret die Lieferung Tausender weiterer Drohnen an die Ukraine an. Dieses Drohnenhilfspaket im Rahmen einer internationalen Initiative habe ein Volumen von 200 Millionen Pfund (rund 234 Mio. Euro) und werde gemeinsam mit Lettland vorangetrieben, teilte der britische Verteidigungsminister Grant Shapps mit. Lettland selbst will den Angaben zufolge binnen eines Jahres mindestens zehn Millionen Euro für die Entwicklung der Drohnenkoalition bereitstellen.
Litauen und Island wiederum werden eine Allianz zur Räumung von Minen in der Ukraine leiten, an der sich mehr als 20 Länder beteiligen wollen. Darüber sei in Brüssel eine Absichtserklärung unterzeichnet worden, teilte das Verteidigungsministerium in Vilnius am Mittwochabend mit.
Zusammenfassung
- NATO-Verteidigungsminister diskutieren in Brüssel über Unterstützung der Ukraine und Erhöhung der Verteidigungsausgaben; 18 von 31 Mitgliedern erreichen das Zwei-Prozent-Ziel.
- Deutschland verpflichtet sich, 2024 die Zwei-Prozent-Marke zu erreichen und sieht sich als 'konventionelles Rückgrat' und 'logistische Drehscheibe' der NATO.
- Frankreich plant, das NATO-Finanzziel schon 2024 zu erfüllen, mit einem Verteidigungsbudget von 413 Milliarden Euro für 2024-30.